Leitsatz (amtlich)

1. Der Rechtsschutzversicherer, der Gerichtskosten für seinen Versicherungsnehmer unmittelbar an die Gerichtskasse gezahlt hat und einen Rückzahlungsanspruch gegen die Justizkasse geltend macht, ist als vermeintlicher Gläubiger im Kostenansatzverfahren erinnerungs- und damit auch beschwerdeberechtigt.

2. Entfällt nachträglich die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung des Auslagenvorschusses, ist der unverbrauchte Vorschuss an den unmittelbaren Vorschusspflichtigen zurückzuzahlen. Befindet dieser sich inzwischen in Insolvenz, hat die Rückzahlung an den Insolvenzverwalter zu erfolgen.

3. In einem solchen Fall kann der Rechtsschutzversicherer nicht als Auslagenpflichtiger angesehen werden, weil seine Zahlungspflicht auf dem Versicherungsvertrag beruht und nicht gegenüber dem Gericht bestand.

4. Da das GKG und die KostVfg eine Rückzahlung unverbrauchter Gerichtskostenvorschüsse an einen anderen als den Kostenschuldner nicht vorsehen, kann der Rechtsschutzversicherer keinen Rückzahlungsanspruch gegen die Staatskasse aus gesetzlichem Forderungsübergang herleiten.

 

Normenkette

GKG § 29 Nr. 3, § 66 Abs. 2 S. 1; KostVfg § 36 Abs. 4, 4a; BGB § 812 Abs. 1; VVG a.F. § 67 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 30.12.2010; Aktenzeichen 6 O 368/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 13.1.2011 gegen den Beschluss des LG Potsdam vom 30.12.2010 (6 O 368/05) wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. ist Rechtsschutzversicherer des früheren Klägers, über dessen Vermögen während des Rechtsstreits am 27.8.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Sie zahlte für den Kläger die Gerichtskosten teils mittelbar über den Anwalt und im Übrigen direkt an die Justizkasse. Nach Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich wurde am 5.8.2009 die Rückzahlung der nicht verbrauchten Kosten einschließlich des nicht verbrauchten Vorschusses i.H.v. insgesamt 3.530 EUR angeordnet und der Betrag dem Insolvenzverwalter des Klägers zurückgezahlt. Die hiergegen von der Beteiligten zu 1. eingelegte Erinnerung hat das LG mit Beschluss vom 30.12.2010 zurückgewiesen. Gegen den am 5.1.2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrer am 13.1.2011 eingegangenen Beschwerde. Die Beteiligte zu 1. meint, der von ihr am 4.7.2007 direkt an die Gerichtskasse gezahlte, nicht verbrauchte Auslagenvorschuss von 3.000 EUR hätte ihr und nicht dem Insolvenzverwalter zurückgezahlt werden müssen, da der Anspruch auf Rückerstattung nicht verbrauchter Vorschüsse gem. § 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. auf sie übergegangen sei und entgegen der Ansicht des LG nicht zur Insolvenzmasse gehöre.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und zulässig. Zwar ist nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG neben der Staatskasse nur der Kostenschuldner erinnerungsberechtigt. Es ist jedoch anerkannt, dass der Rechtsschutzversicherer, der Kosten für den Versicherungsnehmer unmittelbar an die Gerichtskasse gezahlt hat und einen Rückzahlungsanspruch gegen die Justizkasse geltend macht, als vermeintlicher Gläubiger erinnerungs- und damit auch beschwerdeberechtigt ist (OLG Düsseldorf MDR 1983, 321; OLG Stuttgart, Justiz 1985, 29; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 66 Rz. 10).

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Nachdem die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Auslagenvorschusses für die vom LG beabsichtigte Beweisaufnahme nach Beendigung des Verfahrens durch Vergleich mit der darin enthaltenen Kostenregelung endgültig entfallen war, war der hierfür eingezahlte und unverbrauchte Vorschuss zurückzuzahlen (KG AnwBl. 1984, 456), und zwar an den unmittelbaren Vorschusspflichtigen (KG, a.a.O.), bzw. gem. § 36 Abs. 4 Satz 1 KostVfg an dessen Verfahrensbevollmächtigten. Denn im GKG und in der KostVfg ist, wie überhaupt im öffentlich-rechtlichen Abgabenrecht (Lappe, NJW 1984, 1212, 1213) die Rückzahlung an einen anderen als den Auslagenpflichtigen bzw. Kostenschuldner nur in hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen (vgl. § 36 Abs. 4, 4a KostVfg) vorgesehen. Dies schon deswegen, weil der Kostenbeamte mit dem Kostenansatz lediglich die Kostengrund- entscheidung des Gerichts betragsmäßig nachzuvollziehen und den Kostenschuldner festzustellen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 1, 2, § 7Abs. 1 Satz 1 KostVfg) und im Rahmen dieses Verfahrens für eine Prüfungspflicht des Kostenbeamten dahingehend, ob der Rückerstattungsanspruch dem Auslagenpflichtigen oder einem Dritten infolge Abtretung oder, worauf sich die Beteiligte zu 1. beruft, infolge eines gesetzlichen Forderungsübergangs zusteht, kein Raum ist.

Die Beteiligte zu 1. ist nicht etwa deswegen als Auslagenpflichtige anzusehen, weil sie ausweislich der Zahlungsanweisung für den Kläger den Auslagenvorschuss bezahlt hat (Böhme, ARB, § 20 Rz. 4; OLG Stuttgart, Justiz 1985, 29). Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 KostVfg i.V.m. § 29 Nr. 3 GKG liegen nicht v...

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