Leitsatz (amtlich)

1. § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO gibt nur eine Rechtsgrundlage für eine Entscheidung über die Gerichtsgebühren, nicht aber über die gerichtlichen Auslagen (Sachverständigenentschädigung; Bestätigung von BayObLGZ 1994, 1).

2. Im Verfahren auf Erlaß einer Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB sind Pflegeeltern Interessenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO.

 

Normenkette

KostO § 2 Nr. 2, § 94 Abs. 3 S. 2; BGB § 1632 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 27.06.1996; Aktenzeichen 13 T 5635/96)

AG Nürnberg (Aktenzeichen VII 999/93)

 

Tenor

Die weiteren Beschwerden gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Juni 1996 werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 24.9.1991 wurde die elterliche Sorge für das betroffene Kind einem Vormund übertragen. Das Kind war am 13.1.1991 zu den Beteiligten in Familienpflege gekommen. Am 19.1.1994 nahm der damalige Vormund (Stadtjugendamt) das Kind aus der Pflegefamilie und brachte es in ein Kinderheim, da er die Überzeugung gewonnen hatte, das Kind erhalte nicht die für seine Entwicklung notwendige Liebe und Zuwendung. Die beteiligten „Pflegeeltern” beantragten beim Vormundschaftsgericht die Anordnung, daß das Kind bei ihnen verbleibe (§ 1632 Abs. 4 BGB). In dem daraufhin eingeleiteten vormundschaftsgerichtlichen Verfahren wurden Sachverständigengutachten vom 11.3.1994 und 18.4.1995 erholt; die Sachverständige wurde am 11.3.1994 auch angehört. Die Gutachten kommen zu dem Ergebnis, eine Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie gefährde das Wohl des Kindes.

Mit Schreiben vom 14.6.1995 nahm der Vormund seinen Antrag auf Herausnahme des Kindes zurück. Am 30.6.1995 erklärte das Amtsgericht daraufhin den Antrag der Beteiligten auf Erlaß einer Verbleibensanordnung für erledigt.

2. Mit Kostenrechnung vom 28.7.1995, zu Soll gestellt am 25.8.1995 und geändert am 3.11.1995, forderte der Kostenbeamte des Amtsgerichts von den Beteiligten die Erstattung der Sachverständigenentschädigung in Höhe von insgesamt 7 621,98 DM.

Die Erinnerungen der Beteiligten gegen diesen Auslagenansatz hat der Vormundschaftsrichter mit Beschluß vom 17.5.1996 zurückgewiesen.

Ihre Beschwerden hiergegen begründen die Beteiligten damit, daß sie nicht Kostenschuldner seien, weil eine gerichtliche Kostenentscheidung nach § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO nicht vorliege und aus § 2 Nr. 2 KostO in diesem Fall keine Pflicht hergeleitet werden könne, die Auslagen zu tragen. Jedenfalls die Kosten für das zweite Sachverständigengutachten (vom 18.4.1995) könnten von ihnen nicht verlangt werden, weil das Kind bereits am 15.3.1994 zu ihnen (einstweilen) zurückgebracht worden sei. Außerdem sei der Zuschlag zur Sachverständigenentschädigung von 50 % überhöht. Dieser Höchstrahmen dürfe nicht automatisch ausgeschöpft werden.

Der Vormundschaftsrichter hat den Beschwerden nicht abgeholfen.

Das Landgericht hat die Beschwerden mit Beschluß vom 27.6.1996 zurückgewiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO beziehe sich nur auf die Gerichtsgebühren, nicht auf die Auslagen, um die es vorliegend allein gehe. Da das Verfahren nach § 1632 Abs. 4 BGB nicht nur im Interesse des Kindes, sondern auch mit Rücksicht auf die Pflegepersonen eingeführt worden sei, seien die Beteiligten als Interessenten Kostenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO. Hinsichtlich der Höhe der Sachverständigenentschädigung schließe sich die Kammer den Ausführungen im angefochtenen Beschluß des Amtsgerichts an.

3. Gegen die landgerichtliche Entscheidung wenden sich die Beteiligten mit der weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässigen weiteren Beschwerden der Beteiligten (§ 14 Abs. 3 Satz 2 KostO) sind sachlich nicht begründet.

Die beteiligten Pflegepersonen werden von der Staatskasse zu Recht auf Zahlung der Sachverständigenentschädigung (Auslagen nach § 137 Nr. 6 KostO) in Anspruch genommen.

1. Auf das Vorliegen einer gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO kann es für die Kostenschuldnerschaft der Beteiligten nicht ankommen, weil diese Regelung eine Rechtsgrundlage für eine Entscheidung über die Gerichtsgebühren, nicht aber über die gerichtlichen Auslagen (Sachverständigenentschädigung) gibt (BayObLGZ 1994, 1 m.w.N.; 1995, 168/169).

2. Die Kostentragungspflicht hinsichtlich der gerichtlichen Auslagen richtet sich somit nach den sonstigen gesetzlichen Vorschriften. Gemäß § 2 Nr. 2 KostO ist bei Geschäften, die von Amts wegen vorgenommen werden, derjenige zur Zahlung der Kosten verpflichtet, dessen Interesse wahrgenommen wird. Diese Vorschrift ist hier ungeachtet der Tatsache anzuwenden, daß die erstrebte Anordnung des Vormundschaftsgerichts nach § 1632 Abs. 4 BGB von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson getroffen werden kann; § 2 Nr. 1 KostO scheidet nämlich in einem solchen Fall aus („nur auf Antrag”; vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 13.Aufl. § 2 Rn. 17).

Durch das Verfahren der Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB, das der Pflegeperson e...

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