Gesetzestext

 

(1) 1Ist der Verwalter eines Hauptinsolvenzverfahrens nach dem Recht des Staats der Verfahrenseröffnung befugt, auf Grund der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung die Herausgabe der Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, so gilt für die Vollstreckbarerklärung im Inland Artikel 25 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000. 2Für die Verwertung von Gegenständen der Insolvenzmasse im Wege der Zwangsvollstreckung gilt Satz 1 entsprechend.

(2) § 6 Abs. 3 findet entsprechend Anwendung.

1. Art. 102 § 8 Abs. 1 EGInsO

 

Rn 1

Art. 102 § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGInsO haben lediglich klarstellende Bedeutung.[1]

 

Rn 2

Gemäß Art. 18 EuInsVO kann der Insolvenzverwalter, in jedem anderen Mitgliedstaat alle Befugnisse ausüben, die ihm nach der lex fori concursus zustehen. Die Vollstreckung erfolgt nach Maßgabe des Art. 25 EuInsVO. Dies stellt Art. 102 § 8 Abs. 1 Satz 1 EGInsO klar.

 

Rn 3

Für Verfahren die nach dem 10.01.2015 eröffnet wurden gilt Folgendes (aktuelle Rechtslage): Art. 25 Abs. 1 Unterabsatz 1 EuInsVO (Art. 32 EuInsVO n. F.) enthält einen Verweis auf Vorschriften des EuGVÜ. An die Stelle des EuGVÜ ist am 01.03.2002 die EuGVVO[2] getreten. Gemäß Art. 68 Abs. 2 EuGVVO sind Verweisungen auf das EuGVÜ seither als Verweise auf die EuGVVO zu betrachten. Die EuGVVO wurde ihrerseits reformiert[3] und das Antragsverfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung (Exequaturverfahren) nach Art. 38 ff. EuGVVO a.F [Brüssel I-VO] abgeschafft, die Vollstreckbarkeit des Eröffnungsbeschlusses im Ausland erfolgt automatisch – ipso iure-Anerkennung[4] –, vgl. Art. 39 EuGVVO n. F. [Brüssel Ia-VO].

 

Rn 3a

Dem Vollstreckungsschuldner steht ein Antrag zu, den Titel im Rahmen eines Vollstreckungsversagungsverfahrens im Zweitstaat auf spezielle Versagungsgründe hin überprüfen zu lassen.[5]

 

Rn 4

Für Verfahren die vor dem 11.01.2015 eröffnet wurden gilt Folgendes (alte Rechtslage): Steht dem ausländischen Verwalter nach seinem Heimatrecht die Befugnis zur Zwangsvollstreckung wie im deutschen Recht aus dem Eröffnungsbeschluss gegen den Schuldner zu, kann die Vollstreckbarkeit im Wege des vereinfachten Exequaturverfahrens nach Art. 25 EuInsVO erlangt werden. Maßgeblich sind die Art. 38-52 EuGVVO a. F. [Brüssel I-VO].

 

Rn 4a

Gegenstand des Exequaturverfahrens ist nicht die Vollstreckung, sondern die für die Vollstreckung erforderliche Genehmigung.[6] Die eigentliche Vollstreckung erfolgt gemäß dem Verfahren, wie sie auch bei deutschen Verfahren stattfinden würde.

 

Rn 5

Nach Art. 102 § 8 Abs. 1 Satz 2 EGInsO gelten die vorhergehenden Erläuterungen auch, wenn der ausländische Verwalter entsprechend § 165 InsO Massebestandteile im Wege der Zwangsvollstreckung verwerten will.[7]

 

Rn 6

Die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens in Deutschland hindert zwar die Wirkungserstreckung der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens durch ein ausländisches Gericht auf das inländische Vermögen des Schuldners, sie steht aber der Vollstreckbarerklärung der Eröffnungsentscheidung des ausländischen Gerichts regelmäßig nicht im Wege.[8]

[1] So auch HK-Stephan, Art. 102 § 8 EGInsO Rn. 1; FK-Wenner/Schuster, Art. 102 § 8 EGInsO Rn. 1.
[2] Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.
[3] VO Nr. 1215/2012 in der Fassung vom 12.12.2012 (ABlEU2012 Nr. L 351/1), geändert durch die VO Nr. 542/2014 v. 15.05.2014.
[4] Mäsch, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Art. 39 Brüssel Ia-VO Rn. 1.
[5] Ausführlich dazu Hau, MDR 2014, 1417 (1419).
[6] Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO, Art. 25 Rn. 8; Pannen/Riedemann, NZI 2004, 301 (304); ausführlich zu dem Exequaturverfahren Pannen-Eickmann, Art. 102 § 8 EGInsO, Rn 2-19.
[7] Dazu MünchKomm-Reinhart, Art. 102 § 8 EGInsO Rn. 6-8.
[8] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.07.2004, I-3 W 53/04, NZI 2004, 628,= EWiR 2005, 177 mit Anm. Pannen/Riedemann.

2. Art. 102 § 8 Abs. 2 EGInsO

 

Rn 7

Geht der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bei einem unzuständigen Gericht ein, darf er nicht zurückgewiesen werden. Der Antrag ist an das zuständige Gericht weiterzuleiten und der Antragsteller ist entsprechend zu unterrichten.

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