Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindererziehungszeiten für Witwenrente

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Anwendung des § 307d SGB VI bei einer Witwe, die keine Rente aus eigener Versicherung bezieht, sondern nur die aus der Versicherung ihres Ehemannes abgeleitete Hinterbliebenenrente.

 

Normenkette

SGB VI § 307 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 1a, 3, § 50 Abs. 1, §§ 56-57, 88 Abs. 2, § 210 Abs. 1 Nr. 2, § 249 Abs. 1, 6, 7 S. 2; SGB X §§ 44, 48 Abs. 1

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 15.10.2021 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2019 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine höhere Witwenrente unter Berücksichtigung der sog. "Mütterrente II" ab dem 01.01.2019 hat.

Die am 04.02.1935 geborene Klägerin war die Ehefrau des am 17.02.1924 geborenen und am 21.05.2017 verstorbenen Versicherten P. Die Ehe wurde am 17.08.1958 geschlossen. Aus der Ehe gingen 4 Kinder hervor:

- S, geb. 28.08.1959

- A, geb. 31.08.1960

- E, geb. 08.06.1962

- R, geb. 22.08.1971

Seit 01.10.1972 war der Versicherte als selbständiger Landwirt tätig. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung soll nach den Unterlagen der Beklagten in der Zeit vom 01.09.1987 bis 31.12.1987 mit einem Bruttoarbeitsentgelt von 1.800,-- DM für den gesamten Zeitraum bei seinem Sohn E vorgelegen haben.

Am 08.09.1987 stellte der Versicherte bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten für seine 4 Kinder und gab zusätzlich zusammen mit seiner Ehefrau die Erklärung ab, dass er als Vater die Kinder in ihren ersten 12 Monaten erzogen habe.

Auf entsprechenden Antrag wurde dem Versicherten mit Bescheid der Beklagten vom 19.03.1989 Altersruhegeld ab dem 01.03.1989 bewilligt, wobei dem Versicherungsverlauf des Bescheids zu entnehmen ist, dass für alle 4 Kinder jeweils 12 Monate wegen Kindererziehung festgestellt wurden.

Die Klägerin wiederum hatte am 22.01.1998 einen Antrag auf Kontenklärung bei der Beklagten gestellt. Dem Feststellungsbescheid nach § 149 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - vom 12.02.1998 sind Pflichtbeitragszeiten mit Unterbrechungen in der Zeit vom 01.11.1953 bis 17.04.1957 zu entnehmen. Am 15.05.2000 beantragte sie bei der Beklagten die Erstattung ihrer Beiträge nach Vollendung des 65. Lebensjahres, weil sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt hatte. Die Beklagte erstattete mit Bescheid vom 23.05.2000 die von der Klägerin getragenen Beiträge in Höhe von 169,21 DM. In dem Bescheid war darauf hingewiesen, dass mit der Erstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst sei. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestünden nicht mehr.

Mit Bescheid der Beklagten vom 16.08.2014 wurde die Regelaltersrente des Versicherten P mit einem Zuschlag für Kindererziehung (sog. "Mütterrente") neu berechnet und ab dem 01.07.2014 eine monatlich laufende Leistung in Höhe von 625,22 € zuerkannt. Den bisherigen Entgeltpunkten in Höhe von 20,3490 wurden dabei weitere 4,0000 Entgeltpunkte, also je 1,000 Entgeltpunkt pro Kind, pauschal hinzugerechnet.

Nach dem Tod des Versicherten am 21.05.2017 beantragte die Klägerin am 31.05.2017 bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Vorgelegt wurde hierbei der Vordruck "V0800" - Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, den die Klägerin unter dem Datum 22.06.2017 unterschrieben hatte. In diesem Vordruck war in den Angaben zur Person der verstorbene Versicherte P angegeben. Weiter war angegeben, dass er als Landwirt im Vollerwerb tätig gewesen sei und der Betrieb während der gesamten Dauer der angegebenen Erziehungszeiten im Unternehmerverzeichnis der Landwirtschaftlichen Alterskasse eingetragen gewesen sei. Unter Ziffer 2 des Formulars war angegeben, dass die 4 Kinder jeweils bis zum 10. Lebensjahr nach der Geburt ohne Unterbrechungen erzogen worden seien. Es sei bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (DRV Nordbayern) eine Altfallerklärung mit einer Zuordnung der Kindererziehung zum Vater abgegeben worden.

Die Beklagte bewertete dies als Antrag der Klägerin auf Feststellung von Kinderberücksichtigungszeiten vom 28.08.1959 bis 21.08.1981 für ihre 4 Kinder. Mit Bescheid vom 26.06.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.06.2017 große Witwenrente in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von 660,25 €. Dabei wurde für das Kind S eine Kindererziehungszeit vom 01.09.1959 bis 31.08.1960 sowie eine Berücksichtigungszeit vom 01.09.1959 bis 31.08.1960 anerkannt. Für das Kind A wurde die Zeit vom 01.09.1960 bis 31.08.1961 als Kindererziehungszeit sowie als Berücksichtigungszeit anerkannt. Für das Kind E wurde die Zeit vom 01.07.1962 bis 30.06.1963 als Kinderziehungszeit und als Berücksichtigungs...

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