Das FamG hat die der Anwältin der Antragsgegnerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung zu Unrecht um die zu zahlende Einigungsgebühr gekürzt.

Nach der vorherrschenden obergerichtlichen Rspr. – der sich auch der erkennende Senat bereits mit Beschl. v. 11.1.2012 (3 WF 4/12) angeschlossen hat – kann in einem auf Antrag durchgeführten Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB für einen als Verfahrensbevollmächtigten beteiligten Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1003, 1000 VV anfallen (OLG Bremen FamRZ 2009, 2110 ff.; OLG Braunschweig FamRZ 2008, 1465 ff.; OLG Dresden 1999, 2101; OLG Koblenz MDR 2001, 1017 [= AGS 2002, 29] und dasselbe ablehnend für Verfahren gem. § 1666 BGB NJW-RR 2006, 1151; OLG Nürnberg NJW 2005, 2012; OLG Zweibrücken NJW-RR 2006, 1007; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 1368 [= AGS 2006, 374]). Zu Recht wird in diesem Zusammenhang auf § 48 Abs. 3 RVG verwiesen, bei dem vom Abschluss eines Vergleichs i.S.d. Nr. 1000 VV RVG, unter anderem über die elterliche Sorge für gemeinschaftliche Kinder der Parteien, die Rede ist (so ausdrücklich: OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1465, 1466).

Eine Gebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag bezieht sich ausdrücklich nur auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Eine Mitwirkung an einer vertraglichen Vereinbarung wird regelmäßig dann notwendig sein, wenn erst dadurch die Grundlage für eine auf sie aufbauende gerichtliche Regelung gem. § 1671 BGB geschaffen wird. Soweit dabei das beiderseitige Nachgeben der Beteiligten nicht ohne Weiteres zur sofortigen Verfahrensbeendigung führen kann, sondern darüber hinaus noch eine gerichtliche Entscheidung nach § 1671 BGB erforderlich ist, steht dies gleichwohl nicht der Entstehung der Gebühr nach den Nrn. 1000, 1003 VV entgegen. Denn mit der Reform des anwaltlichen Vergütungsrechts und der Schaffung des Gebührentatbestandes nach Nr. 1000 VV war der Wille des Gesetzgebers verbunden, jegliche vertragliche Beilegung des Streits zu honorieren (BT-Drucks 15/1971, S. 147, 204), mag auch die Tatsache, dass sowohl das Anerkenntnis als auch der Verzicht vom Anfall einer Einigungsgebühr ausgenommen sind, den Schluss zulassen, dass eine Gebühr nach den Nrn. 1000, 1003 VV immer noch ein wechselseitiges Nachgeben verlangt. Mithin kann also im Sorgerechtsverfahren – unabhängig von der Dispositionsbefugnis der Parteien – im Falle eines wechselseitigen Nachgebens, wenn dies zur Grundlage der dann verfahrensabschließenden gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung wird, eine Einigungsgebühr anfallen.

Dies ist für den Entscheidungsfall zu bejahen.

Die Parteien haben über die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller, den nicht sorgeberechtigten Vater des minderjährigen, nichtehelich geborenen Z. gestritten, wobei der Kindesvater unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG v. 21.6.2010 – 1 BvR 420/09, mit seinem Hauptsacheantrag zunächst die Übertragung der alleinigen, und nur hilfsweise, der Mitsorgeberechtigung für seinen minderjährigen Sohn begehrt hat, während die Antragsgegnerin als Kindesmutter die Zurückweisung beider Anträge verlangte. Im Anhörungstermin vor dem FamG hat der Kindesvater sodann nur noch seinen Hilfsantrag, nämlich die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge für P., gestellt, während die Kindesmutter und Antragsgegnerin diesem Antrag ausdrücklich zugestimmt hat. Dieses erkennbar von einem wechselseitigen Nachgeben gekennzeichnete Prozessverhalten beider Parteien, hieran lassen die übrigen protokollierten Prozesserklärungen der beteiligten Kindeseltern keinen Zweifel, hat schließlich die Grundlage für die dann das Verfahren beendende amtsgerichtliche Entscheidung gebildet, aufgrund derer, dem Willen beider Elternteile entsprechend, ihnen das gemeinschaftliche Sorgerecht für den minderjährigen Sohn übertragen worden ist.

Wird aber das wechselseitige Nachgeben beider Elternteile im Sorgerechtsstreit zur Basis der anschließenden Gerichtsentscheidung nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 BGB, dann fällt die Einigungsgebühr an und ist dem Verfahrensbevollmächtigten auch aus der Staatskasse zu ersetzen (vgl. so OLG Naumburg a.a.O.; OLG Bremen FamRZ 2009, 2110).

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