Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Bauliche Veränderung durch Markise

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 20. Mai 1985 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für diesen Rechtszug nicht angeordnet.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Inhaber der Wohnungen einer aus fünf Eigentumswohnungen bestehenden Wohnanlage. Sie haben die jeweils gekaufte Wohnung übernommen. Der Erwerb des Wohnungseigentums ist jeweils durch Vormerkung gesichert.

Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin die Beseitigung einer Markise, welche diese an der südlichen Hausfassade unterhalb des Fensters der im I. Stock gelegenen Wohnung der Antragstellerin angebracht hat.

Das Amtsgericht hat diesen Antrag – und Gegenanträge, die nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind – mit Beschluß vom 3.9.1984 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht die Antragsgegnerin mit Beschluß vom 20.5.1985 zur Beseitigung der Markise und Wiederherstellung des früheren Zustands verpflichtet. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsgegnerin habe die Markise zu entfernen, weil sie diese ohne die erforderliche Zustimmung der Antragstellerin angebracht habe. Das Anbringen einer Markise stelle eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum dar und bedürfe deshalb der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Entbehrlich wäre die Zustimmung eines Wohnungseigentümers dann, wenn ihm kein Nachteil entstünde. Die Antragstellerin werde jedoch durch die Markise beeinträchtigt, weil diese den Gesamteindruck der Wohnanlage störe und weil von ihrer Blechabdeckung bei Regen Geräusche ausgingen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Über den Antrag ist im Wohnungseigentumsverfahren zu entscheiden. Die Beteiligten sind zwar noch nicht im Wohnungsgrundbuch als Wohnungseigentümer eingetragen. Sie haben jedoch die gekauften Wohnungen vom Veräußerer übernommen. Der Erwerb des Wohnungseigentums ist jeweils durch Vormerkung gesichert. Die Rechtsstellung, welche die Beteiligten damit erlangt haben, rechtfertigt die Anwendung der §§ 43 ff. WEG (vgl. BayObLGZ 1968, 233/235 ff.; Weitnauer WEG 6. Aufl. RdNr. 42, Augustin WEG RdNr. 21, je zu § 43; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. RdNr. 6 vor § 43).

b) Die Annahme des Landgerichts, die Antragsgegnerin sei zur Beseitigung der von ihr ohne Zustimmung der Antragstellerin angebrachte Markise verpflichtet, weil das Anbringen einer Markise eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 2 BGB darstelle die für die übrigen Wohnungseigentümer nicht unerhebliche Nachteile verursache, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Beseitigungsanspruch ist mithin nach § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB gerechtfertigt; diese Vorschriften sind im Verhältnis der werdenden Wohnungseigentümer untereinander entsprechend anzuwenden.

(1) Das Anbringen der Markise ist hier als bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG anzusehen. Darunter ist nicht nur eine Veränderung vorhandener Gebäudeteile, sondern jede auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums zu verstehen, die von den im Aufteilungsplan vorgesehenen Zustand abweicht, wenn sie über eine ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung hinausgeht (vgl. BayObLGZ 1975, 177/181; Weitnauer RdNr. 2 f., Augustin RdNr. 2 ff., Bärmann/Pick/Merle RdNr. 2, Palandt BGB 44. Aufl. Anm. 1b, je zu § 22 WEG). Nach den Feststellungen des Landgerichts war für die Wohnanlage keine Markise geplant. Die Antragsgegnerin hat durch Anbringen der Markise die Hausfassade umgestaltet. Diese Umgestaltung ist auf Dauer angelegt. Sie stellt sich als eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar. Darauf, ob die Markise lediglich mit zwei Schrauben befestigt ist, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, kommt es nicht an.

(2) Die für diese bauliche Veränderung grundsätzlich erforderliche Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG) ist hier nicht entbehrlich; denn die Veränderung bedeutet jedenfalls für die Antragstellerin, welche die Beseitigung der Markise fordert, einen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil im Sinn des § 14 WEG.

Das Landgericht hat festgestellt, die Markise beeinträchtige den Gesamteindruck der Wohnanlage und störe bei Regen auch durch die von der Blechabdeckung ausgehenden Geräusche. Diese Feststellungen sind für das Rechtsbeschwerdegericht bindend (§ 27 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO), denn sie wurden ohne Verfahrensfehler getroffen.

Das Landgericht hat durch Einnahme eines Augenscheins die optische Veränderung ...

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