Leitsatz (amtlich)

1. Die letztinstanzlich bestätigte Weigerung des Nachlassgerichts, einen Erbschein einzuziehen, hindert nicht, in einem neuen Einziehungsverfahren die Richtigkeit dieses Erbscheins auch aus schon bisher erörterten Gründen erneut zu prüfen.

2. Ein im Jahr 1957 errichtetes notarielles Testament ist nicht deshalb unwirksam, weil es von dem zur Feststellung der Identität des Erblassers herangezogenen Erkennungszeugen nicht unterschrieben ist.

 

Normenkette

BGB § 2242 Abs. 4 a.F., § 2361; FGG §§ 18, 31

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 6 T 6529/98)

AG Miesbach (Aktenzeichen VI 24/58)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des LG München II vom 4.4.2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Erblasser starb 1958 im Alter von 86 Jahren. Seine Ehefrau ist nach ihm im Jahr 1964 verstorben. Der Erblasser hatte einen im Jahr 1957 vorverstorbenen Sohn. Die 1949 geborene Beteiligte ist die Enkelin des Erblassers. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus einem Hausgrundstück.

Der Erblasser und seine Ehefrau errichteten am 21.12.1955 ein gemeinschaftliches notarielles Testament. Darin setzten sie sich gegenseitig als Alleinerben, nach dem Tod des Letztversterbenden ihren Sohn als Vorerben und als Nacherbin die Beteiligte ein.

In einem weiteren gemeinschaftlichen notariellen Testament vom 29.5.1957 haben die Ehegatten alle früheren Verfügungen von Todes wegen aufgehoben. Die Ehefrau hat den Erblasser als ihren Alleinerben eingesetzt; der Erblasser hat die Beteiligte zu seiner Alleinerbin bestimmt und mit einem lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch zugunsten seiner Ehefrau sowie nach deren Tod für die Mutter der Beteiligten durch Vermächtnisse beschwert.

Das Nachlassgericht hat zur Niederschrift vom 4.3.1958 unter anderem festgestellt, das gemeinschaftliche Testament vom 29.5.1957 sei eröffnet worden. Zur Niederschrift des Nachlassgerichts vom 25.3.1958 hat die Mutter der Beteiligten als deren gesetzliche Vertreterin die Annahme der Erbschaft erklärt.

Am 1.4.1958 hat das Nachlassgericht einen Erbschein erteilt, demzufolge der Erblasser aufgrund des notariellen Testaments vom 29.5.1957 von der Beteiligten, „gesetzlich vertreten durch ihre Mutter”, allein beerbt worden ist.

Die Beteiligte wendet sich seit Jahren mit zahlreichen Anfragen, Eingaben und Beschwerden gegen die Beschwerung ihres Erbrechts durch den Nießbrauch, der im Jahre 1985 zugunsten ihrer Mutter im Grundbuch eingetragen wurde. Mit Schreiben vom 21.1.1994 regte die Beteiligte an, den Erbschein einzuziehen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, das notarielle Testament vom 29.5.1957 sei – aus im Einzelnen dargelegten Gründen – unwirksam. Maßgebend sei deshalb das Testament vom 21.12.1955, in dem sie ebenfalls als Erbin eingesetzt wurde, aber ohne Beschwerung durch den Nießbrauch. Das Nachlassgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 9.9.1994 zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten blieb ohne Erfolg. Die weitere Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG v. 15.5.1996 – 1Z BR 103/95, BayObLGReport 1996, 59) zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 17.9. und 9.10.1998 hat die Beteiligte erneut die Einziehung des Erbscheins beantragt. Im Wesentlichen unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens vertritt sie – mit Hinweis auf angebliche Fehler bei der Bezeichnung der Hinterlegungsnummer – weiterhin die Auffassung, es müsse ein weiteres Testament unter der Nr. 82/57 existieren. Bei dem Testament vom 29.5.1957 handele es sich lediglich um einen Entwurf. Im Übrigen sei das Testament schon deshalb unwirksam, weil der bei der Beurkundung anwesende Rechtsanwalt nicht mitunterzeichnet habe. Schließlich sei ihre Mutter – da durch den Nießbrauch begünstigt – bei der Erbschaftsannahme von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen gewesen. Zumindest sei die Genehmigung des VormG zwingend erforderlich gewesen, die jedoch nicht vorliege.

Mit Beschluss vom 28.10.1998 hat das Nachlassgericht den Antrag auf Einziehung des Erbscheins zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt, die das LG mit Beschluss vom 4.4.2002 zurückgewiesen hat.

Hiergegen richtet sich die zur Niederschrift des BayObLG eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten, mit der sie die Einziehung des Erbscheins weiterverfolgt.

II. Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das LG hat ausgeführt, dass, soweit die Beschwerdeführerin ihre früheren Einwendungen wiederhole, einer erneuten Nachprüfung und Entscheidung die formelle Rechtskraft des Senatsbeschlusses vom 15.5.1996 entgegenstehe. Hinsichtlich des neuen Vorbringens mache sich die Kammer die Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses zu Eigen. Das AG hatte insoweit ausgeführt, dass die fehlende Unterzeichnung des notariellen Testaments vom 29.5.1957 durch den bei der Beurkundung anwesenden Rechtsanwalt das Testament nicht...

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