Rz. 86

Bestand ursprünglich für den Anwalt des Antragsgegners ein Gesamtauftrag, so richten sich bis zum Widerspruch die Gebühren nach der Hauptsache, wobei daraus nur die ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3100, 3101 Nr. 1 anfällt. Die Gebühren nach Widerspruch berechnen sich dagegen nur aus dem Wert der Kosten, soweit er den Wert der Hauptsache nicht übersteigt (§ 43 Abs. 3 GKG).

 

Rz. 87

Die Frage, welche Vergütung bei dieser Konstellation anfällt, darf nicht mit der Frage verwechselt werden, welche Kosten im Obsiegensfall zu erstatten sind. Der BGH vertritt insoweit die Auffassung, dass nur die Vergütung aus dem Kostenwert zu erstatten sei.[23] Der gegenteiligen Auffassung der Instanzrechtsprechung[24] hat er damit eine Absage erteilt. Die mangelnde Erstattungsfähigkeit bedeutet aber nicht, dass der Anwalt diese Vergütung bei entsprechendem Auftrag nicht vom Mandanten verlangen kann.

 

Beispiel: Gegen eine einstweilige Verfügung (Wert: 10.000 EUR) soll der Anwalt Widerspruch einlegen. Er rät davon ab, empfiehlt allerdings, hinsichtlich der Kosten Widerspruch einzulegen, was dann auch geschieht. Der Widerspruch wird auf Hinweis des Gerichts später wieder zurückgenommen. Der Wert der Kosten wird auf 1.372,66 EUR festgesetzt (Anwaltskosten Antragsteller + 1,5-Gerichtsgebühr).

Für den Anwalt des Antragstellers bleibt es bei der vollen 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 aus dem Gesamtwert.

Der Anwalt des Antragsgegners hatte zunächst Gesamtauftrag, sodass er die Verfahrensgebühr nach einem Streitwert von 10.000 EUR abrechnen kann. Insoweit ist allerdings lediglich die 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3100, 3101 Nr. 1 entstanden, da er weder einen gerichtlichen Termin wahrgenommen noch einen Sachantrag gestellt oder Sachvortrag eingereicht hat. Nur aus dem Wert der Kosten (§ 43 Abs. 3 GKG) ist die volle 1,3-Verfahrensgebühr angefallen.

Auch hier gilt wiederum, dass der Anwalt nach § 15 Abs. 3 höchstens eine Gebühr aus dem Gesamtwert nach dem höchsten Gebührensatz verlangen kann.[25] Der Gesamtwert berechnet sich nach der Hauptsache; der Wert der Kosten des Verfahrens wird hier nicht berücksichtigt, da sie nicht Streitgenstand sind (arg. e § 43 Abs. 3 GKG). Maßgebend ist nur der Hauptsachewert. Der Anwalt kann also nicht mehr verlangen als eine 1,3-Gebühr aus 10.000 EUR.

 
I. Anwalt Antragsteller
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 818,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   155,46 EUR
Gesamt   973,66 EUR
II. Anwalt Antragsgegner
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   165,10 EUR
  (Wert: 1.372,66 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, VV 3100, 3101 Nr. 1   491,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
  die Höchstgrenze des. § 15 Abs. 3,    
  nicht mehr als 1,3 aus 10.000,00 EUR (798,20 EUR),    
  ist nicht überschritten    
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 676,30 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   128,50 EUR
Gesamt   804,80 EUR
 

Rz. 88

 

Beispiel: Der Auftraggeber will die gegen ihn ergangene einstweilige Verfügung (Wert: 10.000 EUR) in der Hauptsache akzeptieren, nicht jedoch hinsichtlich der Kosten. Daher beauftragt er einen Anwalt, nur Kostenwiderspruch einzulegen, was auch geschieht. Darüber wird im schriftlichen Verfahren entschieden. Den Kostenstreitwert setzt das Gericht auf 1.372,66 EUR fest (Anwaltskosten Antragsteller + 1,5-Gerichtsgebühr).

Eine Terminsgebühr entsteht nicht, da über die Kosten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 128 Abs. 3 ZPO). Die Voraussetzungen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 sind daher nicht erfüllt.

Abzurechnen ist für beide Anwälte wie im vorangegangenen Beispiel.

 

Rz. 89

 

Beispiel: Gegen eine einstweilige Verfügung (Wert: 10.000 EUR) soll der Anwalt Widerspruch einlegen. Er rät davon ab, empfiehlt allerdings hinsichtlich der Kosten Widerspruch einzulegen. Dies geschieht. Über die Kosten wird mündlich verhandelt und entschieden. Den Kostenstreitwert setzt das Gericht auf 1.372,66 EUR fest (Anwaltskosten Antragsteller + 1,5-Gerichtsgebühr).

Für den Anwalt des Antragstellers entsteht wiederum die volle 1,3-Verfahrengebühr nach VV 3100 aus dem Wert der Hauptsache. Die 1,2-Terminsgebühr (VV 3104) fällt dagegen nur aus dem Kostenwert an.

Der Anwalt des Antragsgegners hatte auch zunächst Gesamtauftrag, sodass er die Verfahrensgebühr nach einem Streitwert von 10.000 EUR abrechnen kann. Insoweit ist allerdings lediglich die 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3100, 3101 Nr. 1 entstanden, da insoweit weder ein gerichtlicher Termin wahrgenommen oder ein Sachantrag gestellt oder Sachvortrag eingereicht wurde. Nur aus dem Wert der Kosten (§ 43 Abs. 3 GKG) ist die volle 1,3-Verfahrensgebühr angefallen. Auch hier gilt wiederum, dass der Anwalt nach § 15 Abs. 3 höchstens eine Gebühr aus dem Gesamtwert nach dem höchsten Gebührensatz verlangen kann.[26] Der Gesamtwert berechnet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1, § 43 Abs. 1 GKG: Hauptsache und Kosten werden nicht addiert; maßgebend ist der hö...

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