Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung nach dem JVEG. Anordnung des persönlichen Erscheinens. Auslagenvergütungsanspruch gegen die Staatskasse. gerichtskostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197a SGG. Bindungswirkung der Entscheidung des Hauptsachegerichts. Hinweis auf möglichen Entschädigungsanspruch im Ladungsschreiben

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Verfahren gem § 197a SGG besteht auch für den Fall der Anordnung des persönlichen Erscheinens kein Auslagenvergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Dies gilt selbst dann, wenn ein Entschädigungsantrag ausgehändigt worden ist oder eine Erstattung als möglich dargestellt worden ist.

2. Die Frage, ob das Hauptsacheverfahren ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197a SGG oder ein gerichtskostenfreies gemäß § 183 SGG ist, ist einer Entscheidung durch das Gericht der Kostensache entzogen. Die diesbezüglich ergangene Festlegung des Hauptsachegerichts ist, unabhängig von deren materiellen Richtigkeit, für das Kostengericht bindend.

 

Tenor

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen der Wahrnehmung des Termins der mündlichen Verhandlung am 25.03.2015.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin.

Der Antragsteller ist Kläger in einem Rechtsstreit mit der DAK-Gesundheit. In dem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 4 KR 49/13 geführten Berufungsverfahren (im Folgenden: Hauptsacheverfahren) erschien er am 25.03.2015 zum Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Bayer. LSG in B-Stadt. Sein persönliches Erscheinen war angeordnet worden, wobei im Ladungsschreiben des Gerichts vom 03.03.2015 auch auf einen Entschädigungsanspruch für das Erscheinen beim Termin hingewiesen worden war.

Mit Entschädigungsantrag vom 25.03.2015 machte der Antragsteller die ihm für die Wahrnehmung des Gerichtstermins entstandenen Kosten beim Bayer. LSG geltend.

Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 20.04.2015 mit, dass eine Entschädigung nicht erfolgen könne, da es sich beim Hauptsacheverfahren um ein Verfahren gemäß § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) handle, bei dem eine Entschädigung nicht vorgesehen sei. Grundlage für dieses Schreiben war eine zuvor auf Nachfrage der Kostenbeamtin ergangene Verfügung der Vorsitzenden des Hauptsachesenats vom 14.04.2015, wonach das Hauptsacheverfahren des Antragstellers ein solches gemäß § 197 a SGG darstelle.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28.05.2015 hat der Antragsteller die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beantragt. Die Ablehnung der Erstattung der entstandenen Auslagen sei - so die Bevollmächtigten - nicht gerechtfertigt, da das persönliche Erscheinen des Antragstellers angeordnet worden sei. Daran ändere § 197 a SGG nichts, da diese Vorschrift nicht anwendbar sei. Das Gericht sei selbst von der Anwendung des § 191 SGG ausgegangen, da dem Antragsteller das Antragsformular im Termin der mündlichen Verhandlung mit der Bemerkung übergeben worden sei, dass er damit die Erstattung seiner Reisekosten beantragen könne.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 28.05.2015 die gerichtliche Festsetzung beantragt.

En Anspruch auf Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 25.03.2015 besteht nicht.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).

2. Grundvoraussetzung für die Entschädigung eines Beteiligten: gerichtskostenfreies Verfahren gemäß § 183 SGG

Der Antragsteller hat keinen Entschädigungsanspruch nach dem JVEG, da davon auszugehen ist, dass das zugrunde liegende krankenversicherungsrechtliche Hauptsacheverfahren kein gerichtskostenfreies Verfahren gemäß § 183 S...

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