Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwiderhandlung gegen die Bayerische Bauordnung

 

Verfahrensgang

AG Miesbach (Urteil vom 17.02.1994)

 

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 17. Februar 1994 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Mit Urteil vom 17.2.1994 hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässiger Errichtung einer baulichen Anlage im Außenbereich ohne Baugenehmigung mit einer Geldbuße von DM 600,– belegt. Es hat im wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Betroffene ist seit 1990 Pächter der zwischen B. und der Landesgrenze im Außenbereich gelegenen Gaststätte „Z. „. Im Herbst 1992 erwarb er zum Preis von DM 18.300,– ein 4,10 × 4,10 m großes und 2,10 – 2,60 m hohes Blockhaus, dessen umbauter Raum ca. 39,5 m³ beträgt, nachdem der Verkäufer nach Kenntnisnahme von der örtlichen Situation erklärt hatte, daß „der vorgesehene Ort der richtige Platz sei, es gebe nichts einzuwenden”. Der Betroffene war deshalb der Ansicht, daß die Errichtung des Blockhauses genehmigungsfrei ist; eine diesbezügliche Auskunft der Gemeinde B. oder des Landratsamts M. erholte er nicht. Er ließ in der Folgezeit das Blockhaus, in das ein Whirlpool eingebaut wurde und das der Aufbewahrung von Gartenmöbeln dient, einige Meter neben der Gaststätte errichten. Im Flächennutzungsplan ist eine weitere Bebauung nicht vorgesehen. Bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt hätte der Betroffene erkennen können und müssen, daß die Errichtung des Blockhauses der Genehmigung des Landratsamts M. bedurft hätte.

2. Mit seiner Rechtsbeschwerde beanstandet der Betroffene das Verfahren; außerdem rügt er die Verletzung des sachlichen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat mit der – ordnungsgemäß erhobenen (§ 344 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) – Verfahrensrüge, der Betroffene habe keine Gelegenheit zum letzten Wort gehabt (§ 258 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG), Erfolg.

1. Aus der Sitzungsniederschrift vom 17.2.1994 (Bl. 10/13 d.A.) folgt, daß das Urteil nach der Inaugenscheinnahme „des Lageplans” und „der Lichtbilder Bl. 5 d.A.” verkündet wurde. Die Feststellung, daß dem Betroffenen das letzte Wort gewährt wurde, enthält das Protokoll nicht. Da die Beachtung dieser wesentlichen Förmlichkeit (BGHSt 22, 278/280; BGH NStZ 1987, 36; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 41. Aufl. § 274 Rn. 14; KK/Hürxthal StPO 3. Aufl. § 258 Rn. 3 und KK/Engelhardt § 273 Rn. 4) nach § 274 Abs.1 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden kann, kommt die Erholung dienstlicher Äußerungen des Richters und der Protokollführerin nicht in Betracht.

2. Der Verstoß begründet die Revision (Kleinknecht/Meyer- Goßner § 258 Rn. 33; KK/Hürxthal § 258 Rn. 34, jeweils m.w.Nachw.). Zwar ist die Verletzung des § 258 Abs. 2 StPO kein absoluter Revisionsgrund. Der Verstoß zwingt jedoch zur Aufhebung des Urteils, wenn es auf ihm beruht (§ 337 StPO), sich also im Einzelfall nicht ausschließen läßt, daß das Urteil ohne den Verfahrensmangel anders gelautet hätte (KK/ Hürxthal § 258 Rn. 37). Das ist hier der Fall. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, daß der Betroffene im Rahmen des Schlußwortes Umstände vorgetragen hätte, die zu seinem Freispruch geführt hätten.

III.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist daher das angefochtene Urteil mit den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 StPO i.V.m. § 79 Abs.3 Satz 1 OWiG). Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Miesbach zurückverwiesen (§ 79 Abs.6 OWiG).

Die Entscheidung ergeht nach § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG durch Beschluß.

IV.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Gemäß Art. 66 Abs.1 Nr. 1 BayBO bedürfen die Errichtung oder Änderung von Gebäuden ohne Aufenthaltsräume, ohne Aborte oder Feuerungsanlagen mit einem umbauten Raum bis zu 50 m³, die nicht im Außenbereich liegen, mit Ausnahme von Garagen und Verkaufs- und Ausstellungsständen keiner Genehmigung. Der Betroffene hat im Verfahren u.a. geltend gemacht, daß der fragliche Bereich „dem Charakter nach als Innenbereich angesehen werden könne” (Schriftsätze seines Verteidigers vom 31.12.1993 S. 1 = Bl. 34 d.A. und vom 11.4.1994 S. 3 = Bl. 23 d.A.). Ob ein Vorhaben im Außenbereich ausgeführt wurde, beurteilt sich danach, ob es außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 Abs.1 BauGB und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) liegt (vgl. hierzu § 19 Abs.1 Nr. 3 BauGB sowie BVerwG BayVBl. 1969, 134 f. und 316/317; BVerwGE 41, 227/232; BayVGH BayVBl. 1976, 654; Ernst/Zinkahn/Bielenberg BauGB Bd. I § 19 Rn. 31 [Stand insoweit April 1989]; Gaentzsch BauGB § 19 Rn. 14 und § 35 Rn. 3; Simon BayBO 11. Aufl. Bd. I Art. 66 Rn. 18d [Stand insoweit Februar 1986] und Art. 13 Rn. 40 [Stand insoweit August 1993/...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge