Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Stufenantrag ist der höchste Gegenstandswert, der sich nach dem Zahlungsanspruch bemisst, stets maßgebend für die gerichtliche und die anwaltliche Verfahrensgebühr, während sich der Gegenstandswert für die Termins- und Beweisgebühr nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe richtet, in der diese Gebühren anfallen.

2. Ob die Festsetzung durch das Gericht gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren maßgebend ist, hat der Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren zu überprüfen.

3. Die Anwaltsgebühren berechnen sich insbesondere dann nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert, wenn sich die anwaltliche und die gerichtliche Tätigkeit nicht auf denselben Gegenstand beziehen. Hierher gehört insbesondere der Fall, dass von miteinander verbundenen Ansprüchen für den Streit- bzw. Verfahrenswert hinsichtlich der Gerichtsgebühren nur der höhere Anspruch maßgebend ist, der Anwalt aber (auch) mit dem niedrigeren der beiden Ansprüche befasst war.

4. Eine nur teilweise Aussetzung des Vergütungsfestsetzungsverfahrens scheidet jedenfalls dann aus, wenn sich bei Außerachtlassen der Gebühr, die hinsichtlich der Wertfestsetzung streitig ist, unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen kein festzusetzender Betrag mehr ergäbe.

 

Normenkette

RVG § 11; GKG § 44

 

Verfahrensgang

AG Lübben (Beschluss vom 23.11.2011; Aktenzeichen 30 F 251/09)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Vergütungsfestsetzungsverfahren wird ausgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 901 EUR und 1.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch Schlussurteil vom 8.9.2010 hat das AG die Ehe des Antragsgegners geschieden. Das Urteil ist seit dem 12.10.2010 rechtskräftig. Durch Beschluss ebenfalls vom 8.9.2010 hat das AG die Verfahrenswerte für die Ehescheidung auf 9.111,63 EUR, für die Folgesache über den Versorgungsausgleich auf 2.000 EUR und für die Folgesache über den Zugewinnausgleich auf 52.500 EUR festgesetzt.

Unter dem 27.10.2011 haben die Antragsteller, die den Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren zunächst anwaltlich vertreten hatten, Vergütungsantrag gem. § 11 RVG gestellt. Dabei haben sie eine 1,3 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr auf einen Gesamtgegenstandswert von 63.611,63 EUR angesetzt und sind nach Hinzusetzen einer Pauschale für Post- und Telekommunikation von 20 EUR und der Mehrwertsteuer von 19 % sowie nach Abzug geleisteter Zahlungen von 2.054,77 EUR zu einem festsetzenden Betrag von 1.309,96 EUR gelangt. Durch den angefochtenen Beschluss vom 23.11.2011 hat das AG dem Antrag entsprochen.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, die Terminsgebühr für die Folgesache über den Zugewinnausgleich dürfe, da die Antragsteller ihn insoweit nur in der Auskunftsstufe vertreten hätten, nicht auf einen Wert von 52.500 EUR, sondern auf einen Wert von nur 500 EUR berechnet werden.

II. Die gem. §§ § 11 Abs. 1 RPflG, 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Das AG hätte wegen der Folgesache über den Zugewinnausgleich nicht entsprechend dem Antrag der Antragsteller eine Terminsgebühr, bezogen auf einen Wert von 52.500 EUR, ansetzen dürfen. Mit Rücksicht auf das Bestreiten des von den Antragstellern angegebenen Gegenstandswertes durch den Antragsgegner ist das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen.

1. Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren gem. § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat, §§ 32, 33, 38 Abs. 1 RVG. So liegt der Fall hier.

a) Bei Stufenanträgen erfolgt die Berechnung nach § 38 FamGKG bzw. nach § 44 GKG. Vorliegend findet, auch wenn es sich bei der Hauptsache um eine Familiensache gehandelt hat, die letztgenannte Vorschrift Anwendung. Denn das Verfahren in der Hauptsache ist vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Für die Berechnung des Wertes eines Stufenantrags ist grundsätzlich nur einer der verbundenen Anträge und zwar der höhere maßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn es nicht zur Verhandlung darüber kommt. Der höchste Gegenstandswert, der sich nach dem Zahlungsanspruch bemisst, ist stets maßgebend für die gerichtliche und die anwaltliche Verfahrensgebühr, während sich der Gegenstandswert für die Termins- und Beweisgebühr nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe richtet, in der diese Gebühren anfallen (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/v. Swieykowski-Trzaska, 2. Aufl., § 1 Rz. 570; s. auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.2.2007 - 5 WF 23/07, NJOZ 2007, 5395). Hat also ein die Terminsgebühr auslösender Termin im Rahmen eines Stufenverfahrens nur hinsichtlich der Auskunftsstufe stattgefunden, sind für das Verfahren zwei Werte festzusetzen, zum Einen hinsichtlich der Verfahrensgebühren der Wert nac...

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