Leitsatz (amtlich)

Die Abwendungsbefugnis nach § 1063 Abs. 3 S. 3 ZPO steht dem Antragsgegner (Schiedsbeklagten) nur ggü. einer nach § 1063 Abs. 3 S. 1 ZPO als vorläufige Sicherungsmaßnahme zugelassenen Zwangsvollstreckung zu, nicht ggü. einer Zwangsvollstreckung, die auf einer Vollstreckbarerklärung nach § 1064 Abs. 2 ZPO beruht.

 

Tenor

I. Das Schiedsgericht erließ am 26.5.2004 in München in dem zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnern geführten Schiedsverfahren folgenden Schiedsspruch:

Die Schiedsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Schiedsklägerin Euro 50.000.- nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens jedoch 10,47 % seit dem 1.10.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen.

Die Schiedsbeklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des schiedsgerichtlichen Verfahrens einschließlich der der Schiedsklägerin erwachsenen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten.

II. Der vorstehend wiedergegebene Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.

III. Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die Kosten des Verfahrens.

IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien stritten vor dem Schiedsgericht über abgetretene Ansprüche aus einem Beteiligungsvertrag. Am 26.5.2004 erließ das Schiedsgericht den in der Beschlussformel wiedergegebenen Schiedsspruch. Unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs beantragt die Antragstellerin, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegner beantragen Abweisung des Antrags sowie den Antragsgegnern für alle Fälle der Zwangsvollstreckung gem. § 1063 Abs. 3 ZPO nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages, wegen dessen die Antragstellerin vollstrecken kann, abzuwenden und vor der Entscheidung eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Sie tragen vor, die Antragstellerin sei nicht aktivlegitimiert. Sie habe die streitgegenständliche Forderung von einer Gesellschaft, einer AG, erworben, die zum Zeitpunkt der Abtretung am 11.9.2002 materiell zahlungsunfähig gewesen sei. Dies sei sowohl den Organen der Gesellschaft als auch den Organen der Antragstellerin bekannt gewesen. Vermutlich sei die Gesellschaft bereits am 31.7.2002 überschuldet und damit insolvenzreif gewesen, da damals die endgültige Einstellung der Weiterentwicklung eines Projekts beschlossen worden sei, was Rückzahlungspflichten von Fördermitteln i.H.v. ca. Euro 400.000 ausgelöst habe. Da die Abtretung der Forderung an die Antragstellerin zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Insolvenzgläubiger führe, sei sie gem. § 132 InsO anfechtbar. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft werde die Anfechtung voraussichtlich in der ersten Septemberhälfte 2004 erklären. Damit sei die Antragstellerin zum Einzug der Forderung nicht mehr berechtigt. Die Antragstellerin handele zudem treuwidrig, wenn sie angesichts der unmittelbar bevorstehenden Anfechtung noch Zahlung an sich selbst verlange.

Da die Gesellschaft deutlich früher als vom Schiedsgericht angenommen insolvent gewesen sei, sei außerdem seitens der Mitgesellschafter redlicherweise nicht mehr zu erwarten gewesen, dass die Antragsgegner noch Zahlungen leisten. Die Einwände hätten die Antragsgegner im Schiedsverfahren nicht mehr erheben können, da ihnen entsprechende Informationen erst am 7.7.2004 bekannt geworden seien.

Darüber hinaus stünden die Regeln des Eigenkapitalersatzes einer wirksamen Abtretung entgegen. Die ursprünglichen Gläubiger der streitgegenständlichen Ansprüche, hätten die Forderung zunächst der in der Krise befindlichen Gesellschaft als Eigenmittel zur Verfügung gestellt. Die unmittelbar nachfolgende Forderungsabtretung an die Antragstellerin stelle eine (zumindest anteilige) verbotene Einlagenrückgewähr dar und sei folglich gem. §§ 57 AktG, 134 BGB nichtig.

Damit sei der Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO (ordre public) gegeben. Die Vollstreckung einer Forderung, die unter Missachtung eines gesetzlichen Verbotes abgetreten worden sei, verstoße gegen die öffentliche Ordnung.

Die Einwände der Antragsgegner seien nicht präkludiert. Die Nichtigkeit der Abtretung sei von Amts wegen zu beachten und keine Einwendung i.S.v. § 767 Abs. 2 ZPO. Das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters begründe erst durch seine Ausübung den entsprechenden Anspruch gegen den begünstigten Insolvenzgläubiger und sei deshalb ebenfalls nicht präkludiert. Aus Gründen der Prozessökonomie seien die Einwände im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zuzulassen und die Antragsgegner nicht auf die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage zu verweisen.

II. Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 6a GZVJu. Der Ort des schiedsgerichtlichen Verfahrens ist München.

2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat die Antr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge