Rz. 6

Arbeitnehmerähnliche Beschäftigte sind keine Arbeitnehmer, sondern Selbstständige; ihnen fehlt die für Arbeitnehmer typische persönliche Abhängigkeit. Nach der Gesetzesbegründung sollen sie wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit aber sozial ebenso schutzwürdig sein wie Arbeitnehmer.[1] Dagegen nimmt der Fremdgeschäftsführer einer GmbH Arbeitgeberfunktionen wahr und ist deshalb keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine arbeitgeberähnliche Person.[2] Die "Danosa"-Rechtsprechung des EuGH[3] spielt hier keine Rolle, da im Rahmen des PflegeZG der nationale und nicht der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff als Maßstab anzulegen ist.

 

Rz. 7

An die Stelle der für ein Arbeitsverhältnis maßgeblichen persönlichen Abhängigkeit tritt bei arbeitnehmerähnlichen Personen die wirtschaftliche Abhängigkeit.[4] Diese ist regelmäßig gegeben, wenn der Betroffene auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Dienstleistung zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist.[5] Der wirtschaftlich Abhängige muss außerdem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein[6], wenngleich der Gesetzgeber – anders als in § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG – davon abgesehen hat, die "vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit" als weiteres Tatbestandsmerkmal in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Insbesondere bei der Tätigkeit für nur einen Auftraggeber kann das der Fall sein. Dafür erforderlich ist eine gewisse Dauerbeziehung. Eine seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit ist gegeben, wenn das Maß der Abhängigkeit so ausgeprägt ist, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt und die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind.[7] Dazu wird erforderlich sein, dass die arbeitnehmerähnliche Person die von ihr vertraglich geschuldete Leistung persönlich, d. h. im Wesentlichen ohne eigene Mitarbeiter erbringt.

 

Rz. 8

§ 12a TVG enthält in § 12a Abs. 1 Nr. 1 a) und b) TVG Zeit- und Verdienstrelationen, die zur Bestimmung der Eigenschaft eines arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen herangezogen werden können.[8] Die wirtschaftliche Abhängigkeit wird nach § 12a TVG dadurch bestimmt, dass

  • die Tätigkeit überwiegend für eine Person erbracht wird oder
  • bei einer Person mehr als die Hälfte ihres Entgelts erzielt wird.
 

Rz. 9

Im Gegensatz zum weisungsgebundenen Arbeitnehmer kann ein arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen.[9] Deshalb ist nicht ersichtlich, weshalb ein auf Basis eines freien Dienst- oder Werkvertrags tätiger Selbstständiger den ihm durch § 3 Abs. 1 PflegeZG eingeräumten Anspruch auf Pflegezeit benötigt.[10]

[1] BT-Drucks. 16/7439 S. 93, 94 zu § 7 Abs. 1. Den persönlichen Anwendungsbereich insoweit ebenfalls bejahend ErfK/Gallner/Bubach, 24. Aufl. 2024, § 3 PflegeZG, Rz. 1.

S. zur vergleichbaren Situation der Anwendbarkeit des BUrlG Tillmanns, § 2 BUrlG, Rz. 21 ff.

[6] BAG, Beschluss v. 9.4.2019, 9 AZB 2/19, Rz. 19; vgl. auch BAG, Beschluss v. 21.1.2019, 9 AZB 23/18, Rz. 31 m. w. N.; ebenso KR/Treber, 13. Aufl. 2022, §§ 1-8 PflegeZG, Rz. 18.
[7] BAG, Urteil v. 15.11.2005, 9 AZR 626/04, s. hierzu auch Reinhard/Schütz, EFZG, 1. Aufl. 2006, § 1 EFZG, Rz. 7.
[10] Kritisch zur Einbeziehung auch Linck, BB 2008, 2738.

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