Leitsatz

Einem Arbeitnehmer war mittels schriftlicher Kündigungserklärung zum Jahresende gekündigt worden. Bereits 3 Tage zuvor hatte ein Gespräch zwischen ihm und seinem Arbeitgeber stattgefunden, in dessen Verlauf angeblich bereits eine mündliche Kündigung durch den Arbeitgeber ausgesprochen wurde. Um sich gegen die Kündigung zu wehren, beauftragte der Arbeitnehmer einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser erhob jedoch lediglich gegen die schriftliche Kündigung Klage, denn er war der Ansicht, daß es sich auch für den Fall des selbständigen Ausspruchs der mündlichen Kündigung lediglich um eine einzige Kündigung gehandelt habe. Das Arbeitsgericht vertrat jedoch eine andere Auffassung und wollte Beweis über die mündliche Kündigung erheben. Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlossen daraufhin einen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nebst Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitnehmer nahm daraufhin seinen Anwalt auf Schadensersatz in Anspruch, mit der Begründung, der Anwalt sei verpflichtet gewesen, die Kündigungsschutzklage sicherheitshalber gegen beide Kündigungen zu erheben, mit der Folge, daß es nicht zu dem Vergleichsabschluß gekommen und das Arbeitsverhältnis mangels Bestehens eines Kündigungsgrundes fortgesetzt worden wäre ( → Haftung ; → Rechtsanwalt ).

Diese Auffassung vertrat auch der BGH , denn der Anwalt habe bereits dadurch pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt, daß er die Kündigungsschutzklage sicherheitshalber nicht auch gegen eine bereits zuvor ausgesprochene Kündigung gerichtet habe. Für den Anwalt hätte es den Umständen nach zumindest naheliegen müssen, daß auch eine mündliche Kündigung tatsächlich erklärt wurde. In diesem Fall aber wäre auch die erste Kündigung als sozialwidrig zurückgewiesen worden, mit der Folge, daß es nicht zu dem Vergleichsabschluß gekommen, sondern das Arbeitsverhältnis fortbestanden hätte. Da der Arbeitnehmer gegenüber seinem Anwalt aber zuvor auch behauptet hatte, – entgegen dem Vortrag des Arbeitgebers – das erste Gespräch, bei dem angeblich der Ausspruch der mündlichen Kündigung erfolgt sei, habe ohne Zeugen stattgefunden und eine mündliche Kündigung sei hierbei nicht ausgesprochen worden, hielt der BGH ein Mitverschulden des Arbeitnehmers an der fehlerhaften Prozeßführung des Anwalts für möglich. Dieses könne aber in jedem Fall den Schadensersatzanspruch nur mindern und nicht völlig ausschließen, denn der Anwalt hätte in jedem Fall sicherheitshalber die Klage auch auf die angebliche mündliche Kündigung erstrecken müssen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 11.02.1999, IX ZR 14/98

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