Umstritten ist, ob Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung als bauliche Veränderungen zu qualifizieren sind oder noch den Erhaltungsmaßnahmen zugeordnet werden können.[1]

Keine Konsequenzen hat die Differenzierung zunächst hinsichtlich einer Kostenbelastung sämtlicher Wohnungseigentümer. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG ordnet nämlich eine Kostentragungsverpflichtung aller Wohnungseigentümer für Maßnahmen der baulichen Veränderung an, die sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Auch nach der vor Inkrafttreten des WEMoG geltenden Rechtslage mussten sich die Kosten einer modernisierenden Instandsetzung innerhalb eines solchen Zeitraums amortisieren. Als maßgeblich wurde ein Zeitraum von ca. 10 Jahren angenommen.[2] Zwar kein unverrückbares Dogma, aber doch als wichtiger Anhaltspunkt gilt dieser Zeitraum auch hinsichtlich der Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG.[3]

Finanzierung von Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung

Praktische Auswirkungen hat der Meinungsstreit im Ergebnis allerdings auf die Finanzierung derartiger Maßnahmen. Geht man mit der wohl h. M. davon aus, dass Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung unter § 20 Abs. 1 WEG zu subsumieren sind, könnte dies zur Annahme verleiten, eine Finanzierung aus der Erhaltungsrücklage käme nicht in Betracht. Hier wird die Rechtsprechung grundsätzlich für Klärung sorgen müssen. Allerdings ist stets zu berücksichtigen, dass Erhaltungsmaßnahmen entsprechend den heutigen energetischen Anforderungen durchzuführen sind und im Übrigen dem anerkannten Stand der Technik sowie den Regeln der Baukunst und insbesondere öffentlich-rechtlichen Vorgaben entsprechen müssen.[4] Ist z. B. das Dach der Wohnanlage erhaltungsbedürftig, sind die geltenden Anforderungen nach dem GEG zu beachten. Entsprechendes gilt für Erhaltungsmaßnahmen an der Gebäudefassade. Insoweit werden viele Erhaltungsmaßnahmen auch mit einer Modernisierung verbunden und dennoch als Erhaltungsmaßnahmen des § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG zu kategorisieren sein. Zu berücksichtigen wird weiter sein, dass der Vermieter das Recht hat, den bei der Erhaltung nach § 555a BGB jeweils neuesten Stand der Technik einzuhalten.[5] Maßgeblich dürfte im Übrigen bleiben, dass die Rechtsprechung auf Grundlage des alten Rechts keine Einwände gegen die Finanzierung von Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung aus der Erhaltungsrücklage hatte.[6] Auch in der juristischen Literatur wird für die Rechtslage seit Inkrafttreten des WEMoG vertreten, Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung könnten aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden.[7]

[1] So Jennißen/Sommer/Heinemann, WEG, § 19 Rn. 104; Zschieschack ZWE 2021, S. 68 (69); Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, 2020, § 4 Rn. 3; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6 Rn. 9; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020 Rn. 1609; BeckOGK/Kempfle, 1.6.2021, § 20 Rn. 33; Blankenstein, WEG-Reform 2020 S. 467; a. A. Deutsches Ständiges Schiedsgericht für Wohnungseigentum, Schiedsspruch v. 29.3.2022, SG 21/07/128, ZMR 2022 S. 590; Hügel/Elzer, WEG, § 19 Rn. 72; BeckOK WEG/Elzer, 47. Ed. 1.1.2022, WEG § 19 Rn. 69.
[2] BGH, Urteil v. 14.12.2012, V ZR 224/11, ZMR 2013 S. 292; LG Bremen, Urteil v. 10.7.2015, 4 S 318/10, ZMR 2015 S. 776.
[3] BT-Drs. 19/22634 S. 43.
[4] Jennißen/Hogenschurz, WEG, § 20 Rn. 28.
[5] Jennißen/Hogenschurz a. a. O.; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 555a BGB Rn. 9 m. w. N.
[6] U. a. OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 15.11.2010, 20 W 138/08, ZMR 2011 S. 737; LG Braunschweig, Urteil v. 24.8.2018, 6 S 15/18, ZMR 2019 S. 139.
[7] Hügel/Elzer, WEG § 19 Rn. 142; vgl. auch Deutsches Ständiges Schiedsgericht für Wohnungseigentum, Schiedsspruch v. 29.3.2022, SG 21/07/128, ZMR 2022 S. 590.

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