Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Besorgnis der Befangenheit. ausnahmsweise Befugnis des Revisions- bzw Beschwerdegerichts zur Prüfung der Gründe für die Ablehnung eines LSG-Richters bei Entscheidung des LSG in der Sache in Unkenntnis des Ablehnungsgesuchs
Orientierungssatz
1. Auch wenn Beschlüsse des LSG, die nach § 177 SGG unanfechtbar sind, wie etwa eine Entscheidung über einen Befangenheitsantrag, nicht revisibel sind und insoweit § 557 Abs 2 ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren greift (vgl BSG vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B = SozR 4-1500 § 60 Nr 4), kann jedoch dann etwas anderes gelten, wenn es an einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mangelt. In einer Konstellation, in der das LSG in Unkenntnis des Gesuchs in der Sache entschieden hat, ist das Revisions- bzw Beschwerdegericht ausnahmsweise befugt, die Ablehnungsgründe zu prüfen und über sie auch zu entscheiden. Das gilt jedenfalls dann, wenn hinreichende Tatsachenfeststellungen möglich sind (vgl BSG vom 8.1.2010 - B 1 KR 119/09 B = juris RdNr 6, vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B = SozR 4-1500 § 10 Nr 3 sowie vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B aaO).
2. Eine Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gegeben, wenn ein objektiv vernünftiger Grund vorliegt, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus vernünftiger Weise befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch entscheiden.
3. Solange die Verfahrensweise sich im Bereich des rechtlich Zulässigen bewegt, vermittelt eine Abweichung vom "Üblichen" nicht den Anschein der Befangenheit.
Normenkette
SGG § 60 Abs. 1, §§ 103, 109, 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, §§ 177, 202; ZPO §§ 44, 47, 547 Nr. 1, § 557 Abs. 2; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. November 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Der Kläger begehrt eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 11.7.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.9.2015 ab. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7.3.2018 abgewiesen. Mit Urteil vom 21.11.2018 hat das LSG Niedersachsen-Bremen die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht einen Verfahrensfehler geltend (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das LSG habe insbesondere nicht in der gesetzlich vorgesehenen Besetzung entschieden, weil er gegen den Vorsitzenden Richter am LSG Dr. P. mit Schreiben vom 21.11.2018 eine Befangenheitsrüge erhoben habe.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, soweit der Kläger eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO) rügt. Im Übrigen ist sie unzulässig.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) müssen zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden.
1. Der Kläger rügt zwar formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG), das LSG habe verfahrensfehlerhaft nicht förmlich (§ 60 Abs 1 SGG) über sein Befangenheitsgesuch vom 21.11.2018 entschieden und der Vorsitzende Richter am LSG Dr. P. habe unter Verstoß gegen § 47 ZPO an dem Urteil vom selben Tag mitgewirkt. Damit macht er einen Mangel in der Besetzung des Gerichts geltend, § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO. Hierzu trägt er auch hinreichend vor und substantiiert insbesondere die Gründe für die Ablehnung des Richters ausreichend. Er legt dar, er habe am Termintag um 12:35 Uhr ein Telefax geschickt, das den Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters enthalten habe. Dieses Schreiben sei dem Senat vor der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgelegt worden, weshalb eine Entscheidung darüber unterblieben sei. Die Besorgnis der Befangenheit habe wegen einer nicht nachvollziehbaren Verweigerung einer Terminverlegung bestanden.
Ein Verfahrensmangel scheidet nicht bereits deshalb aus, weil das Ablehnungsgesuch zu kurzfristig vor der mündlichen Verhandlung angebracht wurde. Zwar weist das in der Akte des LSG befindliche Fax den Eingang bei Gericht nicht um 12:35 Uhr, sondern erst um 13:25 Uhr und damit 30 Minuten vor dem für 13:55 Uhr angesetzten Termin aus. Auch fehlt dem Schreiben jeglicher Hinweis auf seine Dringlichkeit (vgl die Fallgestaltung in: BSG Beschluss vom 24.10.2013 - B 13 R 230/13 B - Juris RdNr 13: "Eilt! Sofort vorlegen! Termin: Heute!"). Nachdem das LSG zuletzt mit Schreiben vom 5.11.2018 eine Terminverlegung abgelehnt hatte und hierauf keine Reaktion des Klägers mehr erfolgt war, musste mit einem so kurz vor der Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag nicht gerechnet werden. Ungeachtet dessen ist das Ablehnungsgesuch vor Beendigung der Instanz und damit rechtzeitig geltend gemacht worden.
Die Beschwerde ist aber zurückzuweisen, weil das Ablehnungsgesuch unbegründet war. Ein Verstoß iS von § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO liegt daher nicht vor. Die Richterbank des LSG war bei der Entscheidung über die Berufung des Klägers durch Urteil vom 21.11.2018 nicht falsch besetzt. Der abgelehnte Richter, Vorsitzender Richter am LSG Dr. P., durfte an dieser Entscheidung mitwirken. Seine weitere Mitwirkung verletzt nicht das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter nach Art 101 Abs 1 S 2 GG.
a) Zwar konnte eine Bescheidung hier nicht wegen offensichtlicher Rechtsmissbräuchlichkeit unterbleiben (vgl zum Rechtsmissbrauch: BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 7; BSG Beschluss vom 16.4.2012 - B 11 AL 5/12 C; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 60 RdNr 10c). Rechtsmissbräuchlichkeit ist etwa dann anzunehmen, wenn eine Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte wiederholt wird, das Gesuch offensichtlich der Verfahrensverschleppung dienen soll oder der gesamte Spruchkörper pauschal abgelehnt wird. Derartige Gründe sind hier nicht gegeben. Selbst wenn der Gedanke an eine Verfahrensverschleppung durch die Ablehnung nicht ganz fernliegend sein sollte, würden die Gesamtumstände hier nicht ausreichen, um die "Nichtbescheidung" des Antrags zu rechtfertigen. Der Kläger hat sich darauf berufen, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden des 2. Senats des LSG sei deswegen gegeben, weil er dem Antrag auf Aufhebung des Termins für die mündliche Verhandlung am 21.11.2018 wegen Verhinderung seines Prozessbevollmächtigten nicht stattgegeben und auch nach Stellung eines Antrags nach § 109 SGG weiter an der Durchführung der mündlichen Verhandlung festgehalten habe. Er hat damit das Ablehnungsgesuch sachlich begründet, sodass eine förmliche Entscheidung hierüber erforderlich gewesen wäre.
b) Die Beschwerde ist gleichwohl zurückzuweisen, weil das Ablehnungsgesuch unbegründet war. Einer derartigen Überprüfung des Befangenheitsgesuchs durch das Revisionsgericht steht nicht die "Sperrwirkung" des § 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO entgegen. Zwar gilt nach § 160 Abs 1 SGG grundsätzlich, dass mit der Revision nur Urteile des LSG oder in Fällen des § 161 SGG Urteile des SG angegriffen werden können. Nicht revisibel sind hingegen zB Beschlüsse des LSG, die nach § 177 SGG unanfechtbar sind, wie etwa eine Entscheidung über einen Befangenheitsantrag. Insoweit greift auch im sozialgerichtlichen Verfahren § 557 Abs 2 ZPO ein (BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 11 mwN). Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn es an einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mangelt. In einer Konstellation wie hier, in der das LSG in Unkenntnis des Gesuchs in der Sache entschieden hat, ist das Revisions- bzw Beschwerdegericht ausnahmsweise befugt, die Ablehnungsgründe zu prüfen und über sie auch zu entscheiden. Das gilt jedenfalls dann, wenn hinreichende Tatsachenfeststellungen möglich sind (vgl BSG Beschluss vom 8.1.2010 - B 1 KR 119/09 B - Juris RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 20; BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 11 f). Das ist hier der Fall.
Der Umstand, dass der abgelehnte Richter sich zum Inhalt des Ablehnungsgesuchs nicht geäußert hat, steht einer derartigen Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht entgegen. Zwar ist eine solche dienstliche Äußerung nach § 202 SGG iVm § 44 Abs 3 ZPO ausdrücklich vorgesehen. Ihr Fehlen ist indes dann unschädlich, wenn der zu beurteilende Sachverhalt eindeutig feststeht. Eine Äußerung des abgelehnten Richters ist nämlich grundsätzlich nur zu Tatsachen erforderlich (vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 12), die hier - soweit es die vom Kläger angeführten Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit betrifft - anhand der Akten eindeutig feststellbar sind.
Eine Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gegeben, wenn ein objektiv vernünftiger Grund vorliegt, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus vernünftiger Weise befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch entscheiden. Ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten kann kein Ablehnungsgesuch begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 60 RdNr 7, 8g mwN). Auch Fehler des Richters begründen keine Besorgnis der Befangenheit, sofern nicht besondere Umstände dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 14 AS 4/17 B - Juris RdNr 10 mwN). Danach ist hier nicht von einer Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters auszugehen.
Der Kläger hat sein Gesuch vor allem damit begründet, dass seiner Bitte um Verlegung des Termins nicht entsprochen worden sei. Sein Prozessbevollmächtigter habe am Sitzungstag angesichts eines Termins am Arbeitsgericht Hamburg um 10:45 Uhr sein pünktliches Erscheinen zum Termin am LSG um 13:55 Uhr nicht sicherstellen können. Da der Kläger bereits zur mündlichen Verhandlung vor dem SG zu spät gekommen sei, habe er befürchtet, dass auch sein Prozessbevollmächtigter zum Termin beim LSG zu spät erscheine. Die Vertretung durch einen anderen Prozessbevollmächtigten sei ihm nicht zumutbar gewesen, weil er infolge seiner Erfahrungen in DDR-Haft nur äußerst schwer Vertrauen zu Dritten fasse. Vor diesem Hintergrund habe er objektiv Anlass zu der Annahme gehabt, das Gericht wirke seiner berechtigten Erwartung, durch einen von ihm gewählten Prozessbevollmächtigten im Termin vertreten zu sein, entgegen.
Diesem Vortrag kann kein objektiv vernünftiger Grund für die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters entnommen werden. Die Verhinderung eines Rechtsanwalts wegen eines anderen Termins kann zwar ein erheblicher Grund sein, der die Verlegung eines Termins erfordert (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 110 RdNr 5 mwN). Eine Voreingenommenheit ist aber nicht darin zu erkennen, dass der abgelehnte Richter hier unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG (BSG Beschluss vom 18.6.2003 - B 13 RJ 223/02 B - Juris RdNr 8 und BSG Beschluss vom 14.2.2014 - B 5 R 406/13 B - nicht veröffentlicht) die Auffassung vertreten hat, bei Verhinderung des Prozessbevollmächtigten müsse ein anderer zur Vertretung bereiter Anwalt gefunden werden. Obwohl der abgelehnte Richter mit Schreiben vom 23.10.2018 darauf aufmerksam gemacht hat, dass eine Terminkollision nicht belegt und auch eine Verhinderung der Sozietätskollegin des Prozessbevollmächtigten nicht ersichtlich sei, hat der Bevollmächtigte des Klägers in der Folgezeit keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Ohne jede inhaltliche Reaktion auf das Schreiben des Gerichts hat er vielmehr mit Schreiben vom 1.11.2018 einen Antrag nach § 109 SGG und einen erneuten Antrag auf Aufhebung des Termins am 21.11.2018 gestellt. Erst im Schreiben vom 21.11.2018 hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, dem Kläger sei aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung eine Vertretung durch einen anderen Prozessbevollmächtigten nicht zumutbar.
Soweit der Kläger sein Ablehnungsgesuch weiter darauf stützt, dass auch angesichts des Antrags nach § 109 SGG weiter an dem Termin festgehalten worden sei, lässt dies objektiv ebenfalls nicht auf eine Voreingenommenheit schließen. In seinem Antwortschreiben hat der Vorsitzende nicht nur mitgeteilt, dass ein hinreichender Anlass für eine Terminverlegung nicht gesehen werde, sondern auch, dass der Senat über einen in der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrag nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben zu beraten haben werde.
Auch der Vortrag des Klägers, das Gericht sei von der üblichen Verfahrensweise abgewichen, einem Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes ohne vorherige mündliche Verhandlung stattzugeben, vermag eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Solange die Verfahrensweise sich im Bereich des rechtlich Zulässigen bewegt, vermittelt eine Abweichung vom "Üblichen" nicht den Anschein der Befangenheit. Die Bitte des Gerichts, die Sicherstellung der Finanzierung eines Gutachtens nach § 109 SGG darzulegen und der Hinweis auf die voraussichtlichen Kosten, ist schließlich ebenfalls nicht geeignet, ein Ablehnungsgesuch zu begründen. Ein Hinweis auf die zu erwartenden Kosten ist objektiv geboten und lässt einen Versuch der negativen Verfahrensbeeinflussung nicht erkennen. Die Frage, ob der Kläger über die erforderlichen Mittel verfügt, war im Hinblick auf die gemäß § 109 Abs 1 S 2 SGG möglichen Kostenentscheidungen nicht sachwidrig. Dass der Richter hier die gebotene äußere Form nicht gewahrt hätte, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist nicht ersichtlich. Schließlich begründet der Einwand, durch die Wahrnehmung des Termins am 21.11.2018 entstünden unnötige Kosten, weil abzusehen sei, dass nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG ein weiterer Verhandlungstermin erforderlich sei, keine Besorgnis der Befangenheit. Selbst wenn dies zuträfe, ließe dies nicht auf eine unsachliche Einstellung schließen.
2. Soweit der Kläger implizit auch beanstanden will, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör durch die Ablehnung der Terminverlegung verletzt worden sei, ist die Beschwerde unzulässig. Es fehlt insofern an substantiiertem Vortrag dazu, aus welchen Gründen nicht zumindest eine Vertretung durch die Sozietätskollegin möglich und zumutbar war. Die dem LSG vorgelegte Vollmacht des Klägers war nicht auf Rechtsanwalt H. beschränkt, sondern erstreckte sich auch auf die in der Kanzlei tätige Rechtsanwältin G.
3. Ebenfalls unzulässig ist die Beschwerde, soweit der Kläger eine Verletzung des § 109 SGG rügt. Die Rüge einer Verletzung des § 109 SGG ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich ausgeschlossen (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG). Der Ausschluss ist verfassungsgemäß (BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 69). Er gilt uneingeschränkt für jede fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG und unabhängig davon, worauf der Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 34; BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 12.7.2012 - B 13 R 463/11 B - Juris RdNr 12). Die Ausschlussregelung kann auch nicht mit der Behauptung unterlaufen werden, das Unterlassen von Ermittlungen verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 8).
4. Soweit der Kläger mit seiner Beschwerde einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügt (§ 103 SGG), muss die Beschwerde einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Einen solchen Beweisantrag gestellt zu haben, behauptet der Kläger aber selber nicht. Er ist vielmehr der Auffassung, dass ein Antrag nach § 109 SGG stets einen Antrag auf weitere Ermittlungen von Amts wegen enthält. Dies ist indes nicht der Fall. Ein Antrag nach § 109 SGG enthält nicht automatisch einen Beweisantrag nach § 103 SGG (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 4). Soll das vorinstanzliche Gericht vorrangig zu eigenen Ermittlungen veranlasst und das Antragsrecht nach § 109 SGG nur hilfsweise in Anspruch genommen werden, muss der Kläger dies durch Stellung eines auf ein Gutachten nach § 109 SGG gerichteten Hilfsantrags deutlich machen und dem Gericht im Übrigen vor Augen führen, dass aus seiner Sicht wesentliche Fragen tatsächlicher Art offengeblieben sind und eine Beweiserhebung im Rahmen der Amtsermittlungspflicht geboten ist (BSG Beschluss vom 21.6.2016 - B 9 V 18/16 B - Juris RdNr 11; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 743 mwN). Dies getan zu haben, hat der Kläger mit seiner Beschwerde nicht substantiiert dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13319166 |