Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts

 

Normenkette

BGB § 566; EGZPO § 9; ZPO §§ 12, 17, 29a, 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Erbbauberechtigte eines mit einer Hotelanlage bebauten Grundstücks in Neu-Ulm. Die vormalige Erbbauberechtigte, von der die Antragstellerin das Erbbaurecht erworben hat, hat das Objekt an die Antragsgegnerin zu 1) vermietet. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin zu 1) derzeit beim Landgericht Memmingen auf Zahlung einer Vertragsstrafe mit der Begründung in Anspruch, die Antragsgegnerin zu 1) sei ihrer im Mietvertrag vereinbarten Verpflichtung zur Durchführung von Ausbauleistungen des Mietgegenstands nicht nachgekommen. Die Ansprüche auf Durchführung der Mietinvestitionen und die korrespondierenden Vertragsstrafeansprüche seien auf sie übergegangen. Jedenfalls seien ihr diese Ansprüche von der vormaligen Inhaberin des Erbbaurechts abgetreten worden.

Nach Erlass eines Mahnbescheids durch das Amtsgericht Hünfeld und Einlegung eines Widerspruchs durch die Antragsgegnerin zu 1) ist das Verfahren zunächst an das im Mahnbescheidsantrag als zuständiges Prozessgericht benannte Landgericht Hamburg abgegeben worden. Auf Antrag der Antragstellerin und nach Anhörung der Antragsgegnerin zu 1) ist der Rechtsstreit anschließend vom Landgericht Hamburg an das Landgericht Memmingen verwiesen worden, mit der Begründung, dieses Gericht sei gemäß § 29a ZPO örtlich ausschließlich zuständig. Die Antragstellerin beabsichtigt, die Klage auf die Antragsgegnerin zu 2) zu erweitern. Diese ist am 16. Januar 2019 als persönlich haftende Gesellschafterin in die Antragstellerin zu 1) eingetreten. Zur Begründung bringt die Antragstellerin vor, die Antragsgegnerin zu 2) hafte unbeschränkt persönlich für die Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) gemäß §§ 161 Abs. 2, § 128, § 130 HGB.

Beide Antragsgegnerinnen haben ihren Sitz in Hamburg.

Mit Schriftsatz vom 2. August 2019 hat die Antragstellerin Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung beim Bayerischen Obersten Landesgericht gestellt. Zur Begründung führt sie aus, die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO lägen vor. Es stehe für die bereits anhängige Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) und die beabsichtigte Klageerweiterung auf die Antragsgegnerin zu 2) kein gemeinsamer allgemeiner Gerichtsstand zur Verfügung. Unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit sei das Landgericht Memmingen als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen.

Die Antragsgegnerinnen sind angehört worden. Die Antragsgegnerin zu 1) hat erklärt, gegen die Bestimmung des Landgerichts Memmingen bestünden keine Bedenken. Die Antragsgegnerin zu 2) hat sich nicht geäußert.

II. Eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unterbleibt, weil die Voraussetzungen der Norm vorliegend nicht gegeben sind.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für das Bestimmungsverfahren zuständig, weil das Gericht, an dem die Antragsgegnerin zu 1) am ausschließlichen Gerichtsstand des § 29a ZPO in Anspruch genommen wird, und der allgemeine Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 2) (§§ 12, 17 ZPO) in unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken (München und Hamburg) liegen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009, Xa ARZ 273/08, juris Rn. 11; Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 36 Rn. 27). Das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht im Sinne des § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO ist somit der Bundesgerichtshof. An dessen Stelle bestimmt das Bayerische Oberste Landesgericht das für den beabsichtigten Rechtsstreit gemeinschaftlich zuständige Gericht, weil es im Bestimmungsverfahren zuerst mit der Sache befasst wurde.

2. Die beantragte Bestimmung des für den Rechtsstreit zuständigen Gerichts ist jedoch abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorliegen.

a) Zwar ist § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch dann anzuwenden, wenn für einen der beteiligten Streitgenossen ein besonderer ausschließlicher Gerichtsstand gegeben ist - wie hier für die Antragsgegnerin zu 1) im Landgerichtsbezirk Memmingen (§ 29a Abs. 1 ZPO) - und deswegen eine Klage gegen ihn im allgemeinen Gerichtsstand - der mit demjenigen der Antragsgegnerin zu 2) übereinstimmen würde - nicht möglich ist (BayObLG, Beschluss vom 2. November 1998, 1Z AR 81/98, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1986, NJW 1987, 439, juris Rn. 7). In einem solchen Fall muss das zu bestimmende Gericht zumindest für einen der zu verklagenden Streitgenossen zuständig sein, auch wenn in seinem Bezirk keiner der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (BayObLG, a a. O.).

b) Eine Bestimmung scheidet vorliegend jedoch aus, weil auch für die gegen die Antragsgegnerin zu 2) beabsichtigte Klage der ausschließliche Gerichtsstand des § 29a ZPO am Landgericht Memmingen begründet ist. Die Antragsgegnerin zu 2) ist zwar nicht Partei des Mietvertrags. Es sind jedoch a...

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