Rn 72

Bei der Veräußerung von beweglichen Gegenständen, an denen ein Absonderungsrecht besteht, erbringt der Insolvenzverwalter wegen der Vereinnahmung der Verwertungskostenpauschalen des § 171 Abs. 2 oder der konkreten Verwertungskosten eine entgeltliche Leistung an den Sicherungsnehmer, die umsatzsteuerpflichtig ist. Das Gegenteil hatte der BFH[158] noch in seiner Entscheidung vom 18. 8. 2005 entschieden. Die Finanzverwaltung hat diese Linie in Abschn. 1.2 Abs. 3 Satz 2 UStAE zu § 1 UStG umgesetzt: "Die Feststellungskostenpauschale und die Verwertungskostenpauschale bzw. die tatsächlichen Kosten der Verwertung sind kein Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung des Insolvenzschuldners – vertreten durch den Insolvenzverwalter – an den Sicherungsnehmer." Der BFH[159] hält hieran jedoch ausdrücklich nicht mehr fest. Der Schwenk der Rechtsprechung des BFH erfolgte mit Blick auf die Veräußerung von beweglichen Gegenständen zwar gewissermaßen nur en passant im Zuge der Begründung der eigentlich entscheidungserheblichen Frage der Behandlung der freihändigen Veräußerung eines mit einem Grundpfandrecht belastetes Grundstück aufgrund einer mit dem Grundpfandgläubiger getroffenen Vereinbarung durch den Insolvenzverwalter (dazu § 165 Rn. 112). Gleichwohl führt an der Änderung der Rechtsprechung wohl kein Weg vorbei und auch die Praxis der Finanzverwaltung wird sich entsprechend anpassen müssen.

 

Rn 73

Zur Begründung verweist der BFH darauf, dass bei der Verwertung beweglicher Gegenstände, an denen ein Absonderungsrecht besteht, der Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 1 zwar freihändig verwerten darf, wenn er die Sache in seinem Besitz hat. Er sei jedoch nicht zur freihändigen Verwertung solcher Gegenstände verpflichtet, da er sie gem. § 170 Abs. 2 auch dem Gläubiger und damit dem Sicherungsnehmer zur Verwertung überlassen kann. Verwerte der Insolvenzverwalter die vom Insolvenzschuldner zur Sicherheit dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) übertragenen Gegenstände im Namen des Sicherungsnehmers, liege daher ein sog. Doppelumsatz aufgrund einer Lieferung durch die Insolvenzmasse an den Gläubiger und durch den Gläubiger an den Erwerber vor. Das Entgelt für die Lieferung der Masse an den Gläubiger entspreche dann dem Betrag in Höhe der Schuldbefreiung, die sich für die Masse aufgrund der Verwertung durch den Gläubiger ergebe. Der BFH stellt aber klar, dass vorweg zu begleichende Kosten der Feststellung nicht zum Entgelt gehören.

Für zurückliegende Sachverhalte darf der Insolvenzverwalter wegen der nicht vorhersehbaren Änderung der Rechtsprechung des BFH auf Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 1 AO hoffen.[160]

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