Entscheidungsstichwort (Thema)

betriebsbedingte Kündigung von Grundschullehrern wegen mangelnden Bedarfs

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Stellenwegfall nicht auf die einzelne Planstelle bezogen in dem Haushaltsplan dokumentiert, kann dieser Haushaltsplan für sich genommen den Ausspruch der Kündigung nicht rechtfertigen. Hinzukommen muss eine unternehmerische Entscheidung in Form eines auf den konkreten Stellenbedarf zugeschnittenen Konzepts, mit dem Ziel, den Personalstand dem Haushaltsansatz anzupassen. Dieses Personalkonzept ist, soweit es die Vorgaben des Haushaltsplanes hinsichtlich der wegfallenden Stellen übernimmt, eine Maßnahme der Mittelbewirtschaftung. Kündigungsschutzrechtlich ist dieses Konzept insoweit von Bedeutung, als aus diesem hervorgehen muss, wie das zukünftig zu erwartende Schüleraufkommen an den Grundschulen stellenplanmäßig bedient werden soll.

Trägt der Arbeitgeber ins einzelne gehend vor, dass er unter Rückgriff auf statistische Erhebungen das in den kommenden Jahren zu erwartende Schüleraufkommen an Grundschulen prognostisch ermittelt und entsprechend der Bestimmungen der Verwaltungsvorschrift zur Organisation des jeweiligen Schuljahres eine Prognose des auf die zu erwartenden Schülerzahlen bezogenen Bedarfs an Grundschullehrern aufgestellt hat, um aus der Gegenüberstellung des tatsächlichen Bestandes an beschäftigten Grundschullehrern mit dem prognostizierten Bedarf an Lehrkräften feststellen zu können, in welchem Umfang ein Überhang an Grundschullehrern besteht, hat er ein solches Konzept nachvollziehbar dargelegt.

Ergibt diese Gegenüberstellung einen Überhang an beschäftigten Grundschullehrern, steht fest, dass in dem Umfang des Überhangs das Beschäftigungsbedürfnis für Grundschullehrer entfallen ist. In einem solchen Fall sind die zum Abbau dieses Überhangs ausgesprochenen Kündigungen durch dringende betriebliche Gründe bedingt.

Für die Feststellung, ob tatsächlich ein solcher Überhang besteht, kommt es nicht auf die mathematischen Einzelheiten der Berechnungsmethode an, sondern darauf, ob das prognostizierte Berechnungsergebnis in der Praxis in der jeder Prognose immanenten Spannweite zutreffend ist.

Steht fest, dass nicht alle der noch in Teilzeit beschäftigten nichtgekündigten Grundschullehrer im Schulamtsbezirk wegen der zu geringen Schülerzahlen entsprechend ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen an den Grundschulen zum Einsatz kommen können und diese deshalb als Aushilfskräfte jeweils befristet für ein Schuljahr an Regelschulen abgeordnet werden, ist daraus der Schluss zu ziehen, dass es bei Beachtung der haushaltrechtlichen Vorgaben nicht nur keine freien Planstellen für eine Weiterbeschäftigung der gekündigten vollbeschäftigten Grundschullehrer gibt, sondern dass hierfür bei der vom Beklagten praktizierten Schulorganisation auch überhaupt kein tatsächlicher Bedarf besteht.

Bei Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen von Grundschullehrern ist die Sozialauswahl auf den Bereich des jeweiligen Staatlichen Schulamtes beschränkt. Das Schulamt und nicht die einzelne Grundschule ist die Beschäftigungsdienststelle der Lehrer im Sinne des Kündigungsrechts. Wegen der Betriebsbezogenheit der Sozialauswahl hat sich diese damit im Rahmen dieser Dienststelle zu vollziehen.

Eine Einbeziehung der in Teilzeit beschäftigten Grundschullehrer in die Sozialauswahl kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Arbeitgeber mit dem Angebot des Floating-Modells die Organisationsentscheidung getroffen hat – und zwar um betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern –, auf die sich reduzierenden Schülerzahlen mit der Teilzeitbeschäftigung von Lehrern zu reagieren. Diese die Arbeitsgerichte bindende unternehmerische Entscheidung ist bereits wegen des zugrunde liegenden Motivs nicht unvernünftig oder gar willkürlich.

Haben sich ein großer Teil der Grundschullehrer über einen Zeitraum von 15 Jahren zu einer ganz wesentlichen Verkürzung ihrer Arbeitszeit verbunden mit der Inkaufnahme der damit einhergehenden erheblichen finanziellen Einbußen zur Vermeidung von Massenentlassungen bereit erklärt und zum Ausgleich dafür für diese Zeit Kündigungsschutz erhalten und haben diese Vereinbarungen auch die Zustimmung der Tarifvertragsparteien gefunden, stellt die aus diesen Teilzeitvereinbarungen resultierende erhebliche Verkleinerung der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Grundschullehrer eine bloße Reflexwirkung der darin enthaltenen Unkündbarkeitsvereinbarungen und keine Umgehung des § 1 Abs. 3 KSchG dar.

Findet eine Erörterung mit der Schwerbehindertenvertretung und dem zuständigen Personalrat gemäß § 84 SGB X (§ 14 c SchwbG) nicht statt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen.

Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass deren Nichtbeachtung die Unwirksamkeit einer Kündigung zur Folge hat. Auch die Systematik des SGB IX – § 84 ist dem Abschnitt des Gesetzes zugeordnet, der die sonstigen Pflichten der Arbeitgeber und der schwerbe...

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