Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegedienstleiterin eines Alten- und Pflegeheimes

 

Leitsatz (redaktionell)

Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Abgrenzung der Geltungsbereiche der SR 2 a und SR 2 b zum BAT

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 21.07.1993; Aktenzeichen 7 Sa 40/92 E)

ArbG Celle (Urteil vom 28.11.1991; Aktenzeichen 2 Ca 193/91 E)

 

Tenor

1. Auf die Revision der beklagten Stadt wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 21. Juli 1993 – 7 Sa 40/92 E – insoweit aufgehoben, als es die Verpflichtung der Beklagten festgestellt hat, an die Klägerin ab dem 18. November 1990 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe Kr. VIII zu zahlen.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 28. November 1991 – 2 Ca 193/91 E – wird auch insoweit zurückgewiesen und dies zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der als Pflegedienstleiterin eines Alten- und Pflegeheims der Stadt beschäftigten Klägerin nach den Vergütungsgruppen der SR 2 a oder der SR 2 b zum BAT.

Die tarifgebundene Klägerin ist ausgebildete Kinderkrankenschwester und seit dem 18. November 1985 als Pflegedienstleiterin bei der Beklagten in dem von dieser betriebenen Alten- und Pflegeheim „H. stift” beschäftigt. Ihr sind ständig 20 Personen unterstellt. Die Klägerin war zuvor bereits seit 1957 im Pflegebereich tätig.

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 4. November 1985 „nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Daneben finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung”. Die Klägerin erhält zur Zeit Vergütung nach der Vergütungsgruppe Kr. VII der Anlage 1 b zum BAT/VKA, wobei die Beklagte von der Anwendbarkeit der SR 2 b zum BAT ausgeht und dementsprechend den Abschnitt B (Fallgruppe 4) der Vergütungsberechnung zugrunde legt.

Mit Schreiben vom 23. Januar 1990 machte die Klägerin u.a. eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Kr. VIII BAT/VKA sowie die Zahlung einer Schichtzulage und von Zeitzuschlägen für Samstagsarbeit nach dem Abschnitt A der Anlage 1 b BAT/VKA ab dem 1. August 1989 geltend. Zuvor hatte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 6. Januar 1990 entsprechende Zahlungen abgelehnt.

Im H. stift sind 91 Pflegeheimplätze und 36 Altenheimplätze eingerichtet. Für die Alten- bzw. Pflegeheimplätze verwendet die Beklagte jeweils unterschiedliche Vertragsmuster.

Die ärztliche Betreuung der Heimbewohner wird durch niedergelassene Ärzte bei freier Arztwahl seitens der Bewohner sichergestellt. Der Pflegedienst wird durch Altenpfleger/Altenpflegerinnen und Altenpflegehelferinnen durchgeführt. Ferner wird nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine Krankenschwester, nämlich die Klägerin, beschäftigt. In der Revisionsinstanz hat die Klägerin erstmals geltend gemacht, es seien drei Krankenschwestern bzw. Pfleger beschäftigt. Der Stellenplan weist insgesamt 29,5 Stellen aus, was einem Personalschlüssel von 1:4,45 entspricht.

Die Kosten für Pflegegeld und Pflegeheimunterbringung werden über den Lastenausgleich, die Kriegsopferfürsorge oder die gesetzliche Unfallversicherung erbracht, nicht aber von der Krankenkasse.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien unterstehe der SR 2 a zum BAT, da das H. stift ein Heim sei, bei dem die krankenpflegerische Tätigkeit im Vordergrund stehe. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Zahlenverhältnis von Altenheim- zu Pflegeheimplätzen, sondern auch aus den für die beiden Heimbereiche verwendeten unterschiedlichen Formularverträgen. Ebenso spreche der Personalschlüssel für eine überwiegende Ausrichtung des Stifts an der Krankenpflege. Die Klägerin hat weiter vorgetragen, das Heim bestehe bereits seit 1947 und habe damals den tariflichen Regelungen des Kr T unterstanden. Die Anwendung der SR 2 a ergebe sich mithin aus der betrieblichen Besitzstandsklausel der SR 2 b Nr. 1 Satz 4 BAT.

Die Klägerin hat sich weiter darauf berufen, die begehrte Eingruppierung ergebe sich auch aus der Vorbemerkung zu Abschnitt B, da die von ihr erfüllten Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe VIII des Abschnitts A in Abschnitt B nicht enthalten seien.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin seit dem 1. August 1989 Vergütung nach Maßgabe der VergGr. Kr. VIII der Anlage 1 b zum BAT zu zahlen und den jeweiligen Differenzbetrag zwischen gezahlter und beantragter Vergütung beginnend mit der Rechtshängigkeit der Klage zum 15. eines jeden Monats mit 4 % zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, in dem H. stift seien erstmals im Jahre 1971 die Pflegekräfte im Haushaltsplan aufgeführt worden. Ob bereits vorher Pflegetätigkeiten erbracht worden seien, könne nicht mehr festgestellt werden. Im übrigen sei zwischen Krankenpflege und Altenpflege zu unterscheiden. Nur bei einem geringen Teil der Bewohner des H. stifts träten vorübergehend oder ständig Krankheiten zu bereits vorhandenen Altersleiden hinzu. Das Schwergewicht der Tätigkeit liege daher auf dem Gebiet der Altenpflege.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage hinsichtlich der in der Revisionsinstanz noch anhängigen Eingruppierungsfrage ab 18. November 1990 entsprochen und im übrigen die Klage abgewiesen.

Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage auch insoweit. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat keinen Vergütungsanspruch auf der Grundlage der SR 2 a zum BAT, vielmehr unterfällt das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis der SR 2 b zum BAT.

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Tarifbindung und einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der VKA-Fassung (BAT/VKA) Anwendung.

Danach kommt es für die Klageforderung darauf an, ob mindestens die Hälfte der die Arbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihr in Anspruch genommenen VergGr. Kr. VIII entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Arbeitsvorgang ist danach ein unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten unter Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständige Arbeitseinheit, der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 20. Juni 1990 – 4 AZR 91/90 – AP Nr. 150 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = ZTR 1990, 473; jeweils m.w.N.). Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zutreffend angenommen, die Tätigkeit der Klägerin als Pflegedienstleiterin stelle einen einzigen großen Arbeitsvorgang in diesem Sinne dar. Bei der Tätigkeit der Klägerin als Pflegedienstleiterin lassen sich zwar unmittelbare Leitungstätigkeiten und Zusammenhangstätigkeiten unterscheiden, letztlich dienen jedoch alle Tätigkeiten der Klägerin dem Arbeitsergebnis der Leitung des Pflegebereichs. Diese Leitungsaufgabe übt die Klägerin ununterbrochen während ihrer gesamten Arbeitszeit selbst dann aus, wenn sie sich gerade mit anderen Aufgaben als mit Leitungsaufgaben beschäftigt. Denn auch dann muß die Klägerin jederzeit und sofort in der Lage sein, aktiv durch Erteilung der erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen Leitungsaufgaben im Pflegebereich der Station wahrzunehmen (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BAG Urteil vom 20. Juni 1990 – 4 AZR 91/90 – AP, a.a.O.).

II.1. Die Klägerin hat Anspruch auf die von ihr begehrte Vergütung aus der VergGr. Kr. VIII, wenn es sich bei dem Alten- und Pflegeheim der Beklagten um eine Anstalt handelt, die unter den Geltungsbereich der SR 2 a zum BAT zu subsumieren ist.

Diese gelten nach ihrer Nr. 1 für Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, sowie u.a. für die Angestellten in Alters- und Pflegeheimen mit überwiegend krankenpflegebedürftigen Insassen.

2. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, daß diese Tatbestandsmerkmale bei dem H. stift der Beklagten gegeben sind.

a) Die Tarifvertragsparteien haben nicht im einzelnen erläutert, wie der Geltungsbereich der SR 2 a, soweit davon Angestellte in Alters- und Pflegeheimen erfaßt werden, abzugrenzen ist.

Bei der Auslegung von Tarifverträgen ist grundsätzlich in erster Linie auf den Wortlaut und den Gesamt Zusammenhang der tariflichen Vorschriften abzustellen (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Nach dem Wortlaut der tariflichen Regelung genügt für die Anwendung der SR 2 a BAT, daß der Angestellte in einem Alters- und Pflegeheim mit überwiegend kranken- und pflegebedürftigen Insassen beschäftigt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BAG Urteil vom 20. Juni 1990 – 4 AZR 91/90 – AP, a.a.O.), der sich der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen hat (Urteil vom 1. September 1993 – 10 AZR 259/92 – ZTR 1994, 162) kommt es für die Frage, ob es sich bei einer Einrichtung um ein Alters- und Pflegeheim mit überwiegend kranken- und pflegebedürftigen Insassen im Sinne der SR 2 a zum BAT handelt auf den Zweck der betreffenden Einrichtung an, wobei sich die Zweckbestimmung den in der SR 2 a genannten Beispielen entnehmen läßt. Für diese ist kennzeichnend, daß sie der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Behandlung einer Krankheit der in ihnen untergebrachten Personen dienen. Deshalb unterfallen Alters- und Pflegeheime nach dem Wortlaut der Tarifvorschrift nur dann der SR 2 a BAT, wenn die Insassen überwiegend krankenpflegebedürftig sind und der Zweck des Heimes somit nicht nur in der Behandlung von altersbedingten Krankheiten besteht, sondern in der Wiederherstellung der Gesundheit der Patienten und deren anschließender Entlassung. Hieran ist festzuhalten.

b) Die hier vertretene Auslegung der Regelung der SR 2 a zum BAT ergibt sich auch aus dessen Gesamt Zusammenhang. Es kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Geltungsbereich der SR 2 b nach dem Wortlaut der Nr. 1 diejenigen Angestellten in Anstalten und Pflegeheimen erfaßt, die nicht unter die SR 2 a fallen, wenn diese der Förderung der Gesundheit, der Erziehung, Fürsorge und der Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der Fürsorge oder Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen dienen. Daß für diesen Personenkreis eine ärztliche Behandlung nötig sein kann oder auch regelmäßig durchgeführt werden muß, ist für die Zweckbestimmung unerheblich. Der Zweck dieser Anstalten und Heime liegt im Gegensatz zu dem der der SR 2 a unterfallenden jedenfalls nicht in der Behandlung von akuten Krankheiten und Entlassung der Patienten nach Wiederherstellung ihrer Gesundheit, sondern in den genannten anderen Zielen, was eine regelmäßige ärztliche oder pflegerische Behandlung jedoch nicht ausschließt.

3. Nach diesen Grundsätzen ist das H. stift der Beklagten keine Anstalt im sinne der SR 2 a BAT, da der Zweck dieses Stiftes nicht in der Behandlung von Krankheiten der dort untergebrachten alten und gebrechlichen Personen und deren Entlassung nach Wiederherstellung ihrer Gesundheit, sondern, selbst wenn man mit der Klägerin ein Überwiegen der Pflegeheimplätze annimmt, in der Fürsorge oder Betreuung von alten und gebrechlichen Personen besteht, die allerdings teilweise von einer medizinischen Betreuung begleitet wird.

III.1. Die Klägerin gehört auch nicht zum Pflegepersonal im Sinne der Vorbemerkung des Abschnitts B. Diese Vorbemerkung lautet:

„Krankenschwestern/Altenpflegerinnen sind nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe Kr. IV oder einer höheren Vergütungsgruppe des Abschnitts A eingruppiert, wenn sie eine diesen Tätigkeitsmerkmalen entsprechende Tätigkeit ausüben und der Abschnitt B ein Tätigkeitsmerkmal für diese Tätigkeit nicht enthält.”

2.a) Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht, weil ihre Tätigkeit von folgendem Tätigkeitsmerkmal des Abschnitts B erfaßt wird:

Vergütungsgruppe Kr. VII

3. Krankenschwestern der Vergütungsgruppe Kr. VI Fallgruppe 1 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.

4. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Kr. VI Fallgruppe 3 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.

Vergütungsgruppe Kr. VI

1. Krankenschwestern, denen mindestens 10 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

Die Klägerin ist ausgebildete Krankenschwester, ihr sind unstreitig ständig 20 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung unterstellt. Ihre Tätigkeit wird daher von den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. Kr. VI und Kr. VII Fallgruppen 1 bzw. 3 des Abschnitts B erfaßt.

b) Nach dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung, die für die Tarifauslegung entscheidend ist, werden in Abschnitt B in den Fallgruppen, die für Krankenschwestern gelten, denen eine bestimmte Anzahl von Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind, die Leitungstätigkeiten dieser Krankenschwestern voll erfaßt. Der Abschnitt B enthält zwar im Gegensatz zu dem Abschnitt A keine Merkmale für Leitende Krankenschwestern, für die nach der Protokollerklärung Nr. 20 und 21 kennzeichnend ist, daß sie die Gesamt Verantwortung für den Pflegedienst des Krankenhauses bzw. des zugeteilten Pflegebereichs haben. Dies beruht aber ersichtlich darauf, daß die Tarifvertragsparteien davon ausgingen, in den Anstalten des Abschnitts B gebe es im Krankenpflegebereich nicht mehrere Stationen, die unter eine einheitliche Leitung gestellt werden müßten, sondern jeweils – wie im vorliegenden Fall – nur eine Station, deren Leiterin nach der Anzahl der unterstellten Pflegepersonen eingruppiert wird. Nur so läßt sich erklären, warum in Abschnitt A bei den Merkmalen für Leitende Krankenschwestern keine Unterstellung einer bestimmten Anzahl von Pflegepersonen verlangt wird, sondern nur die Beschäftigung einer bestimmten Anzahl von Pflegepersonen der betreffenden Anstalt bzw. dem Pflegebereich (vgl. die Vergütungsgruppen Kr. VIII Fallgr. 5 und 11; Kr. IX Fallgr. 4 und 9; Kr. X Fallgr. 2 und Kr. XI bis XIII jeweils Fallgr. 1). Dies ist nur dann verständlich, wenn die Leitende Krankenschwester die Gesamtverantwortung für die Krankenschwestern trägt, die ihre jeweilige Station leiten und denen ihrerseits eine bestimmte Anzahl von Pflegepersonen ständig unterstellt sind. Den Leitenden Krankenschwestern sind diese Pflegepersonen nicht unmittelbar unterstellt. Die Leitenden Krankenschwestern tragen vielmehr die Gesamtverantwortung für den Pflegebereich.

c) Wie der Senat bereits in der mehrfach zitierten Entscheidung vom 20. Juni 1990 (a.a.O.) ausgeführt hat, wird allein mit dieser Auslegung auch ein Wertungswiderspruch in den höheren Vergütungsgruppen vermieden. In Abschnitt B sind in VergGr. Kr. VIII Fallgruppe 1 eingruppiert „Krankenschwestern, denen mindestens 50 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind”. Demgegenüber erfordert in Abschnitt A das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Kr. VIII Fallgruppe 5 für Leitende Krankenschwestern, daß in ihren Anstalten bzw. Pflegebereichen „mindestens 75 Pflegepersonen” beschäftigt sind. Wäre die Klägerin als Leitende Krankenschwester anzusehen, könnte sie danach nicht in VergGr. Kr. VIII BAT, sondern nur in die niedrigere VergGr. Kr. VII BAT eingruppiert werden, wenn in ihrem Pflegebereich mehr als 49 und bis zu 74 Pflegepersonen beschäftigt sind. Nach Abschnitt B erhält jedoch die Krankenschwester, der mindestens 50 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind, bereits Vergütung nach der VergGr. Kr. VIII Fallgruppe 1 BAT. Für die höheren Vergütungsgruppen gilt entsprechendes. Auch daraus wird ersichtlich, daß die Tarifvertragsparteien in Abschnitt B die Leitungsaufgaben der Krankenschwestern mit entsprechenden Tätigkeitsmerkmalen abdecken wollten.

d) Die hier vertretene Auslegung wird im übrigen durch die Neufassung der Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 b zum BAT ab 1. August 1989 unterstrichen. In der seitdem geltenden Protokollerklärung Nr. 20 zum Abschnitt A haben die Tarifvertragsparteien nämlich klargestellt, daß Leitende Krankenschwestern solche Krankenschwestern sind, „die die Gesamtverantwortung für den Pflegedienst des Krankenhauses bzw. des zugeteilten Pflegebereichs haben”. Damit haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich den Tätigkeitsbereich der Leitenden Krankenschwestern im Sinne der tariflichen Tätigkeitsmerkmale auf das Krankenhaus beschränkt. Ein solches betreibt die Beklagte aber nicht.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr.h.c. Schaub, Bott, Schneider, Grätz, Kiefer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073550

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