Leitsatz (amtlich)

Die Feststellung, ob die von einem Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums (hier: Kaminaufbau über dem Niveau eines Flachdachs) den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig verändert, liegt grundsätzlich auf tatsächlichem Gebiet. Einen Augenschein in der Wohnanlage muss das Gericht regelmäßig nur einnehmen, wenn vorgelegte Lichtbilder nicht geeignet sind, einen ausreichenden Gesamteindruck von der baulichen Veränderung und ihren Auswirkungen auf die Umgebung, insb. das Wohnungseigentum anderer Personen in derselben Wohnanlage, zu ermöglichen.

 

Normenkette

FGG § 12; WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 31.03.2003; Aktenzeichen 1 T 17376/01)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 265/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 31.3.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört die im 2. Obergeschoss (Dachgeschoss) gelegene Wohnung Nr. 15. Das Gebäude hat ein Flachdach mit verschiedenen Aufbauten wie Notkaminen, Lichtkuppeln und Entlüftungsrohren.

In der Eigentümerversammlung vom 12.3.2001, an der der Antragsteller nicht teilnahm, beschlossen die Wohnungseigentümer, folgenden neuen Tagesordnungspunkt 6 aufzunehmen: Verbot des Einbaus eines Kaminofens in der Wohnung Nr. 15.

Im Anschluss daran fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, dem Antragsteller zu untersagen, einen Kaminofen an die bestehenden Notkamine oder in anderer Weise an das Gemeinschaftseigentum anzuschließen.

Im April 2001 baute der Antragsteller den Kachelofen in seiner Wohnung auf und schloss ihn an den vorhandenen Kamin an, nahm ihn aber bisher nicht in Betrieb.

Der Antragsteller hat zunächst beantragt, den Eigentümerbeschluss vom 12.3.2001 für ungültig zu erklären und die Antragsgegner zu verpflichten, dem Anschluss des Kachelofens an den vorhandenen Gemeinschaftskamin zuzustimmen. Das AG hat die Anträge am 20.9.2001 abgewiesen. Das LG hat zunächst das schriftliche Gutachten eines Kaminbausachverständigen eingeholt, das zum Ergebnis kommt, dass eine Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer durch Rauch, Funkenflug und Rußentwicklung unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden könne. Als solche sind im Wesentlichen eine Erhöhung des vorhandenen Kamins außerhalb des Flachdachs und das Zumauern einer Abluftöffnung am unteren Teil des Kamins in einem als Abstellraum genutzten gemeinschaftlichen Kellerraum bezeichnet. Die Wohnungseigentümer fassten daraufhin am 26.6.2002 den Beschluss, ggü. dem Beschwerdegericht folgende Stellungnahme abzugeben:

… Die im Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen … festgestellten Umbaumaßnahmen, welche zum Betrieb des Kamins notwendig sind, stellen in jedem Fall einen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum dar und dürfen ohne positiven Beschluss der WEG nicht ausgeführt werden.

Im Einzelnen:

Der Beschluss (richtig: Verschluss) der Belüftungsöffnung in dem gemeinschaftlichen Abstellraum stellt eine bauliche Veränderung dar. Insbesondere weil der mit einer feuerhemmenden Stahltür verschlossene Raum keine andere Möglichkeit der Luftzufuhr besitzt.

Die Verlängerung der Kaminhöhe um 2,70 m stellt einen massiven Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes dar, welcher dadurch verstärkt wird, dass bei einer Verlängerung dieses Ausmaßes Sicherungsmaßnahmen gegen Winddruck sowie Zugangsmöglichkeiten für den Kaminkehrer angebracht werden müssten.

Der Kamin stellt eine bauliche Veränderung des Gesamteindrucks der Fassade dar.

Der Eingriff in das Flachdach wird wegen der Verankerung und der Notwendigkeit eines Zugangs zum Kaminkehrer abgelehnt.

In seiner Stellungnahme zum Gutachten hat sich der Antragsteller bereit erklärt, die Vorgaben des Sachverständigen zu erfüllen, und gebeten, unter diesen Auflagen seinem Antrag stattzugeben.

Das LG hat mit Beschluss vom 21.8.2002 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Der Senat hat auf das Rechtsmittel des Antragstellers am 17.10.2002 (BayObLG WuM 2002, 688) den Beschluss des LG aufgehoben und die Sache zur anderweiten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, im Wesentlichen deshalb an das LG zurückverwiesen, weil der Verpflichtungsantrag in seiner abgeänderten Fassung nicht berücksichtigt worden sei. Das LG hat nunmehr mit Beschluss vom 31.3.2003 die sofortige Beschwerde erneut zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Auch unter Beachtung der vom Sachverständigen geforderten Auflagen könne der Antragsteller...

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