Die Entscheidungen hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens – über beide hat der Senat zu befinden (vgl. BGH FamRZ 2015, 570) – folgen aus § 81 FamFG. Sie entsprechen billigem Ermessen.

Das Gericht hat die Entscheidung über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens nach billigem Ermessen zu treffen (§ 81 Abs. 1 S. 1 FamFG). Insoweit enthält § 81 Abs. 2 FamFG einige Regelbeispiele, die zu einer Ermessensreduzierung bzw. -steuerung führen. Nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG kann das Gericht nach billigem Ermessen auch anordnen, dass von der Erhebung von Kosten – auch teilweise – abgesehen wird. Insbesondere kann das Gericht auch von der Erhebung einzelner Positionen innerhalb der Gerichtskosten absehen (hierzu Heilmann/Dürbeck, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, § 81 FamFG Rn 4). Im Rahmen der Ermessensprüfung des § 81 FamFG ist – entsprechend § 20 FamGKG – in diesem Zusammenhang auch das Kriterium der unrichtigen Sachbehandlung beachtlich (BGH FamRZ 2015, 570 ff.).

Nach diesen Maßstäben ist die erstinstanzliche Kostenentscheidung, wonach die Gerichtskosten von beiden Elternteilen je zur Hälfte und die außergerichtlichen Kosten von ihnen selbst zu tragen sind, abzuändern. Es entspricht auch unter Einbeziehung der Regelung des § 81 Abs. 2 FamFG nicht billigem Ermessen, einem der Beteiligten auch die Kosten aufzuerlegen, welche durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens (12.061,85 EUR) bzw. dessen anschließende Erörterung (912,90 EUR) vorliegend entstanden sind. Hingegen besteht kein Anlass, von einer Erhebung der übrigen Gerichtskosten abzusehen. Maßgeblich ist, dass sich nicht nur die Begutachtung selbst erheblich verzögert hat, da das Gutachten erst über ein Jahr nach Erteilung des Gutachtenauftrages erstattet worden ist. Dies ist ein Zeitraum, der mit Blick auf die Besonderheiten des kindlichen Zeitempfindens, den mit einem Umgangsverfahren für alle Beteiligten einhergehenden Belastungen sowie den Gefahren, dass allein der Zeitablauf Tatsachen schafft (näher hierzu nur MüKoFamFG/Heilmann, § 155 Rn 1 ff.), erheblich zu lang ist. Die sich anschließende Verzögerung des insgesamt rund 3 1/2 Jahre währenden amtsgerichtlichen Verfahrens, die zu einem wesentlichen Teil auf die unzureichende Berücksichtigung des Vorrang- und Beschleunigungsgebotes in § 155 Abs. 1 FamFG durch das Gericht zurückzuführen ist (zu den Anforderungen an die Dauer eines umgangsrechtlichen Verfahrens siehe zuletzt EGMR, Kuppinger v. Deutschland, Urt. v. 15.1.2015 – Nr. 62198/11, Rn 105 f.), führte überdies dazu, dass das Gutachten zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Beschlussfassung aufgrund des Zeitablaufs (rund 26 Monate vom Eingang des Gutachtens bis zur Entscheidung) nur noch eingeschränkt verwertbar war. Es kommt noch hinzu, dass das AG das eingeholte Gutachten allenfalls sehr eingeschränkt für seine Verfahrensführung bzw. seine Entscheidung fruchtbar gemacht hat. Es hat vielmehr im Wege des Teilbeschlusses durch Regelung eines begleiteten Umgangs genau jenes Szenario eingeleitet, bei welchem vom Sachverständigen ein "Dilemma" und eine "geringe Wahrscheinlichkeit" der Erfolgsaussicht prognostiziert worden sind, ohne sich mit diesen Aspekten und den weiteren Empfehlungen des Sachverständigen zur Begegnung desselben in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen.

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens führt die Ausübung billigen Ermessens nach den genannten Maßstäben dazu, dass mit Blick auf die Dauer des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens und den Teilerfolg der Beschwerde von einer Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren in Gänze abzusehen ist. Anlass für einen Ausspruch, wonach einem der Beteiligten außergerichtliche Kosten zu erstatten wären, bestand hingegen nicht.

AGS 7/2016, S. 349 - 350

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