Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Auffang-Versicherungspflicht bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit durch Bezug höheren Wohngeldes und erneuter Hilfebedürftigkeit durch Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

Es entsteht keine Auffangversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB 5, wenn der Betroffene nach dem Bezug höheren Wohngelds nicht mehr hilfebedürftig nach dem SGB 12 ist, aufgrund der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung aber umgehend wieder hilfebedürftig wird.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.03.2016; Aktenzeichen B 12 KR 6/14 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.12.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für die Zeit ab 01.08.2009.

Der 1937 geborene Kläger hat rentenrechtliche Versicherungspflichtzeiten aus Beschäftigungen zurückgelegt von 1957 bis 1980. In den Tagen vom 04.02.1981 bis 11.02.1981 war der Kläger versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld. In der Folgezeit war er nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, zunächst bestand eine selbständige Tätigkeit, von 1987 bis 1992 war der Kläger arbeitsuchend gemeldet ohne Leistungsbezug. Seit 01.08.2002 bezieht der Kläger eine Altersrente. Diese betrug gemäß Rentenmitteilung der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern ab 01.07.2009 423,96 €. Seit 2005 erhielt der Kläger von der Beigeladenen ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter (zuletzt gem. Bescheid vom 03.07.2009: 71,32 €) einschließlich fallweise Leistungen der Krankenhilfe. Seit 03.07.2007 steht der Kläger gemäß Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt unter Betreuung hinsichtlich der Vermögenssorge.

Mit Inkrafttreten der Wohngeldnovelle zum 01.01.2009 und im Gefolge der seither erhöhten Wohngeldleistungen entstanden auch für den Kläger Leistungsansprüche nach dem Wohngeldgesetz, sodass dieser aus dem Sozialleistungsbezug nach dem SGB XII in die Leistungen des Wohngeldgesetzes wechseln konnte. Auf seinen Antrag vom 09.12.2008 bewilligte die Beigeladene deshalb mit Bescheid vom 22.07.2009 Wohngeld für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.03.2010 in Gestalt eines Mietzuschusses in Höhe von 81,00 € monatlich.

Wegen des Wohngeldbezuges hob die Beigeladene mit Bescheid vom 22.07.2009 die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII mit Wirkung ab 01.08.2009 auf, weil die Leistungen nach dem SGB XII als niedrigere Leistungen zurücktreten müssten. Gleichzeitig veranlasste die Beigeladene den Kläger, eine Pflichtversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durchzuführen. Dem folgend beantragte der Kläger am 23.09.2009 bei der Beklagten, bei ihm diese Pflichtversicherung durchzuführen. Mit Bescheid vom 26.10.2009/Widerspruchsbescheid vom 19.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zuletzt habe der Kläger Krankenhilfe nach dem SGB XII bezogen, die Beklagte habe nur im Aushilfswege Leistungen erbracht, so dass der Kläger nicht "zuletzt" im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gesetzlich krankenversichert gewesen sei.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und beantragt, bei ihm ab 01.08.2009 die gesetzliche Krankenversicherung durchzuführen. Er hat geltend gemacht, dass er zuletzt bei der Beklagten, nämlich vom 04.02. bis 11.02.1981, gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Ab 01.08.2009 habe er keine Leistungen nach dem SGB XII erhalten. Damit sei auch sein Anspruch auf Krankenhilfe ab diesem Zeitpunkt nicht mehr existent. Kraft Gesetzes sei daher ein Versicherungsverhältnis zum

01.08.2009 entstanden und zwar gegenüber der Beklagten gemäß Antrag vom 23.09.2009.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2010 verurteilt, beim Kläger die gesetzliche Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durchzuführen ab 01.08.2009. Der Kläger sei nämlich zuletzt vom 04.02. bis 11.02.1981 gesetzlich krankenversichert gewesen. Er sei danach nicht Versicherter eines anderen Krankheitssicherungssystems gewesen, insbesondere nicht in einer privaten Krankenversicherung. Mit Entfall seines Anspruches auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII sei auch der Anspruch auf Krankenhilfe nach § 48 SGB XII entfallen. Damit sei der Kläger ab 01.08.2009 krankenversicherungspflichtig. Ein Ausschlusstatbestand sei nicht erfüllt, das Entfallen des Anspruches auf Leistungen nach dem SGB XII sei dadurch begründet gewesen, dass der Kläger nur noch Leistungen nach dem Wohngeldgesetz habe beanspruchen können.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, der Kläger habe auch über den 01.08.2009 hinaus Anspruch nach Krankenhilfe nach dem SGB XII. Denn an der Hilfebedürftigkeit infolge Vermögenslosigkeit habe sich auf Se...

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