Normenkette

ZPO § 520 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

OLG München (Entscheidung vom 15.06.2021; Aktenzeichen 15 U 877/20)

LG München I (Entscheidung vom 09.01.2020; Aktenzeichen 12 O 8400/19)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juni 2021 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: bis 25.000 €

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einem bei einem Autohaus als Gebrauchtwagen erworbenen, von der Beklagten hergestellten und im März 2014 an sie übergebenen Pkw BMW 318d Touring in Anspruch.

Rz. 2

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen, da die Berufungsbegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO genüge.

Rz. 3

Dagegen wenden sich die Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 4

Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Insbesondere wirft die Rechtssache weder entscheidungserhebliche Fragen zu den Anforderungen an eine Berufungsbegründung auf noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erforderlich.

Rz. 5

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. Juni 2021 - VII ZB 4/21 Rn. 10, juris; Beschluss vom 11. Februar 2020 - VI ZB 54/19 Rn. 5 f. m.w.N., NJW-RR 2020, 503).

Rz. 6

2. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe seine Klageabweisung auch darauf gestützt, dass ein den Klägern im Rahmen eines Anspruchs nach § 826 BGB zu ersetzender kausaler Schaden, auf den sich der Vorsatz der Beklagten habe beziehen müssen, nicht ersichtlich sei. Es habe dies damit begründet, dass die Klagepartei für ihren Kaufpreis ein Fahrzeug erhalten habe, das sie im Straßenverkehr habe nutzen können. Auch eine Wertminderung sei nicht ersichtlich und zudem nicht von einem Vorsatz gedeckt gewesen. Mit der Thematik des Schadens befasse sich die Berufungsbegründung an keiner Stelle konkret.

Rz. 7

Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht durchgreifend. Ob - wie sie meint - die Rechtsauffassung des Landgerichts zum Schadensbegriff von der obergerichtlichen Judikatur abweicht, ist nicht erheblich. Für die Frage, ob eine zulässige Berufung vorliegt, kommt es vielmehr darauf an, ob die Berufungsbegründung einen Angriff auf jede die angefochtene landgerichtliche Entscheidung selbständig tragende Erwägung enthält. Einen solchen auf den konkreten Streitfall zugeschnittenen Angriff, der nicht nur darin bestehen darf, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2021 - VII ZB 4/21 Rn. 10, juris; Beschluss vom 11. Februar 2020 - VI ZB 54/19 Rn. 5, NJW-RR 2020, 503), zeigt die Rechtsbeschwerde indes nicht auf. Ihre Auffassung, in der Berufungsbegründung komme eindeutig zum Ausdruck, dass die Kläger weiter die Auffassung verträten, ihnen sei durch den Kauf des Fahrzeugs ein Schaden entstanden, der vom Vorsatz der Mitglieder des Vorstands der Beklagten umfasst sei, ersetzt einen konkreten Angriff auf die landgerichtliche abweichende Würdigung des Schadensbegriffs nicht. Vielmehr räumt die Rechtsbeschwerde selbst ein, dass in der Berufungsbegründung das landgerichtliche Urteil nicht immer konkret angegriffen werde.

Rz. 8

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

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C. Fischer     

 

Fundstellen

IBR 2022, 601

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