Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 04.11.2022 - 8 O 73/22 samt dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Berufung - an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.151,61 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus Haftpflichtregulierungen in Regress.
Die W...P...V... AG war der betriebliche Haftpflichtversicherer der Firma H... GmbH & Co KG (Versicherungsnehmerin) und ist im Dezember 2021 im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin verschmolzen.
Die Versicherungsnehmerin betreibt in K... eine Waschanlage in Form einer Waschstraße. Die Beklagte zu 2 nutzte am 18.07.2019 die Waschanlage mit ihrem Fahrzeug Renault Kangoo mit dem amtlichen Kennzeichen S...4, das bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversichert ist. Die Nutzer der Waschanlage werden durch ein Schild vor der Einfahrt in die Waschanlage darauf hingewiesen, dass Antennen einzuschieben oder zu entfernen sind (Anlagen BLD 1 und 2, Bl. 8 und 9). Bei Beginn des Waschvorgangs verfügte das Fahrzeug der Beklagten zu 2 in der Mitte des Fahrzeugdaches über eine ca. 10 cm lange Antenne, die nach Durchführung des Waschvorgangs nicht mehr vorhanden war.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte zu 2 habe die Antenne vor Einfahrt in die Waschanlage weder entfernt noch eingefahren. Die Antenne sei von den Waschbürsten abgerissen worden und habe sich anschließend in der Dachwalze der Waschanlage verfangen. Dadurch seien die unmittelbar nach dem Beklagtenfahrzeug in die Waschstraße eingefahrenen Fahrzeuge beim Waschvorgang beschädigt worden, nämlich:
- Audi des Tiefbauunternehmen Bo... mit dem Kennzeichen S...0
- Mercedes des Herrn Sa... mit dem Kennzeichen S...1
- VW des Herrn Öz... mit dem Kennzeichen S...1
- VW des Herrn Oc... mit dem Kennzeichen S...
- Audi des Herrn Dr. Ba... mit dem Kennzeichen S...7
- BMW des Herrn Pe... mit dem Kennzeichen S...6
- Audi der Frau Si... mit dem Kennzeichen S...6
- BMW der Frau Bü... mit dem Kennzeichen O...1.
Sie habe die Schäden reguliert (wegen der Einzelheiten siehe Anlage BLD 3, Bl. 10).
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.11.2022 (Bl. 112 f.) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Direktanspruch gemäß §§ 86 Abs. 1, 115 VVG i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG nicht zu. Denn der Schaden sei nicht bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden, auch wenn der Begriff entsprechend dem umfassenden Schutzzweck weit auszulegen sei und selbst das Abstellen für mehr als 24 Stunden in einer Parkgarage dazu zähle. Werde das Fahrzeug aber - wie hier - durch eine Waschanlage gezogen, werde es nicht mehr zur Fortbewegung oder zum Transport genutzt und befinde sich nicht mehr im Betrieb. Eine Haftung der Beklagten zu 1 ergebe sich auch nicht aus §§ 115 VVG, 823 Abs. 1 BGB. Die Nutzung einer Waschanlage gehöre nicht zu dem Risiko, für das die Haftung der Haftpflichtversicherung geschaffen worden sei. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch nach §§ 86 Abs. 1 VVG, § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu 2. Denn die Klägerin habe nicht substanziiert vorgetragen, dass die von der Klägerin entschädigten Fahrzeughalter die Waschanlage zeitlich nach der Beklagten zu 2 genutzt hätten. Sie habe nicht angegeben, zu welcher Uhrzeit die jeweiligen Fahrzeuge in die Waschanlage eingefahren seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag geltend, allein maßgeblich sei, dass das Beklagtenfahrzeug am 19.07.2019 vor den beschädigten Fahrzeugen in die Waschanlage eingefahren und die Antenne noch am selben Tag und nach Feststellung der Schäden an den weiteren Fahrzeugen in der Dachwalze der Waschanlage gefunden worden sei. Da die beim Waschvorgang beschädigten Fahrzeuge unmittelbar nach dem Beklagtenfahrzeug in die Waschanlage gefahren seien, sei die exakte Einfuhrzeit unerheblich. Wie sich aus dem Bericht des Ingenieurbüros K... bezüglich des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen S...7ergebe, sei das Schadensbild plausibel durch einen Fremdkörper in der Waschanlage hervorgerufen. Die Beklagten gäben auch keine andere mögliche Schadensursache als die vom Beklagtenfahrzeug abgebrochene Antenne an. Eine solche gebe es auch nicht. Das Beklagtenfahrzeug habe - mit Ausnahme der abgerissenen Antenne - keine Schäden erlitten. Dass die Beklagte den Schadensvorgang mit Nichtwissen bestritten habe, erhöhe nicht die Substanziierungsanforderungen, sondern begründe lediglich die Beweisbedürftigkeit der klägerischen Behauptung. Das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft von der Durchführung einer Beweisaufnahme abgesehen. Sie - die Klägerin - habe bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass die beschädigten Fahrzeuge unmittelbar nach dem Beklagtenfahrzeug in die Waschanlage eingefahren seien, was sie auch durch Einvernahme...