Entscheidungsstichwort (Thema)

Spruchstellenverfahren. Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit der Antragstellervertreter im Verfahren vor dem Landgericht

 

Leitsatz (amtlich)

Im aktienrechtlichen Spruchstellenverfahren ist bei mehreren Antragstellern der Gegenstandswert grundsätzlich durch eine Aufteilung des Geschäftswerts nach Kopfanteilen zu ermitteln, insbesondere wenn keiner der Antragsteller mehr als 1,5 % der außenstehenden Aktien hält.

 

Normenkette

AktG § 306 Abs. 7; BRAGO § 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 13321/88)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 25. Februar 1999 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit Beschluß vom 25.2.1999 hat das Landgericht den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit der Antragstellervertreter in der ersten Instanz auf jeweils 363.636,36 DM festgesetzt.

Hiergegen wendet sich die am 11.3.1999 eingegangene Beschwerde der Antragsgegnerinnen. Diese wollen den Gegenstandswert auf 16.103 DM für die Antragstellervertreter zu 2 und 9, auf 19.324 DM für den Antragstellervertreter zu 3, auf 64.412 DM für den Antragstellervertreter zu 5 sowie auf 3.864.734 DM für den Antragstellervertreter zu 6 festgesetzt haben. Dies entspreche dem jeweiligen Aktienbesitz der Mandanten während der Hauptversammlung vom 20.5.1988. Mangels Angabe sei bei den Antragstellern zu 1, 4, 7, 8, 10 und 11 von nur einer Aktie auszugehen, was einen Einzelgegenstandswert von 3.221 DM ergebe.

II.

Die zulässige (§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 3 BRAGO) Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der vom Landgericht mit 4.000.000 DM festgesetzte Geschäftswert ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 BRAGO auch für die Rechtsanwaltsgebühren maßgebend, soweit sich der Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit mit dem der anwaltlichen Tätigkeit deckt. Diese Deckungsgleichheit ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, weil sich an dem erstinstanzlichen Verfahren elf Antragsteller beteiligt haben, deren Interessen nicht dem gesamten, für die Wertfestsetzung nach § 30 Abs. 1 KostO maßgebenden Geschäftsinteresse entsprechen. Unter diesen Umständen berechnen sich die Gebühren für die im landgerichtlichen Verfahren entfaltete anwaltliche Tätigkeit nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit war vielmehr, und zwar gemäß dem Antrag der Antragsgegnerinnen als erstattungspflichtigen Gegnern (§ 10 Abs. 2 Satz 2 BRAGO) für alle Antragsteller, gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO gesondert festzusetzen. Er errechnet sich in der Weise, daß der für die Bemessung der Gerichtsgebühren festgesetzte Geschäftswert auf die antragstellenden Aktionäre aufgeteilt wird (BGH AG 1999, 181; BayObLGZ 1991, 84/86; BayObLG FGPrax 2001, 84/85, jeweils m.w.N.).

Eine angemessene anteilige Zurechnung sollte zwar grundsätzlich nach dem prozentualen Verhältnis bemessen werden, in dem der Aktienbesitz des Einzelnen zu dem aller antragstellenden Aktionäre steht. Da diese Feststellung aber in der Regel auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, ist es zweckmäßig und geboten, grundsätzlich eine Aufteilung nach Kopfteilen vorzunehmen (BGH aaO; BayObLG aaO; OLG Stuttgart AG 2001, 314). Besitzt ein Antragsteller im Verhältnis zu den anderen Aktionären einen erheblichen höheren Teil der Aktien, ist die Aufteilung an dem Aktienbesitz auszurichten (BGH aaO).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat es bei der Verteilung nach Kopf teilen zu verbleiben. Auf jeden der Anwälte entfällt ein Elftel des Geschäftswerts von 4.000.000 DM, also ein Gegenstandswert von 363.636,36 DM. Der Auffassung, es sei zur Feststellung des Gegenstandswerts lediglich eine Aktie zugrunde zu legen, soweit die Antragsteller ihren Aktienbesitz nicht angeben (vgl. etwa OLG Düsseldorf NZG 1999, 941 mit zust. Anmerkung Pentz; Bork EWiR 2001, 421/422 = § 10 BRAGO 1/01), vermag der Senat weiterhin nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, daß die außenstehenden Aktionäre über die gemeinsamen Vertreter am Spruchstellenverfahren beteiligt sind (so Bork aaO). Dies gilt jedoch nicht für die Einleitung des Verfahrens; bei diesem entscheidenden Verfahrensschritt nehmen die Antragsteller auch die Interessen der außenstehenden Aktionäre wahr. Da einerseits der Aktienbesitz einzelner Antragsteller nicht bekannt ist und andererseits keiner der Antragsteller mehr als 1,5 % der außenstehenden Aktien gehalten hat, besteht keine Veranlassung, von dem erwähnten Grundsatz abzuweichen.

 

Unterschriften

Sprau, Dr. Schreieder, Dr. Nitsche

 

Fundstellen

Haufe-Index 645536

DB 2001, 2138

JurBüro 2001, 644

AG 2001, 595

OLGR-MBN 2002, 96

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