EStG 2009 §§ 33 Abs. 1, 33 Abs. 2 S. 1; EStG VZ 20101

Leitsatz

Im Zusammenhang mit der Ehescheidung des Steuerpflichtigen erwachsene Gerichtskosten und Anwaltskosten sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gilt auch für Prozesskosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Vermögens bzw. mit dem Streit über den Zugewinnausgleich entstehen.

FG Düsseldorf, Urt. v. 19.2.2013 – 10 K 2392/12 E

1 Sachverhalt

Streitig ist, ob bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2010 Gerichts- und Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen steuerermäßigend zu berücksichtigen sind.

Die Ehe der Klägerin wurde durch Urteil des FamG in 2010 geschieden. Gleichzeitig wurden im Urteil Rentenanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs zugunsten der Klägerin begründet. Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom gleichen Tag wurde der Zugewinnausgleich und nachehelicher Unterhalt geregelt. Die Kosten des Verfahrens und die Kosten des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben. Am 18.3.2010 erstellte die Prozessvertreterin der Klägerin in der Familiensache die Endabrechnung, die sich auf noch zu zahlende Anwalts- und Gerichtskosten von 8.195,13 EUR belief und von der Klägerin mit Wertstellung zum 15.4.2010 per Banküberweisung bezahlt wurde.

In der Einkommensteuererklärung für 2010 machte die Klägerin u.a. Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 8.195,00 EUR geltend. Der Beklagte verweigerte im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10.2.2012 die steuerliche Berücksichtigung. In den Erläuterungen des Steuerbescheids heißt es dazu auszugsweise:

"Als außergewöhnliche Belastungen können Prozesskosten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich angesetzt werden. Aufwendungen für die Auseinandersetzung gemeinsamen Vermögens und Unterhaltsansprüche(n) sind nicht abzugsfähig. Aus den von Ihnen eingereichten Unterlagen ist eine Trennung der Aufwendungen nicht möglich."

Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, der Beklagte habe die Prozesskosten entgegen dem Urt. d. BFH v. 12.5.2011 (VI R 42/10 – BStBl – II 2011, 1015) nicht anerkannt. Sämtliche ihr im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren erwachsenen Kosten seien zwangsläufig entstanden. Ihre Rechtsverteidigung sei nicht mutwillig gewesen und habe von Anfang an Aussicht auf Erfolg gehabt.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.6.2012 den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10.2.2012 durch Ansatz von 8.195,00 EUR für Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu ändern.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er trägt vor:

Prozesskosten seien grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (Schreiben des BMF v. 20.12.2011 – IV C 4-S 2284, BStBl I 2011, 1286).

Die Klage hatte Erfolg

2 Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10.2.2012 sowie die ihn bestätigende Einspruchsentscheidung vom 11.6.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2010 sind weitere außergewöhnliche Belastungen von 8.195,00 EUR zu berücksichtigen.

Die insgesamt anlässlich des Ehescheidungsverfahrens geltend gemachten Aufwendungen von 8.195,00 EUR für Anwalts- und Gerichtskosten sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und somit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 S. 1 EStG).

Der BFH hat mit Urt. v. 12.5.2011 (a.a.O.) unter Änderung der bisherigen Rspr. entschieden, dass Zivilprozesskosten (stets) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Prozesskosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Vermögens bzw. mit dem Streit über den Zugewinnausgleich entstehen, sollen dagegen nach bisheriger Rspr. nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein, da es die Eheleute in der Hand haben, die vermögensrechtliche Einigung ohne Inanspruchnahme der Gerichte herbeizuführen (BFH-Urteile v. 30.5.2005 – III R 36/03, BStBl II 2006, 491; III R 27/04, BStBl II 2006, 492). Dieser Begrenzung der Abzugsfähigkeit vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.

Das Recht der Ehe (Eheschließung und -scheidung einschließlich der daraus folgenden Unterhalts-, Vermögens- und Versorgungsfragen) unterliegt allein dem staatlich dafür vorgesehenen V...

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