Entscheidungsstichwort (Thema)

Ankauf von Rohprodukten zwecks Veredelung und nachfolgenden Weiterverkaufs. Abstimmungsprobleme bei Molkerei und Milcherzeuger hinsichtlich des Ankaufs von Milch. Bestimmmung des Kaufpreises nach billigem Ermessen. Anruf des zuständigen Gerichts zur Bestimmung des Rahmens der Billigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Sind sich eine Molkerei und ein Milcherzeuger ihres Einzugsgebiets über die Höhe des Kaufpreises für die von dem Milcherzeuger gelieferte Milch nicht einig, so kann in entsprechender Anwendung des § 315 BGB einerseits der Molkerei das Recht zustehen, den Kaufpreis nach billigem Ermessen zu bestimmen, und andererseits dem Milcherzeuger das Recht, wenn die Bestimmung nicht der Billigkeit entspricht, sie durch Urteil treffen zu lassen.

Die Rechte des Milcherzeugers aus entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB und seine Rechte wegen Verletzung des § 26 Abs. 2 GWB können nebeneinander geltend gemacht werden.

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.06.1962)

LG Duisburg

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 1962 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision an den Kartellsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesene.

 

Tatbestand

Die Klägerin besitzt in E. (Kreis M.) einen landwirtschaftlichen Betrieb - den H. -, auf dem sie auch eine größere Anzahl von Milchkühen halt. Die in dem Betrieb erzeugte Milch wird an die beklagte Molkereigenossenschaft geliefert, zu deren Molkerei-Einzugsgebiet im Sinne des § 1 des Milch- und Fettgesetzes der Betrieb der Klägerin gehört.

Weil die Klägerin nicht Mitglied der beklagten Genossenschaft ist, wird seit November 1954 gemäß einem Rundschreiben der Beklagten vom 25. November 1954 jeweils ein Teil des der Klägerin an sich zustehenden Milchgeldes als sog. "Abzug für Nichtgenossen" einbehalten und ihr auf einem Sonderkonto gutgeschrieben. Die Auszahlung eines Teilbetrages dieser "Abzüge für Nichtgenossen" in Höhe von 2.000 DM fordert die Klägerin in dem zuerst angestrengten, in der Revisionsinstanz gleichzeitig zur Verhandlung und Entscheidung anstehenden Rechtsstreit KZR 7/63 = 8.O.110/59 LG. Duisburg. Die Auszahlung eines anderen Teilbetrags der "Abzüge für Nichtgenossen" von 3.603,92 DM fordert die Klägerin in dem hier vorliegenden Rechtsstreit 8.O.26/61 LG. Duisburg, der insoweit aber noch im ersten Rechtszug anhängig ist.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, soweit er in die Revisionsinstanz gelangt ist, sind die sog. "Werkmilchabzüge", die die Beklagte vorgenommen hat, solange der Viehbestand der Klägerin noch nicht tuberkulosefrei war. Unter Hinweis auf die Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. April 1957 (Zweite Verordnung zur Änderung der Dritten. Milchverordnung GVBl. NW S. 97) - nach deren § 1 Nr. 7 Art. 4 Milch aus amtlich als tuberkulosefrei anerkannten Beständen und Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen unterschiedlich bezahlt werden und dieser Unterschied im Auszahlungspreis mindestens 2 Pf je kg Milch betragen sollte, - hatte die Beklagte ihren Milchlieferanten in einem Rundschreiben vom 30. Mai 1957 bekanntgegeben, daß der Vorstand beschlossen habe, ab 1. Mai 1957 einen unterschiedlichen Auszahlungsbetrag von 3 Pfg festzusetzen. In einem weiteren Rundschreiben vom 24. Februar 1959 teilte die Beklagte den Beschluß ihres Vorstandes und Aufsichtsrates mit, ab 1. April 1959 bei denjenigen Werkmilchlieferanten, die sich bis dahin noch nicht dem Tbc-Tilgungsverfahren angeschlossen haben würden, statt eines Werkmilchabschlags von 3 Pfg einen solchen von 5 Pfg vorzunehmen. In einem Rundschreiben vom 1. Juni 1960 schließlich gab die Beklagte den Beschluß ihres Vorstandes bekannt, ab 1. September 1960 den Werkmilchabzug auf 10 Pfg festzusetzen.

Gemäß diesen Rundschreiben hat die Beklagte an dem Preis für die von der Klägerin angelieferte Milch in den Jahren 1957 bis 1960 zunächst 3 Pfg, später 5 Pfg und schließlich 10 Pfg je kg abgezogen. Die Klägerin hält diese Abzüge, soweit sie 2 Pfg je kg übersteigen, für unzulässig und hat sich danach errechnet, daß ihr in der Zeit vom 1. Juli 1957 bis zum 10. November 1960 insgesamt 4.040,91 DM zuviel abgezogen worden seien.

Mit der vorliegenden, im Januar 1965 eingereichten Klage hat die Klägerin die Auszahlung dieses Betrages von 4.040,91 DM ("Werkmilchabzug") sowie die Auszahlung des oben genannten Betrages von 3.603,92 DM ("Nichtgenossen-Abzug") gefordert und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.644,83 DM. nebst 9 % Zinsen seit Klagezustellung (18. Mai 1961) zu zahlen.

Zur Begründung ihres Antrages auf Auszahlung der den Betrag von 2 Pfg je kg übersteigenden "Werkmilehabzüge" hat die Klägerin unter anderem vorgetragen: Die Beklagte habe diese Abzüge nur vorgenommen, um sich das Kapital zu beschaffen, das für die Fusionierung der O. mit der D. Milchgenossenschaft erforderlich gewesen sei. Es gehe aber nicht an, Nichtgenossen durch einseitige Änderung des vereinbarten Kaufpreises der Milch zur Deckung des Kapitalbedarfs der Genossenschaft heranzuzichen. Die Beklagte nutze damit sittenwidrig ihre Monopolstellung aus.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der "Werkmilchabzüge" hat sie unter anderem entgegnet: Zu den Abzügen sei sie nach der Verordnung vom 16. April 1957 berechtigt und verpflichtet gewesen. Die Gründe für die Höhe der Abzüge habe sie jeweils in ihren Rundschreiben dargelegt. Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen dürfe nach dem Gesetz nur als sog. Werkmilch verwendet werden, müsse besonders gelagert und verarbeitet werden und verursache deshalb zusätzliche Kosten. Diese Kosten seien umso höher, je weniger Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen angeliefert werde. Deshalb sei der Werkmilchabzug schließlich auf 10 Pfg je kg erhöht worden, nachdem Anfang des Jahres 1960 bei. 99,6 % aller Milchlieferanten ihres Einzugsgebiets die Sanierung durchgeführt gewesen sei.

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 13. Juli 1961 die Klage in Höhe eines Betrages von 4.040,91 DM (Werkmilchabzug) abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt: Die Klägerin habe sich dadurch, daß sie in Kenntnis der Rundschreiben der Beklagten die Milch weiterhin an die Beklagte geliefert habe, den in den Rundschreiben bekanntgegebenen Kaufbedingungen der Beklagten unterworfen. Die niedrigere Bemessung des Kaufpreises für Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen sei nach der Verordnung vom 16. April 1957 gerechtfertigt und die Hohe der Abzüge sei mit Rücksicht auf die mindere Qualität diesser Milch, ihre beschränkte Verwendbarkeit und die Kostspieligkeit gesonderter Aufbewahrung und Verarbeitung auch nicht unbillig. Es liege auch kein Mißbrauch einer etwaigen Monopolstellung der Beklagten vor, weil keiner der Tatbestände gegeben sei, in denen nach der Rechtsprechung der Mißbrauch einer Monopolstellung gefunden werde.

Die von der Klägerin gegen dieses Teilurteil eingelegte Berufung ist durch das hier angefochtene Urteil des Oberlandesgerichts vom 28. Juni 1962 (6.U.266/61) zurückgewiesen worden. In der Berufungsinstanz hatte die Klägerin insbesondere noch folgendes geltend gemacht: sie habe sich mit den Herabsetzungen des Kaufpreises durch die Beklagte weder ausdrücklich noch stillschweigend einverstanden erklärt, sondern allen einseitigen Maßnahmen der Beklagten und auch den Preisherabsetzungen wiederholt widersprochen; die Beklagte habe die von der Klägerin gelieferte Milch nicht gesondert, sondern ebenso wie die übrige eingelieferte Milch behandelt und auch zur Herstellung von Trinkmilch verwendet; auf die Verordnung vom 16. April 1957 könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Verordnung insoweit, als sie das Wort "mindestens" enthalte und damit den Molkereien eine Preisfestsetzung übertrage, nicht rechtsgültig sei.

Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren in den Vorinstanzen abgewiesenen Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.040,91 DM nebst Zinsen weiter.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Das Bundeskartellamt hat zu den in diesem Rechtsstreit aufgeworfenen kartellrechtlichen Fragen schriftsätzlich und in der mündlichen Revisionsverhandlung Stellung genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht legt nach einem einleitenden Hinweis auf die Bestimmungen des Milch- und Fettgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952 (MFG) dar, daß trotz des in § 1 MFG verfügten "Kontrahierungszwanges" die zwischen einer Molkerei und den Milcherzeugern ihres Einzugsgebietes begründeten Rechtsverhältnisse nach bürgerlichem Recht zu beurteilen seien. Es handele sich um Kaufvertrage. Milcherzeuger und Molkerei schlossen bei jeder Milchanlieferung stillschweigend einen Kaufvertrag über die angelieferte Menge und legten dabei jeweils stillschweigend die einmal vereinbarten Bedingungen zugrunde, bis deren Abänderung erfolge.

Im Streitfall seien, wie das Berufungsgericht fortfährt, die von der Beklagten der Klägerin mitgeteilten Änderungen des Auszahlungspreises für Werkmilch als jeweils zwischen den Parteien vereinbart anzusehen Auf die Verordnung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen vom 16. April 1957 und auf die Frage ihrer verfassungsrechtlichen Gültigkeit komme es dabei nicht an; eine Preisvorschrift, welche, die Parteien gehindert hätte, einen Preis in der festgelegten Abstufung zu vereinbaren, sei jedenfalls nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, daß sie den Absichten der Beklagten, den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis durch Abzüge zu ändern, laufend widersprochen habe. Ein solcher Widerspruch habe keinesfalls genügt. Der Klägerin sei auf Grund der Rundschreiben der Beklagten bekannt gewesen, daß diese die Milch von ihren Lieferanten nur noch zu den in den Rundschreiben genannten Preisen ankaufen werde. Wenn die Klägerin mit diesen Preisen, nicht einverstanden gewesen sei, habe sie es nicht bei Widersprüchen allein bewenden lassen dürfen, sondern habe die Behörden um ein Einschreiten gegen die nach ihrer Ansicht unzulässigen Maßnahmen der Beklagten angehen oder zumindest den Versuch machen müssen, nach § 8 MFG von der Lieferpflicht an die Beklagte befreit und einer anderen Molkerei zugewiesen zu werden. Daraus, daß sie nichts dergleichen unternommen und die Milch weiter an die Beklagte geliefert habe, müsse nach Treu und Glauben geschlossen werden, daß sie sich trotz ihrer schriftlichen Proteste den Preisen der Beklagten unterworfen und sich somit doch mit ihnen einverstanden erklärt habe.

Im übrigen gälten diese Preise, wie das Berufungsgericht zusätzlich ausführt, auch ohne daß die Klägerin im Einzelfall ihr Einverständnis damit erklärt habe. Die Molkereien seien Einrichtungen, denen im Interesse der Volksgesundheit besondere Aufgaben zugeteilt sind, und müßten diesen Aufgaben auch ihre Preiskalkulation als selbständige Unternehmer anpassen Schon nach der Art des Betriebes sei es ihnen nicht möglich, mit ihren einzelnen Lieferanten besondere Preise auszuhandeln Sie mußten deshalb nach § 315 BGB als berechtigt angesehen werden, den Milchauszahlungspreis nach billigem Ermessen von sich aus zu bestimmen. Die Beklagte habe diese Bestimmung durch ihre Rundschreiben getroffens und ihre Bestimmung sei nach § 315 Abs. 3 BGB für die Klägerin verbindlich gewesen, wenn sie der Billigkeit entsprochen habe.

Entgegen der Meinung der Klägerin sei die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung der Werkmilchabzüge, auch soweit diese über 2 Pfg je kg abgelieferte Milch hinausgingen, weder als unbillig im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB noch als ein Mißbrauch ihrer nach den §§ 1 und 2 AG bestehenden Monopolstellung im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Reichsgerichts über den Monopolmißbrauch zu betrachten. Die Werkmilchabzüge für Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen seien vielmehr sachlich gerechtfertigt, weil damit ein Anreiz zu der im Interesse der Volksgesundheit liegenden Sanierung der Viehbestände gegeben werde und die vorgeschriebene gesonderte Aufbewahrung und Verarbeitung solcher Milch notwendigerweise besondere Kosten verursache. Wie hoch diese Mehrkosten sich bei der Beklagten im einzelnen gestellt hätten, brauche nicht untersucht zu werden.

II.

Den von der Revision hiergegen erhobenen Rügen konnte jedenfalls im Ergebnis der Erfolg nicht versagt werden.

1.

Rechtlichen Bedenken begegnet bereits die Auffassung des Berufungsgerichts, daß trotz der schriftlichen Proteste der Klägerin in ihrem sonstigen Verhalten die Erklärung ihres Einverständnisses mit den von der Beklagten bekanntgegebenen Preisabzügen zu finden sei.

Das Berufungsgericht geht davon aus oder unterstellt zumindest, daß die Klägerin "den Absichten der Beklagten, den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis durch Abzüge zu ändern, laufend widersprochen habe". Ist das aber der Fall, so vermag die Begründung des Berufungsgerichts dafür, daß die Klägerin sich gleichwohl durch schlüssiges Verhalten mit den Preisabzügen einverstanden erklärt habe, dieses Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Daraus allein, daß Die weiterhin Milch an die Molkerei der Beklagten lieferte, konnte nicht auf ihr Einverständnis mit den Praisabzügen geschlossen werden, weil sie nach § 1 Abs. 1 MFG die auf ihrem Hof erzeugte Milch, wenn sie sie überhaupt in Verkehr bringen und nicht etwa selbst verbrauchen wollte, nur an die Molkerei der Beklagten liefern durfte. Aber auch in Verbindung mit den weiteren, vom Berufungsgericht herangezogenen Umständen konnte in der Fortsetzung der Milchlieferungen nicht die Erklärung des Einverständnisses der Klägerin mit den Preisabzügen der Beklagten erblickt werden. Ob die Klägerin hätte versuchen können und ob sie ernstlich versucht hat, gemäß § 8 MFG ihre Zuweisung an eine andere Molkerei zu erreichen, ist in dem hier zu erörternden Zusammenhang ohne Bedeutung. Es ist schon zweifelhaft, ob es überhaupt mit Sinn und Zweck des § 8 MFG vereinbar sein würde, lediglich wegen einer Preisstreitigkeit der hier in Rede stehenden Art die Zuweisung eines Milcherzeugers an eine Molkerei zu ändern (vgl. dazu Hamann, Kommentar zum Milch- und Fettgesetz, § 8 Anm. B 4 c) aa) S. 69, und v. Flotow/Lüdemann, Milch- und Fettwirtschafts-Recht Bd. 2, Anm. IV 2 a zu § 8 MFG).

Es ist darüber hinaus aber auch nichts dafür dargetan, daß es in einer für die Klägerin erreichbaren Nähe überhaupt eine Molkerei gab, die einen günstigeren Auszahlungspreis für Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen gewährte als die Beklagte; und selbst wenn es eine solche Molkerei gegeben haben sollte, so könnten doch andere Erwägungen die Klägerin davon abgehalten haben, sich ihr zuweisen zu lassen. Daraus, daß die Klägerin ihre Zuweisung an eine andere Molkerei nicht oder nicht ernstlich betrieb, konnte daher nichts dafür entnommen werden, daß sie mit den Preisabzügen der Beklagten einverstanden gewesen wäre. Ob die Klägerin "die Behörden" um ein Einschreiten gegen die Maßnahmen der Beklagten hätte angehen können, ist in dem hier zu erörternden Zusammenhang ebenfalls ohne Bedeutung. Wie die Revision mit Recht rügt, ist im Berufungsurteil eine Angabe darüber zu vermissen, welche Behörde die Klägerin hätte anrufen sollen. Ob sie etwa bei der Kartellbehörde hätte anregen können, nach § 22 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 GWB einzuschreiten, kann hier unerörtert bleiben. Denn da sich ersichtlich weder die Klägerin noch die Beklagte einer solchen Möglichkeit bewußt gewesen sind, könnte daraus, daß die Klägerin davon keinen Gebrauch gemacht hat, nicht der Schluß gezogen werden, daß sie mit den Preisabzügen der Beklagten einverstanden war. Sollte das Berufungsgericht bei seiner Bemerkung an die Möglichkeit gedacht haben, die ordentlichen Gerichte anzurufen, so würde die Klägerin von dieser Möglichkeit doch jedenfalls durch die Erhebung der hier zur Entscheidung stehenden Klage Gebrauch gemacht haben.

2.

Muß demnach die Auffassung des Berufungsgerichts, daß im Verhalten der Klägerin die Erklärung ihres Einverständnisses mit den von der Beklagten bekanntgegebenen Preisabzügen zu finden sei, als von Rechtsirrtum beeinflußt angesehen werden, so ist damit für die Revision indes noch nichts Entscheidendes gewonnen, weil den unter Hinweis auf § 315 BGB gemachten zusätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichts, daß es der Erklärung des Einverständnisses der Klägerin mit den Preisabzügen garnicht bedurft habe, aus folgenden Gründen jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen ist;

a)

Durch die Bestimmung der Molkerei-Einzugsgebiete nach § 1 Abs. 1 MFG wird festgelegt, welche Milcherzeuger die Milch, die sie in den Verkehr bringen, an welche Molkerei zu liefern haben; für die Milcherzeuger besteht danach eine "Kontrahierungsbeschränkung" insofern, als sie ihre Milch, wenn sie sie in den Verkehr bringen wollen, nun an eine bestimmte Molkerei liefern dürfen. Für die Molkereien dagegen besteht voller "Kontrahierungszwang" (BGHZ 33, 259, 262); durch § 1 Abs. 4 MFG ist ihnen nicht nur die Auswahl ihrer Lieferanten genommen, sondern auch die Verpflichtung zur Abnahme der von den zugewiesenen Milcherzeugern gelieferten Milch auferlegt. Im übrigen aber werden die Rechtsbeziehungen zwischen Milcherzeuger und Molkerei in bezug auf die Milchlieferungen durch die Bestimmungen des § 1 MFG nicht berührt. Diese Rechtsbeziehungen sind, wie auch das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, bürgerlichrechtlicher Natur. Ob die Molkerei von einer Genossenschaft oder ob sie als sog. "Privatmolkerei" betrieben wird, ist jedenfalls für die Rechtsbeziehungen eines Nichtgenossen zu der Molkerei ohne Bedeutung. Mögen bei einer genossenschaftlich organisierten Molkerei die Rechtsverhältnisse zu denjenigen Milcherzeugern, die zugleich Genossen sind, auch durch die Satzung oder durch Beschlüsse geregelt werden können, so sind doch die Rechtsbeziehungen eines nicht der Genossenschaft angehörenden Milcherzeugers zu einer Genossenschaftsmolkerei ebenso wie die eines Milcherzeugers zu einer "Privatmolkerei" nach allgemeinem bürgerlichrechtlichem Vertragsrecht zu beurteilen. Die zwischen Milcherzeuger und Molkerei über die Milchlieferungen abgeschlossenen Verträge sind ihrem Gegenstand nach Kaulverträge im Sinne der §§ 433 ff BGB. Ob mit jeder Milchanlieferung ein Kaufvertrag über die angelieferte Menge abgeschlossen wird (wie das Berufungsgericht meint), ob es sich also um sog. Wiederkehrschuldverhältnisse handelt (so auch Hamann a.a.O. § 1 Anm. B 2 g S. 34 unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Hamm vom 6.10.1955), oder ob die Milchlieferungen auf Grund eines Dauer-Bezugsvertrags erfolgen (wie die Revision meint), spielt für die hier zu erörternde Rechtslage keine Rolle und kann daher hier unentschieden bleiben (zur Abgrenzung zwischen Wiederkehrschuldverhältnissen und Dauer-Bezugsverträgen vergl. auch das Urteil des Senats KZR 9/62 vom 5.12.1963 unter II 3 b) aa) - Mikrophos -, inzwischen teilweise abgedruckt in BB 1964, 59 und MDR 1964, 212).

b)

Ein wesentliches Erfordernis für das Zustandekommen eines Kaufvertrages ist es an sich, daß die Vertragspartner über den Kaufpreis oder doch wenigstens über die Art der Bestimmung des Kaufpreises einig sind. Da in bezug auf den hier allein streitigen Abzug von mehr als 2 Pfg je kg für Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen eine für die Parteien verbindliche gesetzliche Vorschrift nicht bestand, unterlag der Milchkaufpreis insoweit der freien Vereinbarung der Parteien. Wird bei Zulässigkeit freier Vereinbarung der Milchkaufpreis zwischen Molkerei und Milcherzeuger ausdrücklich vereinbart, oder wird der Milchkaufpreis zwar einseitig von der Molkerei bestimmt, von den Milcherzeugern aber durch schlüssiges Verhalten angenommen, oder ist schließlich die Molkerei auf Grund ausdrücklicher Vereinbarung oder stillschweigender Zustimmung der Milcherzeuger befugt, den Milchkaufpreis nach § 315 BGB zu bestimmen, so ist insoweit am Zustandekommen eines wirksamen Vertrages nicht zu zweifeln. Aber auch wenn Milcherzeuger und Molkerei sich weder über den Milchkaufpreis noch über seine Bestimmung durch die Molkerei einig sind, wenn vielmehr - wie im Streitfall - der Milcherzeuger der Bestimmung des Milchkaufpreises durch die Molkerei ausdrücklich widerspricht, kann gleichwohl ein wirksamer Kaufvertrag zwischen ihnen Zustandekommen, Es entspricht der Lebenswirklichkeit und nach dem hier vorliegenden Sachverhalt ersichtlich auch der Vorstellung der Parteien dieses Rechtsstreits, daß Personen, die kraft gesetzlicher Verpflichtungen, wie sie hier in § 1 MFG gegeben sind, zwangsläufig als Lieferer und Abnehmer einer Ware zueinander in dauernde Beziehung treten müssen, ihre Beziehungen als vertragliche Beziehungen, und zwar als kaufvertragliche Beziehungen betrachten und daß sie nicht in einem vertragslosen Zustand handeln wollen, in dem sich die von ihnen erbrachten und zu erbringenden Leistungen nur nach den für solche Dauerbeziehungen gar nicht passenden Vorschriften der §§ 812 ff BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung beurteilen würden. In einem Fall wie dem vorliegenden und zumindest dann, wenn - wie hier - nur noch die Einigung über eine auf einen besonderen Umstand - hier die Herkunft der Milch - bezogene Kaufpreisspitze fehlt, kann und muß daher angenommen werden, daß entgegen der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB auch ohne Einigung über diesen Punkt nach dem Willen der beiden Geschäftspartner wenigstens im übrigen ein Vertrag Zustandekommen soll. Die dabei verbleibende Lücke im Vertrag muß, wenn auch später keine Einigung über diesen Punkt erfolgt, den gesetzlichen Bestimmungen gemäß ausgefüllt werden (BGB-RGRK 11. Aufl. § 154 Anm. 2; RGZ 60, 174, 178; RG in "Das Recht" 1941 Nr. 3853). Zur Ausfüllung der Lücke bietet sich in einem Fall wie dem vorliegenden die entsprechende Anwendung der Vorschriften des § 315 BGB an. In Anbetracht der nach § 1 MFG nun einmal bestehenden, in § 100 Abs. 8 GWB ausdrücklich anerkannten Beschränkungen der Vertragsfreiheit wird einerseits das in § 315 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Bestimmungsrecht der einen Partei den berechtigten Belangen der Molkerei und andererseits der dort in Abs. 3 enthaltene Schutzgedanke den berechtigten Belangen der Milcherzeuger am ehesten gerecht (zur entsprechenden Anwendung des § 315 BGB in ähnlichen Fällen vgl. schon RGZ 111, 310, 313 für den fall eines Stromlieferungsvertrags, ferner BGHZ 38, 183, 186 für den Ball unbilliger Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sowie allgemein Lukes in NJW 1963, 1897 ff). Da es der Molkerei schon mit Rücksicht auf den Grundsatz der Gleichbehandlung, den sie wegen ihrer Monopolstellung beachten muß (vgl. Hamann a.a.O. § 1 Anm. B 2 g S. 36), nicht zugemutet werden kann, sich den besonderen Wünschen jedes einzelnen Milcherzeugers zu fügen und ihm den gerade ihm genehmen Milchkaufpreis zu bewilligen, muß ihr das in § 315 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Recht zur einseitigen Bestimmung des offengebliebenen Vertragspunktes nach billigem Ermessens zugestanden werden. Den Belangen des Milcherzeugers andererseits, der die einseitige Bestimmung der Molkerei nicht hinnehmen will, ist damit Genüge getan, daß bei entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB die einseitige Bestimmung der Molkerei für den Milcherzeuger nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht, und andernfalls die Bestimmung durch Urteil getroffen werden kann und muß. Insofern steht daher die einseitige Bestimmung durch die Molkerei unter dem Vorbehalt anderweitiger Bestimmung durch das Gerichte.

3.

Daß danach weiterhin zu prüfen ist, ob die in den Rundschreiben der Beklagten bekanntgegebenen "Werkmilchabzüge" im Sinne der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 315 Abs. 3 BGB der Billigkeit entsprochen haben, hat das Berufungsgericht an sich richtig gesehen. Das Berufungsgericht hat sich ferner - an sich ebenfalls richtigerweise - verpflichtet gesehen zu prüfen, ob in diesen Werkmilchabzügen ein Mißbrauch der nach den §§ 1 und 2 MFG bestehenden Monopolstellung der Beklagten, also ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne der §§ 138, 826 BGB (BGB-RGRK 11. Aufl. § 138 Anm. 28 und § 826 Anm. 46), liegt; es ist jedoch insoweit schon im Ausgangspunkt einem Rechtsirrtum unterlegen, indem es den von ihm angeführten Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ 99, 107; 106, 386; 133, 388; 143, 24, 28) irrigerweise eine abschließende allgemeingültige Begriffsbestimmung des Monopolmißbrauchs entnommen und sich damit selbst einen zu engen Prüfungsmaßstab gesetzt hat. Vor allem aber hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, es unterlassen, auch die Möglichkeit eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des § 26 Abs. 2 GWB in Erwägung zu ziehen.

a)

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 26 Abs. 2 GWB könnte, wie auch das Bundeskartellamt meint, hier in der Tat in Betracht kommen. Die beklagte Molkerei ist in ihrem Einzugsgebiet (§ 1 MFG) ein marktbeherrschendes unternehmen im Sinne des § 26 Abs. 2 und ist auch nicht etwa durch die Vorschrift des § 100 Abs. 8 GWB von dem Diskriminierungsverbot des § 26 Abs. 2 freigestellt (vgl. BGHZ 33, 259, 261/62).

Die Klägerin ist als Inhaberin eines landwirtschaltlichen Erzeugerbetriebes ein "anderes Unternehmen" im Sinne des § 26 Abs. 2, und die Maßnahmen der Beklagten, die die Klägerin nicht gelten lassen will, sind im Sinne des § 26 Abs. 2 in einem Geschäftsverkehr erfolgt, der gleichartigen Unternehmen, nämlich den übrigen Milcherzeugern im Einzugsgebiet der Beklagten, üblicherweise zugänglich ist. In diesem Geschäftsverkehr durfte die Beklagte nach § 26 Abs. 2 die Klägerin weder unmittelbar oder mittelbar unbillig behindern (1. Alternative) noch gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln (2. Alternative). Von diesen beiden Alternativen kommt im vorliegenden Fall nach der insoweit vom Bundeskartellamt abweichenden Auffassung des erkennenden Senats weniger die erste als die zweite in Betracht. Zwar gilt auch das Behinderungsverbot der 1. Alternative nicht nur im Verhältnis zu den Wettbewerbern des marktbeherrschenden Unternehmens, sondern auch im Verhältnis zu seinen Abnehmern oder Lieferanten (Benisch im Gemeinschaftskommentar zum GWB 2. Aufl. § 26 Rdn. 44; BGHZ 38, 90, 101); soweit hier von einer "unbilligen Behinderung" der Klägerin durch Gewährung eines unbilligen Preises für die von ihr abgelieferte Milch gesprochen werden kann, gehört das jedoch mehr in den Gedankenkreis des § 22 Abs. 3 GWB und des § 315 Abs. 3 BGB als in den des § 26 Abs. 2 GWB. Es liegt näher, den hier gegebenen Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt der 2. Alternative zu prüfen. Dabei können nach der Auffassung des erkennenden Senats Milcherzeuger mit tuberkulosefreiem Viehbestand und solche mit nichttuberkulosefreiem Viehbestand durchaus als "gleichartige unternehmen" nicht nur im Sinne des Oberbegriffs des § 26 Abs. 2 GWB ("Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist"), sondern auch im Sinne der 2. Alternative (Verbot sachlich nicht gerechtfertigter unterschiedlicher Behandlung "gegenüber gleichartigen Unternehmen") betrachtet werden, ohne daß es hierfür noch der vom Bundeakartellamt für erforderlich gehaltenen weiteren Feststellungen zur "Gleichartigkeit" der gelieferten Milch bedürfte.

b)

Die Rechte des Milcherzeugers aus entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB und seine Rechte wegen einer Verletzung des § 26 Abs. 2 GWB sowie etwaige weitergehende Rechte aus §§ 138, 826 BGB können nebeneinander geltend gemacht werden, und zwar unabhängig von der Möglichkeit, daß auch die Kartellbehörde nach § 22 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 GWB einschreitet und der betroffene Milcherzeuger ein solches Einschreiten anregt (vgl. Bartholomeyczik im Gemeinschaftskommentar zum GWB 2. Aufl., §§ 22 Rdn. 112).

Was insbesondere das Verhältnis von § 315 Abs. 3 BGB einerseits und § 26 Abs. 2 GWB 2. Alternative andererseits zueinander anlangt, so besteht ein Unterschied nicht nur hinsichtlich der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen, unter denen die Vorschriften überhaupt anwendbar werden können (Bestimmung einer vertraglichen Leistung durch eine der Vertragsparteien in § 315 Abs. 3 BGB - Geschäftsverkehr zwischen einem marktbeherrschenden Unternehmen auf der einen und gleichartigen Unternehmen auf der anderen Seite in § 26 Abs. 2 GWB), sondern auch hinsichtlich der Gesichtspunkte, die für die Prüfung eines Verhaltens unter diesen Vorschriften maßgebend sein müssen. § 315 Abs. 3 BGB stellt lediglich darauf ab, ob die von dem einen Vertragspartner getroffene Bestimmung der vertraglichen Leistung "der Billigkeit" entspricht, und erfordert damit im wesentlichen eine Prüfung und Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessenlage nur bei den beiden Vertragspartnern (BGHZ 18, 149, 152; BGH NJW 1961, 1251 Nr. 2 = GRUR 1961, 432, 435). Die 2. Alternative des § 26 Abs. 2 GWB dagegen setzt eine unterschiedliche Behandlung des "Diskriminierten" gegenüber gleichartigen unternehmen voraus und erfordert daher für die Prüfung, ob die unterschiedliche Behandlung "ohne sachlich gerechtfertigten Grund" erfolgt, die Einbeziehung auch des Verhaltens des "diskriminierenden" Unternehmens gegenüber den anderen "gleichartigen Unternehmen". Da indes im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB die wirtschaftlichen Interessen des die Leistung bestimmenden Teils im ganzen, also auch hinsichtlich seiner Beziehungen zu anderen Geschäftspartnern zu berücksichtigen und im Rahmen des § 26 Abs. 2 GWB auch die Verhältnisse des unterschiedlich behandelten Gegners zumindest mitzuberücksichtigen sind (Benisch a.a.O. § 26 Rdn. 49 und 53), wird die Prüfung unter beiden Vorschriften im einzelnen Fall oft zu dem gleichen Ergebnis führen können.

Auch hinsichtlich der Beweislast besteht kein wesentlicher Unterschied, da im Falle des § 315 Abs. 3 BGB der die Leistung Bestimmende zu beweisen hat, daß die von ihm getroffene Bestimmung der Billigkeit entspricht (BGB-RGRK 11. Aufl. § 315 Anm. 5; Palandt BGB 23, Aufl. § 315 Anm. 4), und im Falle des § 26 Abs. 2 GWB 2. Alternative das unterschiedlich handelnde Unternehmen für das Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes beweispflichtig ist (OLG Celle WuW/E OLG 254, 259; Gentz WuW 1961, 587 ff, 607; Benisch a.a.O. § 26 Rdn. 49 a.E.). Es ist daher auch nicht etwa - in einem Fall wie dem vorliegenden - ein "gerechter Preis" von Amts wegen zu ermitteln, sondern sowohl unter dem Gesichtspunkt des § 315 Abs. 3 BGB als auch unter dem des § 26 Abs. 2 GWB 2. Alternative lediglich zu prüfen, ob die getroffene Bestimmung (oder gegebenenfalls eine etwa an ihre Stelle zu setzende andere Bestimmung) nach dem, was der Bestimmende dazu vorträgt und unter Beweis stellt, sich in den Grenzen hält, die durch die Vorschriften des § 315 Abs. 3 BGB und des § 26 Abs. 2 GWB gezogen sind.

Schließlich können auch die aus den beiden Vorschriften herzuleitenden Rechtsfolgen die gleichen sein: im Falle des § 315 Abs. 3 BGB soll zwar an sich, wenn die von dem einen Vertragsteil getroffene Bestimmung der Leistung nicht der Billigkeit entspricht, die Bestimmung "durch Urteil", also durch Gestaltungsurteil, getroffen werden, es kann aber auch sogleich auf die Leistung geklagt werden, die bei einer der Billigkeit entsprechenden Bestimmung geschuldet wird (BGB-RGRK 11. Aufl. § 315 Anm. 4); und im Falle des § 26 Abs. 2 GWB kann ebenfalls.) zumindest unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes nach § 35 Abs. 1 GWB i.V.m. § 249 Satz 1 BGB, auf Leistung dessen geklagt werden, was ohne das diskriminierende Verhalten geschuldet wäre (Fikentscher WuW 1958, 257 ff., 265; Gentz a.a.O. S. 613/14; Benisch a.a.O. § 26 Rdn. 59 und § 35 Rdn. 11).

4.

Um feststellen zu können, ob die Bestimmung einer Leistung im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB nicht der Billigkeit entspricht, ob gegen das Diskriminierungsverbot des § 26 Abs. 2 GWB verstoßen worden ist, oder ob - worauf das Berufungsgericht seine Prüfung im wesentlichen abgestellt hat - ein gegen die guten Sitten verstoßender Monopolmißbrauch im Sinne der §§ 138, 826 BGB vorliegt, müssen alle für die Beurteilung unter diesen Gesichtspunkten in Betracht kommenden, von den Prozeßparteien vorzutragenden Umstände des einzelnen Falles berücksichtigt worden. Das hat das Berufungsgericht hier nicht getan. Bei der von ihm vorgenommenen rechtlichen Beurteilung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls hat das Berufungsgericht nicht den Kern der Sache getroffen und Wesentliches unberücksichtigt gelassen. Das ist ein sachlichrechtlicher Fehler, der zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führen muß, ohne daß es darüber hinaus noch einer Prüfung der von der Revision erhobenen Verfahrensrügen bedarf.

Die Klägerin hat sich hier nicht dagegen gewandt, daß überhaupt Preisabzüge für Milch aus nichttuberkulosefreien Beständen gemacht worden sind, sondern hält die Preisabzüge bis zu 2 Pfg je kg sogar selbst für berechtigt und beanstandet nur die über 2 Pfg je kg hinausgehenden Abzüge. Es geht also nur um die Höhe der Abzüge. Es hätte daher zunächst einmal vorgetragen und festgestellt weisen Bussen, wie hoch jeweils auf der einen Seite die Milchauszahlungspreise und etwaigen Zuschläge für tuberkulosefreie Milch gewesen sind und wie hoch auf der anderen Seite nach den von der Beklagten getroffenen Bestimmungen dann die Auszahlungspreise für nichttuberkolsefreie Milch sein sollten, Erst nach Feststellung der tatsächlichen Höhe dessen, was die Erzeuger für tuberkulosefreie Milch einerseits und was sie für nichttuberkulosefreie Milch andererseits jeweils erhalten sollten, kann geprüft werden, ob die Differenz, also das Verhältnis der minderen zu der höheren Auszahlung, der "Billigkeit" entspricht bzw. auf einem "sachlich gerechtfertigten Grund" beruht. Wenn das Berufungsgericht die Werkmilchabzüge schon deshalb für gerechtfertigt gehalten hat, weil damit ein Anreiz zu der im Interesse der Volksgesundheit liegenden Sanierung der Viehbestände gegeben werde, so besagt diese Erwägung doch nichts für die hier allein im Streit befindliche Höhe der Abzüge; es ist vielmehr denkbar, daß diesem Anliegen schon mit den von der Klägerin selbst als berechtigt anerkannten Maßnahmen, also mit dem in der Verordnung vom 16. April 1957 vorgeschriebenen Mindestabzug von 2 Pfg je kg und etwaigen sonstigen Nachteilen, die die Lieferanten nichttuberkulosefreier Milch hatten. Genüge getan werden konnte und nach dem Willen des Verordnungsgebers allein Genüge getan werden sollte. Dagegen wird es entgegen der Meinung des Berufungsgerichts unter allen hier in Betracht zu ziehenden rechtlichen Gesichtspunkten maßgeblich darauf ankommen, welche Mehrkosten der Beklagten durch die Abnahme nichttuberkulosefreier Milch entstanden sind, und zwar nicht darauf, welche Mehrkosten ihr bei korrekter Befolgung der Vorschriften über die gesonderte Aufbewahrung und Verarbeitung nichttuberkulosefreier Milch entstanden sein würden, sondern - weil es sich hier ausschließlich um die Beurteilung abgeschlossener Vorgänge handelt - darauf, welche Mehrkosten ihr bei dem von ihr geübten Verfahren tatsächlich entstanden sind. In diesem Zusammenhang könnte es schließlich auch darauf ankommen, inwieweit sich die Erlöse der Beklagten aus der Weiterveräußerung der (verarbeiteten) nichttuberkulosefreien Milch und die aus der Veräußerung tuberkulosefreier Milch voneinander unterschieden haben.

III.

Da es nach den Ausführungen zu II 4 zur abschließenden Beurteilung des Klagebegehrens noch weiterer tatsächlicher Erörterungen bedarf, sei es auf Grund des bisherigen Sachvortrags der Parteien, sei es auf Grund einer Ergänzung dieses Sachvortrags, mußte sich der erkennende Senat darauf beschränken, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Da es in der erneuten Berufungsverhandlung vor allem auch auf kartellrechtliche Fragen ankommen wird, erschien es angebracht, die Sache nach § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO an den Kartellsenat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens war dem Berufungsgericht zu übertragen, da sie von dem noch ungewissen Ausgang des Rechtsstreits über den in die Revisionsinstanz erwachsenen Teil des Klaganspruchs abhängt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018598

BGHZ 41, 271 - 282

BGHZ, 271

DB 1964, 766-767 (Volltext mit amtl. LS)

NJW 1964, 1617

NJW 1964, 1617-1620 (Volltext mit amtl. LS)

MDR 1964, 575

MDR 1964, 575-576 (Volltext mit amtl. LS)

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