Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz. Benachteiligung. Diskriminierung. Lebenspartnerschaft. sexuelle Identität. heterosexuell

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine Arbeitnehmerin durch ihren Arbeitgeber deswegen benachteiligt, weil sie eine heterosexuelle Beziehung zu einem Arbeitskollegen derselben Abteilung unterhält, so liegt hierin keine Benachteiligung der Arbeitnehmerin wegen ihrer sexuellen Identität im Sinne von §§ 1, 7 Abs. 1 AGG.

2. Anderes mag in Betracht kommen, ist der Arbeitgeber selbst nach außen oder wenigstens nach innen nach eigenem Selbstverständnis Träger einer homosexuellen Identität.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 36.923,15 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten aus dem Gesichtspunkt der Diskriminierung über Schadensersatz und Auskunftspflichten.

Die 1964 geborene, geschiedene und ein Kind erziehende Klägerin steht seit 1985 zur Beklagten in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis als Bankangestellte. Ihr Entgelt beläuft sich derzeit auf 4.092,00 EUR brutto im Monat.

Seit 2003 unterhielt die Beklagte zwei Servicezentren für Firmenkunden mit jeweils etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Hamburg und in Berlin. Diese kannten jeweils zwei Fachbereiche, genannt „Inbound” und „Backoffice”. Jeder dieser Fachbereiche in Berlin verfügte über vier Gruppenleiterpositionen, sodass es insgesamt acht Gruppenleiterinnen und -leiter gab.

Zum Zwecke der Umsetzung einer groß angelegten Umstrukturierung – genannt „Umsetzung des Projektes VORSPRUNG” – schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat unter dem 5. Juli 2005 den „Interessenausgleich für den Unternehmensbereich CIB G. B. Deutschland” (Bl. 59 bis 76 d.A., im Folgenden: Interessenausgleich). Dieser Interessenausgleich regelt ausführlich, welche Bereiche der Beklagten von der Umsetzung des Projektes VORSPRUNG betroffen sind, wo welcher Personalabbau stattfindet und wie bei Stellenbesetzungen eine personelle Auswahl zu treffen ist.

Eine der Leidtragenden der Umstrukturierung war die seit August 2002 im Berliner Servicezentrum für Firmenkunden als Gruppenleiterin eingesetzte und zunächst nach der Tarifgruppe 8 des Entgelttarifvertrages für die privaten und öffentlichen Banken – ab Mitte 2004 nach Tarifgruppe 9 – entlohnte Klägerin. Durch die Reduzierung der Gruppenleiterpositionen von acht auf sechs verlor die Klägerin ihre Gruppenleiterposition. Dies obwohl noch im März 2005 eine Gruppenleiterstelle frei geworden war, nachdem ihr Inhaber nach Frankfurt am Main gewechselt war. Jedoch wurde die am … 1975 geborene Mitarbeiterin B. zunächst als kommissarische Gruppenleiterin eingesetzt. Nachdem per 15. März 2005 ein neues System zur Kompetenz-Einschätzung eingeführt worden war und die Klägerin gute Beurteilungen erhalten hatte, wurde ihr doch am 1. September 2005 durch die Vorgesetzten H. und S. eröffnet, dass sie nicht wieder Gruppenleiterin werden werde. Die befristet bestellte Gruppenleiterin B. erhielt diese Position auf Dauer, nachdem sie gebeten worden war, ihren Kinderwunsch um ein Jahr zurückzustellen.

In der Folgezeit machte die Klägerin der Beklagten eine Reihe von Vorschlägen und Angeboten betreffend ihren Arbeitsplatz und ihre Kompetenzen, woraus sich jedoch nichts Konkretes ergab. Zur Jahresmitte 2006 wurde dann eine Gruppenleiterin schwanger, sodass deren Abwesenheit wegen Mutterschutzes und Elternzeit in der Zeit von März 2007 bis Februar 2008 Berücksichtigung zu finden hatte. Ohne dass es eine Ausschreibung der Position gegeben hätte, wurde die Position der schwangeren Gruppenleiterin durch die Versetzung des Mitarbeiters G. von Hamburg nach Berlin aufgefüllt. Herr G. ist am … 1972 geboren und der Lebensgefährte der Klägerin. Ein direktes Zusammenarbeiten beider hatte es bislang nicht gegeben, da Herr G. bis dato in Frankfurt am Main und Hamburg arbeitete und lebte. Die Beziehung beider wurde zu einem zwischen den Parteien umstrittenen Zeitpunkt im Berliner Betrieb bekannt.

Im August 2006 äußerte die der Klägerin übergeordnete Gruppenleiterin, dass sie die Klägerin zur Qualitätsmanagerin entwickeln wolle. Gleichwohl erhielt der Mitarbeiter R. ohne Ausschreibung und nähere Begründung diese Position. Auch kommunizierte die „Backoffice”-Leiterin H. in zwei Runden vor jeweils 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass die Klägerin und Herr G. eine Lebensgemeinschaft bildeten. Hiergegen protestierte die Klägerin, informierte den Betriebsrat und führte schließlich ein Gespräch mit Frau H., in welchem diese sich für ihr Verhalten entschuldigte.

Im September 2007 bot die Klägerin ihren Vorgesetzten an, für drei Monate eine Führungsposition zu vertreten. Diese Aufgabe erhielt dann jedoch ein Mitarbeiter ohne Führungserfahrung. Dies veranlasste die Klägerin, ein Gespräch mit der obersten Leitung des Servicezentrums, Herrn W., zu führen.

Im August 2008 wurde bekannt, dass für das neue Aufgabenfeld „Loansupport” e...

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