Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaufmannseigenschaft eines Wasser- und Abwasserzweckverbandes

 

Leitsatz (amtlich)

Im Einspruchsverfahren in Registersachen ist neben dem gesetzlichen Vertreter, gegen den sich die Androhung des Zwangsgeldes richtet, auch die von ihm vertretene Körperschaft beteiligt, und auch sie wird durch die Verwerfung beschwert.

Ein Zweckverband betreibt einen Gewerbebetrieb jedenfalls dann nicht, wenn er seine Leistungen nicht in privatrechtlichen Verträgen vereinbart, sondern sich ausschließlich hoheitlicher, öffentlich-rechtlich bestimmter Handlungsformen bedient.

 

Normenkette

FamFG §§ 388, 390; HGB §§ 1, 29, 33

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Aktenzeichen 65 AR 57/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 24. Februar 2017 abgeändert:

Die Verfügung des Amtsgerichts Neuruppin vom 11. Oktober 2016 wird aufgehoben.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer, ein Zweckverband, wendet sich im Zwangsgeldverfahren gegen die seinem Verbandsvorsteher auferlegte Verpflichtung, ihn zum Handelsregister anzumelden.

I. 1. Der Beschwerdeführer ist ein von mehreren Gemeinden gebildeter Zweckverband zur Zusammenarbeit bei der Wasserversorgung sowie der Schmutzwasserableitung und -behandlung.

2. Das Amtsgericht hat den Verbandsvorsteher des Beschwerdeführers aufgefordert, den von ihm vertretenen Beschwerdeführer zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Unterlasse er die Anmeldung und rechtfertige diese Unterlassung nicht, werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro festgesetzt werden. Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Beschwerdeführer betreibe ein Handelsgewerbe. Gewinnerzielungsabsicht sei dafür nicht erforderlich. Auch auf einen Anschluss- und Benutzungszwang bei der Erfüllung der dem Beschwerdeführer obliegenden Aufgaben komme es nicht an. Entscheidend sei, dass die Wasserversorgung auch durch private Unternehmen erfolgen könne. Ob tatsächlich Konkurrenzunternehmen bestünden, sei unbeachtlich.

Der Verbandsvorsteher hat Einspruch erhoben. Er hat gemeint, der Beschwerdeführer sei kein Gewerbebetrieb, weil er Gewinne nicht anstreben dürfe und weil er wegen des seinen Leistungsempfängern auferlegten Anschluss- und Benutzungszwanges nicht im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehe.

3. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Einspruch verworfen und von einer Festsetzung des Zwangsgeldes bis zur Entscheidung im Rechtsmittelverfahren abgesehen. Der Beschwerdeführer betreibe ein Handelsgewerbe, indem er eine öffentliche Aufgabe gegen Entgelt und, soweit es die Wasserversorgung betreffe, auch nicht rein hoheitlich erledige.

Mit seiner Beschwerde legt der Beschwerdeführer erneut und eingehend dar, er sei Monopolist ohne Gewinnerzielungsabsicht, und seine gesamte Tätigkeit sei hoheitlich ausgestaltet. Von der Möglichkeit, die Trinkwasserversorgung privatrechtlich auszugestalten, habe er keinen Gebrauch gemacht.

II. Die Beschwerde (§§ 391 I, 58 FamFG) ist zulässig.

1. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Verwerfung des Einspruchs beschwert (§ 59 I FamFG). Im Einspruchsverfahren ist neben dem gesetzlichen Vertreter, gegen den sich die Androhung des Zwangsgeldes richtet (§§ 388, 389 I, 390 IV 1 FamFG), auch die von ihm vertretene Körperschaft beteiligt, und auch sie wird durch die Verwerfung beschwert (Keidel-Heinemann, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 388 Rdnr. 33, § 391 Rdnr. 6 a; MüKo-FamFG-Krafka, 3. Aufl. 2019, § 391 Rdnr. 8; BeckOK-FamFG-Schlögel, Stand: Jan. 2020, § 391 Rdnr. 12). Da das Amtsgericht bei der angefochtenen Verwerfung des Einspruchs von der Festsetzung des Zwangsgeldes abgesehen hat, reicht es aus, dass allein der Beschwerdeführer diesen Beschluss angefochten hat. Einer Beschwerde auch seines Vorstehers bedurfte es nicht, um eine vollständige Beseitigung der Einspruchsverwerfung zu erreichen.

2. Ob die Zulässigkeit der Beschwerde allein gegen die Verwerfung eines Einspruches vom Erreichen des Beschwerdewertes abhängt (§ 61 FamFG), braucht nicht entschieden zu werden (vgl. Keidel-Heinemann, § 391 Rdnr. 6; BeckOK-FamFG-Schlögel, § 391 Rdnr. 10). Wenn es sich bei der Durchsetzung der Handelsregisteranmeldung um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handeln sollte, wäre der Wert des Beschwerdegegenstandes in Bezug auf die Einspruchsverwerfung zu bemessen und richtete sich nicht allein nach der Höhe des Zwangsgeldes. Der Betrag von 600 Euro wäre hier jedenfalls überstiegen, zumal ein Zwangsgeld von 1.000 Euro angedroht ist.

III. Die Beschwerde und der Einspruch gegen die Zwangsgeldandrohung sind begründet.

Der Verbandsvorsteher ist nicht verpflichtet, den von ihm vertretenen Beschwerdeführer zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§§ 29, 33 I HGB), weil der Beschwerdeführer nicht Kaufmann ist.

1. Er ist einerseits nicht Formkaufmann, weil er als Zweckverband nicht zu den Handelsgesellschaften zählt (§ 6 HGB). Andererseits ist er als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 10 II 1 GKGBbg) seit der Aufhebung des § 36 a.F. HGB nicht mehr generell...

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