Verfahrensgang
LG Neuruppin (Entscheidung vom 17.04.2008; Aktenzeichen 5 O 265/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 17.4.2008 - 5 O 265/03 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Erinnerung an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.881,85 EUR.
Gründe
I.
Das Landgericht bewilligte dem Kläger auf seinen mit der Einreichung der Klageschrift eingereichten Antrag Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung.
Die Parteien schlossen vor dem Landgericht am 4.9.2007 einen Vergleich, nach dessen Kostenregelung die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben sein sollten. Außerdem heißt es unter Ziffer 9. des Vergleichs, dass der Kläger die in diesem Verfahren geltend gemachten Ansprüche nicht weiter verfolgt.
Die Landesjustizkasse erteilte den Beklagten am 11.10.2007 eine Kostenrechnung über 50 % der Gerichtskosten in Höhe von 1.881,85 EUR, die diese am 5.11.2007 beglichen.
Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 19.12.2007, dass die Beklagten den Vergleich wegen arglistiger Täuschung gefochten hätten und dass er die Klage zurücknehme. Die Beklagten teilten mit, dass sie der Klagerücknahme zustimmten und keinen Kostenantrag stellen würden.
Die Beklagten baten mit am 21.1.2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz um Rückerstattung des an die Landesjustizkasse gezahlten Betrages mit der Begründung, sie hätten den Vergleich angefochten, der Kläger habe die Klage inzwischen zurückgenommen und müsse von daher die Kosten allein tragen. Da ihm Prozesskostenhilfe gewährt worden sei, trage diese Kosten die Landeskasse.
Der Kläger habe die Klageforderung vor Klageerhebung abgetreten. Er sei nicht mehr aktiv legitimiert und die Klageforderung verjährt gewesen. Der Klägervertreter habe bei Vergleichsabschluss auf Befragen durch das Gericht ausdrücklich erklärt, die Klageforderung sei nicht abgetreten worden, es gebe lediglich eine Abrede mit dem Steuerberater M., dass dessen Honorar aus den Zahlungen des anhängigen Rechtsstreits zu begleichen sei. Zwei Tage nach Vergleichsabschluss habe ein Rechtsanwalt M. den Beklagten mitgeteilt, die Abtretung der streitgegenständlichen Forderung sei bereits am 12.7.2002 erfolgt. Er habe außerdem eine schriftliche Abtretungserklärung vorgelegt. Der Vergleich sei aufgrund einer ausdrücklichen Falschangabe des Prozessbevollmächtigten des Klägers zustande gekommen. Die Beklagten hätten ansonsten keine Veranlassung, mit dem Kläger einen Vergleich zu schließen.
Das Landgericht hat die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz durch Beschluss vom 17.4.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten hätten aufgrund des Vergleichs die Hälfte der Gerichtskosten übernommen. Die Gebühr entfalle nur, wenn das Prozessgericht den Vergleich für unwirksam erkläre. Die nachfolgende Beendigung des Rechtsstreits durch Klagerücknahme reiche nicht aus. Im Übrigen könne aus dem Vorbringen der Beklagten eine Unwirksamkeit des Vergleichs nicht hergeleitet werden.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beklagten mit ihrer am 6.5.2008 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, mit der sie geltend machen, die wirksame Anfechtung des Vergleichs führe dazu, dass die Kostenregelung des Vergleichs ebenfalls unwirksam sei.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20.5.2008 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Für die Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde gilt das GKG in der seit dem 1.7.2004 geltenden Fassung, § 72 Nr. 1 2. HS GKG. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 66 Abs. 2 GKG sind gegeben.
Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Landgericht.
Der beanstandete Kostenansatz beruht auf § 29 Nr. 2 GKG. Danach schuldet die Kosten, wer sie durch einen vor Gericht abgeschlossenen Vergleich übernommen hat. Zwar liegt hier vordergründig ein entsprechender Vergleich vor. Jedoch wird hier wenigstens von den Beklagten geltend gemacht, der Vergleich sei wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten. Der Kläger hat sogar die Klage zurückgenommen. In einem derartigen Fall kann der gerichtliche Vergleich nicht Grundlage für den Kostenansatz sein, bevor nicht feststeht, ob er Bestand hat.
Ist ein gerichtlicher Vergleich unwirksam oder nichtig, entfaltet er keine prozessbeendende Wirkung (vgl. hierzu Zöller/Stöber, ZPO 26. Aufl. 2007, § 794 Rn 15, 15a), genauso wenig wie ein widerrufener Vergleich, wenn sich die Parteien den Widerruf vorbehalten haben. Wird wie hier die Nichtigkeit eines gerichtlichen Vergleichs wegen einer Anfechtung geltend gemacht, ist der Rechtsstreit fortzuführen. Hierüber muss die Kammer beim Landgericht entscheiden. Es ist dagegen nicht Aufgabe der Landesjustizkasse beim Kostenansatz bzw. der Rechtsmittelinstanzen im Kostenansatzverfahren, festzustellen, ob eine Arglistanfechtung einen gerichtlichen Vergleich zu...