Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass bei außergerichtlicher Beilegung des Streits mit anschließender Klagerücknahme wie hier die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Streitwerts um eine im Prozess hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nach § 45 Abs. 3 und 4 GKG nicht erfüllt sind.

Nach § 45 Abs. 3 GKG erhöht sich der Streitwert im Falle der Hilfsaufrechnung um den Wert der bestrittenen Gegenforderung soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht. Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden (§ 45 Abs. 4 GKG). Nach h.M. in Lit. u. Rspr. gilt dies nur für den Prozessvergleich, nicht aber für einen außergerichtlich geschlossenen Vergleich (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.7.2008 – 14 E 931/08; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.5.2011 – 10 OA 32/11; OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.2003 – 23 W 120/03, OLGR 2004, 14 [= AGS 2004, 27]; OLG Koblenz JurBüro 1977, 1264, 1267 zu § 19 Abs. 3 S. 2 GKG a.F.; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn 5509; Meyer, Gerichtskosten der streitigen Gerichtsbarkeiten und des Familienverfahrens, 12. Aufl., § 45 Rn 41; wohl auch Binz/Dörndorfer, GKG, 2. Aufl., § 45 Rn 34). Dieser Auffassung folgt auch das Beschwerdegericht. Für sie spricht der Wortlaut "Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich". Denn nur der Prozessvergleich beendet den Rechtsstreit unmittelbar (BGH NJW 2002, 1503; Schneider/Herget a.a.O. Rn 5466; Meyer a.a.O.), während nach Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs die Beendigung des Rechtsstreits eine gesonderte prozessuale Parteierklärung voraussetzt (z.B. Klagerücknahme, übereinstimmende Erledigungserklärung u.Ä.). Dem LG ist zuzugeben, dass bei der Bemessung des Streitwerts wirtschaftliche Gesichtspunkte von maßgeblicher Bedeutung sind und es deshalb auch darauf ankommt, dass die im Streit gewesene Gegenforderung endgültig geklärt ist. Dies allein rechtfertigt aber nicht, die als Ausnahmevorschrift zu § 45 Abs. 3 GKG eng auszulegende Bestimmung des Abs. 4 über ihren Wortlaut hinaus entsprechend auf außergerichtliche Vergleiche anzuwenden. Zwar ist auch der Prozessvergleich keine "der Rechtskraft fähige Entscheidung" i.S.d. § 45 Abs. 3 GKG, er steht einer solchen Entscheidung aber insofern näher, als er im Gegensatz zum außergerichtlichen Vergleich einen Vollstreckungstitel darstellt (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Darüberhinaus könnte die Berücksichtigung außergerichtlicher Vergleiche praktische Erschwerungen aufwerfen, weil das Gericht deren Inhalt häufig nicht kennt, weil ihm nur die prozessbeendigende prozessuale Erklärung mitgeteilt wird. Dann sind das Gericht und die am Rechtsstreit, aber nicht am Vergleich Beteiligten auf Spekulationen angewiesen, ob und inwieweit eine im Prozess hilfsweise aufgerechnete Gegenforderung durch die außergerichtliche Einigung erledigt wurde oder nicht. Mit Recht beanstandet die Beschwerdeführerin gerade dies auch im vorliegenden Fall. Das Beschwerdegericht sieht nach allem keine Notwendigkeit, den Anwendungsbereich des § 45 Abs. 4 GKG entgegen des Wortlauts und der h.M. auf außergerichtliche Vergleiche auszudehnen. Der angegriffene Beschluss war deshalb im Sinne der Beschwerde abzuändern.

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