Gesetzestext

 

(1) 1Der Antrag auf öffentliche Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts der Entscheidungen nach Artikel 21 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 ist an das nach § 1 zuständige Gericht zu richten. 2Das Gericht kann eine Übersetzung verlangen, die von einer hierzu in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union befugten Person zu beglaubigen ist. 3§ 9 Abs. 1 und 2 und § 30 Abs. 1 der Insolvenzordnung gelten entsprechend.

(2) 1Besitzt der Schuldner im Inland eine Niederlassung, so erfolgt die öffentliche Bekanntmachung nach Absatz 1 von Amts wegen. 2Ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt gemacht worden, so ist die Beendigung in gleicher Weise bekannt zu machen.

1. Art. 102 § 5 Abs. 1 EGInsO

 

Rn 1

In Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO n. F.) wird festgelegt, dass auf Antrag des Insolvenzverwalters (nach n. F. explizit auch der Schuldner in Eigenverwaltung) die Eröffnungsentscheidung entsprechend den Bestimmungen des jeweiligen Staates (lex fori concursus) zu veröffentlichen ist. Die Kosten der öffentlichen Bekanntmachung trägt nach § 24 GKG gegenüber der Justizkasse der Antragssteller, gleichwohl sind diese Kosten gemäß Art. 23 EuInsVO (Art. 30 EuInsVO n. F.) Massekosten.[1] Die EuInsVO legt kein einheitliches Verfahren für die öffentliche Bekanntmachung fest, sondern überlässt dies den Mitgliedstaaten, in denen die Bekanntmachung erfolgen soll.[2]

 

Rn 2

Art. 102 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGInsO bestimmt das in Deutschland zuständige Gericht. Der ausländische Insolvenzverwalter hat sich an das nach Art. 102 § 1 EGInsO zuständige Insolvenzgericht zu wenden und bei ihm die Veröffentlichung zu beantragen. Bei diesem Gericht soll sich dadurch im Laufe der Zeit hinreichender Sachverstand für grenzüberschreitende Insolvenzen bilden.[3] Wird der Antrag nach Art. 102 § 5 Abs. 1 EGInsO bei einem unzuständigen Gericht gestellt, so gilt Art. 102 § 6 Abs. 3 EGInsO und der Antrag wird unverzüglich an das zuständige Gericht weitergeleitet.

 

Rn 3

Dass sich der ausländische Insolvenzverwalter an das Insolvenzgericht zu wenden hat, welches seinerseits die Bekanntmachung veranlasst, wurde auch als Weg für das autonome internationale Insolvenzrecht gewählt, vgl. § 345 Abs. 1 Satz 1 InsO.[4]

 

Rn 4

Damit dem Insolvenzgericht die Arbeit erleichtert wird, sieht Art. 102 § 5 Abs. 1 Satz 2 EGInsO entsprechend Art. 19 Unterabsatz 2 EuInsVO (Art. 19 Unterabsatz 2 EuInsVO n. F.) vor, dass eine Übersetzung verlangt werden kann, die in Anlehnung an Art. 55 Abs. 2 der Brüssel-I-Verordnung von einer befugten Person beglaubigt werden muss.[5]

 

Rn 5

Durch die Verweisung in Art. 102 § 5 Abs. 1 Satz 2 EGInsO auf § 9 Abs. 1 und 2, § 30 InsO wird sichergestellt, dass das ausländische Verfahren wie ein inländisches veröffentlicht wird.

[1] Pannen-Eickmann, Art. 102 § 5 EGInsO Rn. 13; Nerlich/Römermann-Commandeur, Art. 102 § 5 EGInsO Rn. 1; MünchKomm-Reinhart, Art. 102 § 5 EGInsO Rn. 15.
[2] Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht, 32 (95), HK-Stephan, Art. 102 § 5 EGInsO Rn. 1.
[3] RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts, BT-Drs. 15/16, S. 16; FK-Wenner/Schuster, Art. 102 § 5 EGInsO Rn. 6; MünchKomm-Reinhart, Art. 102 § 5 EGInsO Rn. 3.
[4] Der unmittelbare Druckauftrag an das jeweilige Publikationsorgan (wie es der DöKV vorsah) wurde vom deutschen Gesetzgeber nicht für europaweit praktikabel gehalten (dem Bundesanzeiger könne nicht zugemutet werden, beispielsweise einen finnischen Eröffnungsbeschluss zu überprüfen), RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts, BT-Drs. 15/16, S. 15.
[5] RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts, BT-Drs. 15/16, S. 16.

2. Art. 102 § 5 Abs. 2 EGInsO

 

Rn 6

Gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 EuInsVO (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO n. F.) kann jeder Mitgliedstaat, in dem der Schuldner eine Niederlassung besitzt, eine obligatorische Bekanntmachung vorsehen.

 

Rn 7

Mit Art. 102 § 5 Abs. 2 EGInsO hat der deutsche Gesetzgeber von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Wenn der Schuldner in Deutschland eine Niederlassung[6] hat, müssen das ausländische Gericht bzw. der ausländische Insolvenzverwalter somit das inländische Insolvenzgericht über die Eröffnung des ausländischen Hauptinsolvenzverfahrens unterrichten, damit es eine öffentliche Bekanntmachung veranlasst. Weitergehende Ermittlungspflichten des deutschen Insolvenzgerichts bestehen nicht.[7]

 

Rn 8

Obwohl in Deutschland eine obligatorische Bekanntmachung des ausländischen Hauptinsolvenzverfahrens vorgesehen ist, darf diese nicht zu einer Bedingung für die Anerkennung des Verfahrens erklärt werden.[8] Dies würde nämlich dem Grundsatz der automatischen Anerkennung des (EU-)ausländischen Insolvenzverfahrens widersprechen, vgl. Art. 16, 17 EuInsVO (Art. 19, 20 EuInsVO n. F.). Eine Haftung des Verwalters, der die für die Bekanntmachung erforderlichen Maßnahmen nicht getroffen hat, ist allerdings nicht ausgeschlossen.[9]

 

Rn 9

Es soll nicht nur die Eröffnung des ausländischen Verfahrens, sondern auch dessen Beendigung öffentlich bekannt gemacht werden, ...

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