Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser die gesetzliche Erbfolge ausschließt, solange die Ehefrau lebt, diese zur Alleinerbin einsetzt und zugleich anordnet, daß die Ehefrau bezüglich des an den einzigen Sohn „zu gehenden Pflichtteils” befreite Vorerbin sein soll.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2084, 2100, 2104 S. 1, § 2306

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 4737/00)

AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 3361/69)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. Februar 2001 und des Amtsgerichts Nürnberg vom 10. Mai 2000 aufgehoben.

II. Das Nachlaßgericht wird angewiesen, den Erbschein vom 26.3.1971 einzuziehen sowie entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 1 vom 10.6.1999 einen Erbschein zu erteilen, in dem bezeugt wird, daß der Beteiligte zu 1 seit dem 14.2.1998 den Erblasser allein beerbt hat.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 289.000 festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der im Alter von 70 Jahren verstorbene Erblasser war zweimal verheiratet. Seine zweite Ehefrau ist 1998 nachverstorben. Aus erster Ehe stammt der Beteiligte zu 1. Der Beteiligte zu 2 ist der Sohn der zweiten Ehefrau aus deren erster Ehe und ihr Erbe.

Der Erblasser hinterließ folgendes privatschriftliche Testament:

Mein letzter Wille.

Für den Fall meines Todes bestimme ich folgendes:

Solange meine Ehefrau lebt, soll die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen sein.

Meine Alleinerbin ist in diesem Falle meine Ehefrau Sie ist befugt, über meine Hinterlassenschaft zu bestimmen. Soweit es sich um den an meinen Sohn … (Beteiligter zu 1) zu gehenden Pflichtteil handelt, soll sie die Stellung eines befreiten Vorerben haben.

Mein Vermögen besteht zur Zeit im wesentlichen aus …

am 3.4.1966

Unterschrift

Am 17.1.1969 verfaßte der Erblasser ein privatschriftliches Zusatztestament, das wie folgt lautet:

Zusatz zu meinem Testament vom 3.4.1966:

Für den Fall, daß meine Ehefrau vor mir verstirbt und ich lt. ihrem Testament vom 3.4.1966 in den Genuß ihres gesamten Vermögens – ausschließlich der Bestimmung über das Anwesen – komme, bestimme ich hiermit, daß im Falle meines Todes das mir von meiner Ehefrau hinterlassene Vermögen meinem Stiefsohn … (Beteiligter zu 2), dem leiblichen Sohn meiner Ehefrau, allein zufällt.

Meinem Sohn … (Beteiligter zu 1) steht aus diesem Teil der Erbmasse kein Anspruch zu.

17.1.1969

Unterschrift

Nach dem Tod des Erblassers im Oktober 1969 hat die Witwe beim Nachlaßgericht beantragt, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin ohne Nacherbenvermerk ausweise. Mit Beschluß vom 24.4.1970 hat das Nachlaßgericht diesen Antrag abgelehnt; es hat die Auffassung vertreten, daß der Erblasser Nacherbfolge angeordnet habe. Gegen diese Entscheidung hat die Witwe Beschwerde eingelegt, der der anwaltschaftlich vertretene Beteiligte zu 1 entgegengetreten ist. Mit Beschluß vom 3.2.1971 hat das Landgericht den Beschluß des Nachlaßgerichtes aufgehoben und es angewiesen, der Witwe einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß sie aufgrund des Testaments des Erblassers vom 3.4.1966 dessen unbeschränkte Alleinerbin geworden ist. Am 26.3.1971 hat das Nachlaßgericht den entsprechenden Erbschein erteilt. Am 14.2.1998 verstarb die Witwe, die vom Beteiligten zu 2 allein beerbt worden ist.

Mit am 26.5.1999 eingegangenem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Beteiligte zu 1 gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 3.2.1971 weitere Beschwerde eingelegt, mit der er die Wiederherstellung der nachlaßgerichtlichen Entscheidung vom 24.4.1970 und die Einziehung des Erbscheins vom 26.3.1971 angestrebt hat. Mit Beschluß des Senats vom 18.1.2000 (1Z BR 114/99; FamRZ 2000, 1231 f.) hat der Senat das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.

Am 10.6.1999 hat der Beteiligte zu 1 beim Nachlaßgericht beantragt, ihm einen Erbschein als Alleinerbe des Erblassers zu erteilen, da dieser ihn in den Testamenten vom 3.4.1966 und 17.1.1969 als Nacherben eingesetzt habe und mit dem Tod seiner Witwe der Nacherbfall eingetreten sei. Mit Beschluß vom 10.5.2000 hat das Nachlaßgericht diesen Erbscheinsantrag sowie die Einziehung des der Witwe erteilten Erbscheins vom 26.3.1971 abgelehnt. Die Auslegung des Testaments vom 3.4.1966 ergebe – wie schon der Erbscheinserteilung vom 26.3.1971 zugrundegelegt –, daß der Beteiligte zu 1 nicht als Nacherbe eingesetzt worden sei, und die Anordnung der befreiten Vorerbschaft bezüglich des an den Beteiligten zu 1 zu zahlenden Pflichtteils bedeute, daß dieser nur pflichtteilsberechtigt sein solle und den Pflichtteil erst nach dem Tod der Alleinerbin erhalten solle.

Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluß vom 1.2.2001 zurückgewiesen hat. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde eingelegt, der der Beteiligte zu 2 entgegengetreten ist.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Entscheidungen d...

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