Leitsatz (amtlich)

Der Erwerb eines Grundstücks durch einen Mitnacherben ist nicht gemäß § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, wenn das Grundstück weder ursprünglich, noch auf Grund rechtsgeschäftlichen Ersetzungserwerbs (Surrogation) zum Nachlaß gehörte. Ein Rechtsgeschäft, das sich auf den Nachlaß bezieht, liegt nicht vor, wenn sich ein Mitnacherbe ein Grundstück mit Mitteln kauft, die aus dem Ertrag einer Kaffeeplantage stammen, welche zwar ursprünglich zum Nachlaß gehört hatte, ihm später aber von der Vorerbin mit Zustimmung der übrigen Mitnacherben endgültig übertragen worden war.

 

Normenkette

GrEStG § 3 Nr. 3 S. 1; BGB § 2041 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine drei Geschwister J, A und C waren von ihrem Vater als Nacherben zu gleichen Teilen nach ihrer Mutter eingesetzt worden. Der Vater starb am 7. April 1936. Zu seinem Nachlaß gehörten Besitzungen im Lande X (Kaffeeplantage) und im Lande Y. Hinsichtlich dieser Vermögenswerte befürchteten die Hinterbliebenen, daß das Testament des Vaters nach dem Recht jener Länder ungültig sei und insoweit die gesetzliche Erbfolge eintreten könnte. Sie vereinbarten deshalb, um "diese unklaren Rechtsverhältnisse ... im Sinne des Erblassers zu regeln", durch notariell beurkundeten Vertrag vom 26. November 1936, daß die in X befindlichen Nachlaßwerte auf den dort lebenden Bruder des Klägers J, die in Y befindlichen Nachlaßwerte auf den dort lebenden Bruder A (in Form von "Kaufverträgen") übergehen sollten. Die Übernahmewerte ("Kaufpreise") sollten gleich sein den Steuerwerten der übernommenen Vermögensbestandteile. Diese Werte stellten die Hinterbliebenen in einem ersten Ergänzungsvertrag vom 26. Oktober 1937 fest, wobei sie sich eine Berichtigung der Wertfestsetzungen für den Fall "einer erheblichen Veränderung der Währungsverhältnisse" vorbehielten. In einem zweiten Ergänzungsvertrag vom 31. Juli 1956 - die Mutter war inzwischen gestorben - vereinbarten der Kläger und seine beiden Geschwister J und C, daß der Übernahmewert der in X befindlichen Nachlaßwerte 1 190 000 DM betrage und davon jedem der Vertragschließenden ein Viertel (297 500 DM) zustehe. Der Kläger sollte sein Viertel in der Weise erhalten, daß ihm sein Bruder J das von diesem "im Jahre 1952 aus Mitteln der ungeteilten Erbengemeinschaft" erworbene, "vorläufig auf seinen Namen" im Grundbuch eingetragene und mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück in R (welches der Kläger mit seiner Familie bereits seit Fertigstellung auf Grund eines ihm von seinem Bruder J am 27. Juli 1954 bestellten Nießbrauchs bewohnte) übertrug, und zwar gegen Verrechnung des nachgewiesenen Aufwandes für den Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Wohngebäudes von insgesamt 101 006,95 DM auf seine (des Klägers) Forderung "aus der Teilauseinandersetzung". Dementsprechend erklärten der Kläger und sein Bruder J im notariell beurkundeten "Teilerbauseinandersetzungsvertrag" vom 15. Dezember 1959 die Übertragung und Auflassung des Grundstücks auf den Kläger.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) setzte für diesen Erwerbsvorgang durch Bescheid vom 12. Februar 1960 die Grunderwerbsteuer auf 7 070,35 DM fest; den Einspruch wies es zurück. Die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG hielt es nicht für gegeben.

Das FG wies die Berufung zurück. Das Grundstück sei nicht "durch ein Rechtsgeschäft erworben" worden, "das sich auf den Nachlaß bezieht".

Mit der Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - rügt der Kläger, daß das Verfahren vor dem FG insofern an einem Mangel leide, als sein "Vortrag mitsamt der Vorlegung der Testamente ... übergangen" worden sei. Außerdem rügt er die unrichtige Anwendung des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG. Das von dem Miterben J 1952 gekaufte Grundstück habe zum Nachlaß gehört, denn es sei mit Mitteln des Nachlasses, nämlich den Nutzungen der in X befindlichen Nachlaßwerte, erworben worden. "Eigentumsrechtlich" seien zwar diese Nachlaßwerte mit dem Vertrag vom 26. November 1936 endgültig auf den Miterben J übergegangen. "Auseinandersetzungsrechtlich" aber habe der Miterbe J das Vermögen in X noch nicht losgelöst von allen Bindungen erhalten, da die Feststellung des Übernahmewerts noch offengeblieben und erst durch den zweiten Ergänzungsvertrag vom 31. Juli 1956 endgültig vorgenommen worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Die Verfahrensrüge des Klägers kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger nicht näher dargelegt hat, welchen Inhalt sein" Vortrag" hatte, so daß der erkennende Senat nicht prüfen kann, ob das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Mangel beruht. Auch bedeutet es - entgegen der Ansicht des Klägers - keinen Verfahrensmangel, wenn das FG im Tatbestand seines Urteils nicht ausdrücklich erwähnt hat, daß der Kläger in der mündlichen Verhandlung das gemeinschaftliche Testament seiner Eltern vom 29. November 1924 und die Testamente seiner Mutter vom 4. November 1937 und 6. Februar 1940 vorgelegt hat. Denn damit folgte das FG lediglich der Regel, daß der Tatbestand eine "gedrängte", d. h. eine knappe, systematisch geordnete Darstellung des Sach- und Streitstandes zu enthalten habe.

Das angefochtene Urteil beruht nicht - wie der Kläger meint - auf unrichtiger Anwendung des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG. Nach dieser Vorschrift ist von der Besteuerung ausgenommen "der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses". Diese Vorschrift hat das FG mit Recht nicht für anwendbar erachtet, denn das vom Kläger erworbene Grundstück gehörte nicht "zum Nachlaß", d. h. zum Vermögen seines Vaters.

Zum ursprünglichen Nachlaß gehörte es schon deshalb nicht, weil es zeitlich erst rund 16 Jahre nach dem Erbfall von dem Mitnacherben J erworben worden war. Es gehörte auch nicht kraft rechtsgeschäftlichen Ersetzungserwerbs (Surrogation) zum Nachlaß, denn es war nicht "durch ein Rechtsgeschäft erworben" worden, "das sich auf den Nachlaß bezieht" (§ 2041 Satz 1 BGB). Eine Beziehung zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Nachlaß kann durch objektive oder subjektive Umstände hergestellt werden. Um objektive Umstände (a) würde es sich handeln können, wenn das Grundstück "mit Mitteln des Nachlasses" erworben worden wäre, um subjektive Umstände (b), wenn der Mitnacherbe J es nicht für sich, sondern für den Nachlaß hätte erwerben wollen.

a) Das Grundstück war nicht mit Mitteln des Nachlasses erworben worden. Es war, wie das FG festgestellt hat, "aus den in X erwirtschafteten Gewinnen ... gekauft" worden. Diese Gewinne gehörten nicht zum Nachlaß, sondern gehörten dem Bruder des Klägers, J (§ 953, 99 BGB), denn ihm gehörte die Kaffeeplantage. Sie war aus dem Nachlaß ausgeschieden, nachdem die Mutter des Klägers als Vorerbin in der Weise über die in X befindlichen Nachlaßwerte verfügt hatte, daß sie diese durch Vertrag vom 26. November 1936 dem dort lebenden Mitnacherben J "endgültig" übertragen hatte, der Vertrag in den Jahren "1936/1937 durchgeführt worden" war und die Nacherben dem ausdrücklich und wiederholt zugestimmt hatten. Die Endgültigkeit dieser Regelung wurde nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Vertragshließenden vereinbart hatten, im Fall "einer erheblichen Veränderung der Währungsverhältnisse ... eine Berichtigung der Wertfestsetzungen" nach den im deutschen Recht entwickelten Grundsätzen" vorzunehmen, und daß in diesem Falle die Mutter des Klägers befugt sein sollte, "die erforderlichen Bestimmungen zu treffen, durch welche an die Stelle der ... bezeichneten Übernahmewerte andere Werte treten". Denn diese vereinbarte Berücksichtigung einer Veränderung der Geschäftsgrundlage war beschränkt auf die Möglichkeit, die festgesetzten Übernahmewerte an die veränderten Währungsverhältnisse anzupassen; die Vereinbarung eröffnete jedoch nicht die Möglichkeit, die Übertragung des Eigentums an den in X befindlichen Nachlaßwerten rückgängig zu machen.

b) Nach der Überzeugung des FG war der Wille des Mitnacherben J darauf gerichtet, das Grundstück nicht für den Nachlaß zu erwerben. Diese Überzeugung konnte das FG insbesondere daraus gewinnen, daß der Mitnacherbe J das Grundstück im eigenen Namen gekauft, seine Eintragung als Eigentümer im Grundbuch veranlaßt und als Eigentümer dem Kläger den Nießbrauch an dem Grundstück bestellt hatte. Gegenüber der in diesen Rechtshandlungen sich kundgebenden Willensrichtung des Mitnacherben J hat das FG es mit Recht für unerheblich erachtet, daß im "Teilerbauseinandersetzungsvertrag" vom 15. Dezember 1959 die Vertragschließenden von der nicht näher belegten Rechtsansicht ausgegangen sind, der Mitnacherbe J habe im Jahre 1952 "aus Mitteln der ungeteilten Erbengemeinschaft das Grundstück ... für die Erbengemeinschaft erworben" und es im Grundbuch "vorläufig auf seinen Namen schreiben lassen".

Die Kosten des Verfahrens waren dem Kläger aufzuerlegen, weil sein Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 135 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 70601

BStBl II 1973, 829

BFHE 1974, 309

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