Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung im Familienverfahren: Anwaltszwang für Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Befangenheitsantrages, Unzulässigkeit der Beschwerde nach Abschluss der Instanz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen die einen Ablehnungsantrag zurückweisende Entscheidung im Familienverfahren unterliegt dem Anwaltszwang.
2. Die sofortige Beschwerde in einer Ablehnungssache ist oder wird nach Abschluss der Instanz regelmäßig mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der beteiligte Richter seine richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet hat und die Entscheidung über eine Abänderung der getroffenen Entscheidung nicht mehr dem Gericht, dem der abge-lehnte Richter angehört, obliegt, sondern dem Rechtsmittelgericht (vgl. BGH FamRZ 2007, 1734; Senat FamRZ 2013, 1600 m.w.N.; BeckOK ZPO/Vossler, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 46 Rn. 12; Musielak/Voit/Heinrich, 16. Aufl. 2019, ZPO § 46 Rn. 10; MüKoZPO/Stackmann, 5. Aufl. 2016, ZPO § 46 Rn. 9; Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 46 Rn. 10, jew. m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Strausberg (Aktenzeichen 2.2 F 33/17) |
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners auf Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 26.02.2019 wird abgelehnt.
Gründe
1. Der Antragsgegner erbittet Verfahrenskostenhilfe für eine sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs in einer Ehesache.
Dort hat die für das Eheverfahren zuständige Richterin ein Ablehnungsgesuch des Antragsgegners vom 20.02.2019 (212) durch Beschluss vom 26.02.2019 selbst als unzulässig zurückgewiesen (215) und die Ehe der Antragsbeteiligten im Termin am 05.03.2019 geschieden (225, 227). Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 26.02.2019 zugestellten Beschluss (223) in der Ablehnungssache hat der Antragsgegner persönlich durch Schreiben vom 08.03.2019 gegenüber dem Oberlandesgericht sofortige Beschwerde erhoben (241); mit Schreiben vom 26.03.2019 hat er hierfür Verfahrenskostenhilfe erbeten (268) und mit Schreiben vom 16.05.2019 die Beiordnung des ihm für seine Beschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung beigeordneten Rechtsanwalts (vgl. 365).
2. Verfahrenskostenhilfe kann dem Antragsgegner für sein Rechtsmittel in der Ablehnungssache nicht bewilligt werden.
Der nach §§ 113 Abs. 1, 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthaften sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26.02.2019 fehlt mangels Zulässigkeit die Erfolgsaussicht (§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO).
Es fehlt bereits an der erforderlichen Form, weil die Beschwerdeschrift entgegen §§ 113 Abs. 1, 114 Abs. 1 FamFG, 569 Abs. 2 ZPO nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet ist. Es handelt sich bei dem Verfahren, innerhalb dessen die sofortige Beschwerde gegen eine Nebenentscheidung eingelegt ist, um eine Ehesache (§ 111 Nr. 1 FamFG), bei der sich die Ehegatten nach § 114 Abs. 1 FamFG anwaltlich vertreten lassen müssen.
Eine Befreiung vom Anwaltszwang, etwa nach § 114 Abs. 4 FamFG, scheidet bei einem kontradiktorisch geführten Scheidungsverfahren aus.
Nach § 78 Abs. 1 S 1 ZPO erfasst der Anwaltszwang grundsätzlich auch Rechtsmittel zu den Landgerichten und Oberlandesgerichten, gilt insoweit auch für Rechtsmittel in Nebenverfahren und insbesondere für die Einlegung der sofortigen Beschwerde (vgl. MüKoZPO/Toussaint, 5. Aufl. 2016, ZPO § 78 Rn. 45). Eine Befreiung nach § 78 Abs. 3 ZPO kommt nicht in Betracht. Die Möglichkeit, ein Ablehnungsgesuch nach § 44 Abs. 1 ZPO vor der Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären, ist auf die Anbringung des Gesuchs beschränkt und befreit nur insoweit. Für die Erhebung von Rechtsmitteln gegen abschlägige Entscheidungen gelten schon nach allgemeinen Regeln andere Bestimmungen, hier die Grundsätze des § 78 Abs. 1 S 1 ZPO und die des § 569 ZPO. Insbesondere ändert die Möglichkeit, ein Ablehnungsgesuch persönlich anzubringen, nichts an dem Charakter und den Verfahrensregeln desjenigen Verfahrens, innerhalb dessen es erhoben ist und auf dessen Durchführung es maßgeblich Einfluss nehmen will, hier also an dem Charakter der Ehesache und dem dafür geltenden Anwaltszwang schon für die I. Instanz (vgl. Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 569 ZPO, Rn. 12; Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 46 ZPO, Rn. 16; BeckOK ZPO/Vossler, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 46 Rn. 9; MüKoZPO/Stackmann, 5. Aufl. 2016, ZPO § 46 Rn. 6 jew. m.w.N.; OLG Bamberg NZFam 2018, 957; OLG Dresden NJW 2013, 1749).
Überdies ist oder wird die sofortige Beschwerde in einer Ablehnungssache nach Abschluss der Instanz regelmäßig mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der beteiligte Richter seine richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet hat und die Entscheidung über eine Abänderung der getroffenen Entscheidung nicht mehr dem Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, obliegt, sondern dem Rechtsmittelgericht (vgl. BGH FamRZ 2007, 1734; Senat FamRZ 2013, 1600 m.w.N.; BeckOK ZPO/Vossler, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 46 R...