Leitsatz

  1. Ansprüche des Erstehers in der Zwangsversteigerung auf erstmalige Herstellung gemäß Aufteilungsplan
  2. Anspruchsdurchsetzung kann Treu und Glauben widersprechen
 

Normenkette

§ 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG; § 90 Abs. 1 ZVG; § 12 FGG; § 242 BGB

 

Kommentar

  1. Wer Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt, muss sich nicht entgegenhalten lassen, der vorherige Wohnungseigentümer habe auf Ansprüche gegen die übrigen Eigentümer auf erstmalige Herstellung des dem Aufteilungsplan entsprechenden Zustands verzichtet oder ein entsprechendes Recht verwirkt. Der Zuschlag in der Zwangsversteigerung ist ein konstitutiv wirkender staatlicher Hoheitsakt, der Eigentum nicht überträgt, sondern frei von nicht ausdrücklich bestehen bleibenden Rechten begründet. Der Ersteher erwirbt das Eigentum originär, nicht als Rechtsnachfolger des Schuldners; der rechtsgestaltende Hoheitsakt nach § 81 ZVG schafft Eigentum in der Person des Erstehers, welches nicht vom Schuldner abgeleitet ist. Aus diesem Grund steht auch dem Ersteher (Antragsteller) ein eigenständiger Herstellungsanspruch zu, der sich nicht aus einem solchen des früheren Eigentümers ableitet. Ob der frühere Eigentümer als Bauträger den Anspruch gegen die Gemeinschaft hätte durchsetzen können, spielt somit für den Anspruch des Erstehers von vorneherein keine Rolle.
  2. Wer beim Erwerb von Wohnungseigentum die Abweichung der Bauausführung von der Teilungserklärung nicht (positiv) kannte, aber hätte erkennen können, handelt in der Regel nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er gegen die übrigen Eigentümer einen Anspruch auf erstmalige Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands geltend macht (vgl. auch Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 3. Auflage, Rn. 238).
  3. Die Gefahr erheblicher Bauschäden kann allerdings nach Treu und Glauben der Durchsetzung eines Anspruchs auf erstmalige Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands entgegenstehen (hier: Bei beantragter Versetzung einer tragenden Kellerinnenwand; vgl. zur Entfernung eines Stützpfeilers BayObLG, ZMR 2002, 854).
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 04.03.2004, 2Z BR 232/03, ZMR 7/2004, 524

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