Leitsatz

Die Parteien stritten um die Zahlung einer Morgengabe durch den Ehemann, der die Auffassung vertrat, die Ehefrau habe ihren Anspruch hierauf verwirkt.

 

Sachverhalt

In ihrem Heimatland Iran hatten die Parteien im Jahre 2000 anlässlich ihrer Eheschließung vor dem dortigen Heiratsnotariat eine Vereinbarung geschlossen, in der der Ehemann sich verpflichtet hatte, der Ehefrau auf ihre Anforderung diverse Gegenstände herauszugeben und 214 Bahar Azadi Goldmünzen (Wert ca. 30.000,00 EUR) auszuzahlen. Ferner wurde in dieser Vereinbarung geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Ehefrau berechtigt sein sollte, ihrerseits die Scheidung der Ehe zu beantragen.

Im Sommer 2008 wurde die Ehe durch ein deutsches Gericht auf Antrag der Ehefrau geschieden. Der auf die Vereinbarung zwischen den Parteien gestützten Klage der Ehefrau gab das FamG statt und verurteilte den Ehemann, ihr 214 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben.

Hiergegen wandte sich der Ehemann mit seiner Berufung und machte geltend, durch Beantragung der Ehescheidung habe die Ehefrau ihren Anspruch auf Zahlung der Morgengabe ganz oder jedenfalls teilweise verwirkt.

Die von dem Ehemann für das Berufungsverfahren beantragte Prozesskostenhilfe wurde ihm wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Rechtsmittels vom OLG nicht gewährt.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, das erstinstanzliche Gericht habe den Ehemann zu Recht zur Übereignung der Goldmünzen an die Ehefrau verurteilt. Seinem Rechtsmittel fehle jede Aussicht auf Erfolg.

Anwendbar sei sowohl nach Art. 14 EGBGB als auch nach Art. 17 EGBGB iranisches Recht als das nach wie vor gemeinsame Heimatrecht der Parteien. Die Vereinbarung einer Morgengabe sei wesentlicher Bestandteil der islamischen Eheschließung und diene der finanziellen Absicherung der Ehefrau nach Auflösung der Ehe. Diese Vereinbarung verletze auch dann nicht den deutschen ordre public nach Art. 6 EGBGB, wenn man hierin eine Gegenleistung für die geschlechtliche Hingabe sehe.

Nach iranischem Recht entfalle der Anspruch auf Zahlung der Morgengabe, wenn es zu einer sog. einverständlichen Scheidung komme, die auch als "Loskaufscheidung" bezeichnet werde. Eine solche liege hier nicht vor. Eine Loskaufscheidung werde entweder von der Ehefrau oder von beiden Eheleuten einvernehmlich betrieben. Die Scheidung auf Antrag des Ehemannes habe keine Auswirkung auf die Zahlungspflicht. Dies gelte auch für die Scheidung auf Antrag der Ehefrau, wenn diese sich auf den Scheidungsgrund der Bedrängnis oder der Verletzung ehelicher Unterhaltspflichten stütze. Bei Vorliegen solcher Gründe könne das Gericht den Ehemann zur Scheidung zwingen und - falls kein Zwang möglich sei - die Ehefrau mit Bewilligung des religiös zuständigen Richters scheiden. Entsprechendes sei hier geschehen. Die Vereinbarung der Parteien anlässlich ihrer Eheschließung habe gemäß Art. 1119 iran. ZGB die Klägerin zur Bewirkung der Scheidung in Vertretung des Mannes für den Fall ermächtigt, dass seine "Aufführung und sein Umgang" so unerträglich würden, dass das Eheleben nicht fortgesetzt werden könne. Auf den hierauf gestützten Antrag der Ehefrau habe das FamG die Ehe der Parteien geschieden. Ihr Anspruch auf Zahlung einer Morgengabe sei somit nicht verwirkt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.11.2008, 17 UF 155/08

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