Rn 9

Eine Unterrichtungs- und Beratungsverpflichtung besteht naturgemäß nur dann, wenn im Betrieb ein Betriebsrat schon in dem Zeitpunkt besteht, in dem sich der Unternehmer entschließt, eine Betriebsänderung durchzuführen.[12] Wird hingegen in einem Betrieb ein Betriebsrat erst dann gewählt, nachdem sich der Unternehmer zur Stilllegung des Betriebs entschlossen und mit der Stilllegung begonnen hat, so kann der Betriebsrat auch dann nicht Beteiligungsrechte nach § 111 BetrVG geltend machen, wenn dem Unternehmer zum Zeitpunkt seines Entschlusses bekannt war, dass im Betrieb ein Betriebsrat gewählt werden soll.[13] Beruft sich ein Betriebsrat im Einzelfall darauf, der Unternehmer habe sich bewusst und rechtsmissbräuchlich vor Konstituierung des Betriebsrates zu einer Betriebsänderung entschlossen, trägt er die volle Darlegungs- und Beweislast. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass Betriebsänderungen nur deshalb durchgeführt werden, weil dort ein Betriebsrat gewählt werden soll.[14]

 

Rn 10

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Begründung von Beteiligungsrechten des Betriebsrates ist der Abschluss der unternehmerischen Planungsphase.[15] Ist die unternehmerische Planung noch im Fluss oder wird nach der Konstituierung des Betriebsrates das Konzept der Betriebsänderung nochmals grundlegend überarbeitet, so ist der neu gebildete Betriebsrat allerdings zu beteiligen.[16]

 

Rn 11

Führt die Betriebsänderung selbst zur Auflösung des Betriebsrates, etwa bei einer Betriebsaufspaltung oder Betriebsschließung, hat dies auf die Beteiligungsrechte des Betriebsrates keinen Einfluss. Zur Wahrnehmung dieser Rechte behält der Betriebsrat ein Restmandat.[17]

 

Rn 12

Soweit sich die geplante Betriebsänderung auf einen einzelnen Betrieb beschränkt, ist der dort gewählte Betriebsrat zuständig. Der Gesamtbetriebsrat ist außer im Fall der Beauftragung gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG unmittelbar nur dann nach § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die das gesamte Unternehmen oder zumindest mehrere Betriebe betreffen (z.B. Einschränkung oder Stilllegung mehrerer oder aller Betriebe des Unternehmens nach einem bestimmten Plan, Zusammenlegung mehrerer Betriebe).[18]

[12] BAG 20.4.1982 AP Nr. 15 zu § 112 BetrVG 1972.
[13] BAG 28.10.1992 AP Nr. 63 zu § 112 BetrVG 1972.
[14] BAG 28.10.1992 a.a.O.
[15] Willemsen/Schweibert, Umstrukturierung, C Rn. 17; Bauer, DB 1994, 217; Richardi, § 111 Rn. 23.
[16] Willemsen/Schweibert, a.a.O.
[17] BAG 16.6.1987 AP Nr. 20 zu § 111 BetrVG 1972; ErfK-Hanau/Kania, § 111 BetrVG Rn. 6.
[18] Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 15; BAG 24.1.1996 AP Nr. 16 zu § 50 BetrVG 1972.

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