FamGKG § 48 Abs. 1, Abs. 3 FamFG § 200 Abs. 1 Nr. 1 ZPO § 9 S. 1 BGB § 745

Leitsatz

Der Verfahrenswert eines Antrags auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung bemisst sich auch dann nach § 48 Abs. 1 FamGKG, wenn die Nutzungsentschädigung für die Zeit nach der Scheidung begehrt wird.

OLG Hamm, Beschl. v. 8.1.2013 – II 6 UF 96/12

1 Sachverhalt

Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Die Ehe war am 9.11.2011, rechtskräftig seit dem 20.12.2011, geschieden worden. Seit Januar/Februar 2010 leben die Beteiligten voneinander getrennt. Sie sind Miteigentümer zu je ½ des Einfamilienhauses. Seit der Trennung der Beteiligten bewohnt der Antragsgegner die Immobilie allein.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich – nach entsprechender schriftlicher Aufforderung – beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 400,00 EUR ab dem 1.6.2010 zu verpflichten.

Das FamG hat daraufhin den Antragsgegner verpflichtet, ab dem 1.8.2012 eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 375,00 EUR sowie an rückständiger Nutzungsentschädigung für den Zeitraum 1.11.2010 bis 31.7.2012 insgesamt 6.836,36 EUR zu zahlen und den weitergehenden Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat sich der Antragsgegner zunächst mit der Beschwerde gewandt. Nach Rücknahme derselben hat das OLG den Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren ist gem. § 48 Abs. 1, 3 FamGKG auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

2 Aus den Gründen

Soweit die Antragstellerin die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung bis zur Rechtskraft der Scheidung beansprucht, ergibt sich ihr Anspruch aus § 1361b BGB mit der Folge, dass § 48 Abs. 1 FamGKG i.V.m. § 200 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Anwendung kommt. Denn gem. § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG sind Ehewohnungssachen Verfahren nach § 1361b BGB einschließlich des dort geregelten Anspruchs auf Nutzungsentschädigung (Keidel-Giers, 17. Aufl., § 200 Rn 8).

Soweit die Antragstellerin die laufende Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung beansprucht, ergibt sich ihr Anspruch aus § 745 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Hamm FamRZ 2011, 481; OLG München FamRZ 2007, 1655). Kraft Sachzusammenhangs liegt auch dann – wie im Fall des § 1361b BGB – eine Ehewohnungssache vor, so dass es bei der Anwendung des § 48 Abs. 1 FamGKG verbleibt (so auch Keidel/Giers, § 200 Rn 10). Soweit Teile der Rspr. u. Lit. (OLG Hamm FamRZ 2008, 1208; Johannsen/Henricht/Götz, 5. Aufl., § 200 FamFG Rn 11), im Fall der Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung gem. § 745 Abs. 2 BGB den Verfahrenswert nicht nach § 48 Abs. 1 FamGKG festsetzen, sondern § 9 ZPO zur Anwendung kommen lassen, führt dies nach Ansicht des Senats zu unsachgemäßen Ergebnissen, weil sich abhängig von der Anspruchsgrundlage unterschiedliche Verfahrenswerte ergaben, obwohl der Verfahrensgegenstand – Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung – nicht differiert.

Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nicht nur – wie bei dem Anspruch aus § 1361b BGB – eine Nutzungsentschädigung für einen abgeschlossenen Zeitraum geltend gemacht wird, sondern – wie bei § 1568a BGB – eine endgültige Regelung getroffen wird, ist der Verfahrenswert allerdings gem. § 48 Abs. 3 FamGKG auf 4.000,00 EUR zu erhöhen.

3 Anmerkung

Die Ehefrau hatte zunächst einen Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB gestellt. Dieser Anspruch deckt nur den Zeitraum der Trennung, also bis zur Rechtskraft der Scheidung ab. Hierbei handelt es sich um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, die nach § 48 Abs. 1 FamGKG mit 3.000,00 EUR zu bewerten ist.[1]

Soweit dann später auch eine Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung verlangt worden ist, handelte es sich m.E. um einen anderen Anspruch, mit anderen Voraussetzungen, der auch auf eine andere Anspruchsgrundlage, nämlich auf § 745 Abs. 2 BGB, gestützt worden ist. Es handelte sich dabei auch nicht mehr um eine Ehewohnungssache, sondern um eine sonstige Familiensache nach § 266 FamFG, die keine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern Familienstreitsache ist (§ 112 Nr. 3 FamFG).

Damit dürfte aber ein neuer Streitgegenstand vorgelegen haben. Es kann hier nichts anderes gelten als bei Trennungs- und nachehelichem Unterhalt. Auch hier handelt es sich um zwei verschiedene Verfahrensgegenstände.[2]

Es fragt sich daher schon, ob es überhaupt zulässig gewesen ist, beide Ansprüche in demselben Verfahren geltend zu machen. Grundsätzlich ist es nämlich nicht möglich, ein FG-Verfahren (Anspruch aus § 1361b Abs. 2 S. 2 BGB) mit einer Familienstreitsache (Anspruch aus § 745 Abs. 2 BGB) zu verbinden.

Jedenfalls kann für den Anspruch auch Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit nach der Scheidung nicht § 48 Abs. 1 FamGKG herangezogen werden, da diese Vorschrift ausdrücklich nur die Verfahren nach § 200 Abs. 1 FamFG erfasst. Auch § 9 ZPO ist unanwendbar, weil das FamGKG nicht auf die Wertvorschriften der ZPO verweist.

Soweit das OLG auf die scheinb...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge