Leitsatz (amtlich)

Entscheidet das Beschwerdegericht in einer vom Gesetz dem Kollegium zugewiesenen Sache (hier: Unterbringungssache) unbefugt durch den Einzelrichter, so liegt darin eine Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters, die als absoluter Rechtsbeschwerdegrund zur Aufhebung der Entscheidung führt (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 3.2.2016 - XII ZB 221/15 - FamRZ 2016, 803).

 

Normenkette

GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; FamFG § 68 Abs. 4; GVG § 75

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Beschluss vom 25.09.2020; Aktenzeichen 3 T 147/20)

AG Ulm (Beschluss vom 07.09.2020; Aktenzeichen 3 XVII 640/20)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Ulm vom 25.9.2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Auf Antrag seines Betreuers hat das AG mit Beschluss vom 7.9.2020 die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 3.9.2021 genehmigt. Das LG hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen durch den Einzelrichter zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 2

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

Rz. 3

1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass der angefochtene Beschluss an einem Verfahrensmangel leidet, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist.

Rz. 4

Hat das LG über eine Beschwerde in einer Unterbringungssache nach §§ 58 ff. FamFG zu entscheiden, ist hierzu gem. § 68 Abs. 4 Halbs. 1 FamFG i.V.m. § 75 GVG die mit drei Richtern besetzte Zivilkammer berufen. Eine originäre Einzelrichterzuständigkeit kommt hier nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 3.2.2016 - XII ZB 221/15 FamRZ 2016, 803 Rz. 5 m.w.N.).

Rz. 5

Eine Übertragung auf den Einzelrichter nach § 68 Abs. 4 Halbs. 1 FamFG ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt, so dass dieser zur Entscheidung nicht berufen war. Entscheidet der Einzelrichter unbefugt allein, liegt wegen fehlerhafter Besetzung des Gerichts ein absoluter Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegrund i.S.d. §§ 72 Abs. 3 FamFG, 547 Nr. 1 ZPO vor (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2015 - XII ZB 105/13 FamRZ 2016, 451 Rz. 10 m.w.N.). Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben; die Sache ist an das LG zurückzuverweisen.

Rz. 6

2. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 14402028

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