1. Anzuwendende Regelungen

Die Anordnung von Zwangsmaßnahmen nach § 35 FamFG löst Gerichtskosten aus. Für die Frage, welches Gerichtskostengesetz Anwendung findet, muss danach unterschieden werden, in welchem gerichtlichen Verfahren die Anordnung erfolgt war.

Handelt es sich um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit, so findet das FamGKG Anwendung (§ 1 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Handelt es sich um ein anderes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z.B. Betreuungs- oder Grundbuchsachen, so gilt das GNotKG (§ 1 Abs. 1 GNotKG). Erfasst werden vom GNotKG auch die in § 1 Abs. 2 GNotKG erfassten Verfahren.

2. Erstinstanzliche Verfahren

2.1 Entstehung der Gebühren

In dem erstinstanzlichen Verfahren entsteht eine Festgebühr, die stets 20,00 EUR beträgt (Nr. 1502 FamGKG-KostVerz., Nr. 17006 GNotKG-KostVerz.). Durch das KostRÄG 2021 werden die Gebührenbeträge auf 22,00 EUR angehoben. Neben der Gebühr sind Zustellungskosten von der ersten Zustellung an in Ansatz zu bringen (Nr. 2002 FamGKG-KostVerz., Nr. 31002 GNotKG-KostVerz.).

Die Gebühr entsteht nur, wenn es tatsächlich zur Anordnung von Zwangsmaßnahmen kommt, was aus dem Wortlaut der Gebühren folgt. Es handelt sich somit nicht um Verfahrensgebühren, sondern um Aktgebühren, deren Entstehung von der Anordnung der Zwangsmaßnahmen abhängt. Die bloße Einleitung des Verfahrens löst die Gebühr daher noch nicht aus. Ergeht keine Anordnung nach § 35 FamFG, bleibt das Verfahren gebührenfrei.

Im Einzelnen entstehen die Gebühren für die Anordnung von

Zwangsgeld (§ 35 Abs. 1 S. 1 FamFG),
Zwangshaft (§ 35 Abs. 1 S. 2, 3 FamFG),
Maßnahmen nach §§ 883, 886, 887 ZPO, wenn sie an die Stelle von Maßnahmen nach § 35 Abs. 1 FamFG treten (§ 35 Abs. 4 FamFG).

Fälligkeit der Gebühr tritt nach § 11 Abs. 1 FamGKG, § 9 Abs. 1 GNotKG mit Erlass des Zwangsmittelbeschlusses ein. Vorschusspflicht besteht nicht, da es sich um ein Amtsverfahren und eine Aktgebühr handelt.

2.2 Mehrfache Anordnung von Zwangsmaßnahmen

Da jede Anordnung einer Zwangsmaßnahme die Gebühr gesondert auslöst, entsteht die Gebühr selbst dann mehrfach, wenn das Gericht gegen dieselbe Person aufgrund derselben Verpflichtung mehrfach Zwangsmittel anordnet. Das gilt auch dann, wenn in einem Beschluss Zwangshaft und sogleich ersatzweise Zwangshaft angeordnet wird.[19]

[19] HK-FamGKG/Volpert, 3. Aufl., Nr. 1502 KV Rn 4.

2.3 Personenmehrheit

Werden Zwangsmaßnahmen gegen mehrere Personen angeordnet, so entsteht die Gebühr für jede Person gesondert, da mehrere Anordnungen vorliegen.[20] Das gilt auch dann, wenn die Maßnahmen in einem einheitlichen Beschluss angeordnet werden.

[20] Oestreich/Hellstab/Trenkle/Schneider, FamGKG Nr. 1502 KV Rn 4; HK-FamGKG/Volpert, Nr. 1502 KV Rn 8.

2.4 Aufhebung der Anordnung

Wird der Beschluss über die Anordnung des Zwangsmittels später aufgehoben, z.B. aufgrund eines Rechtsmittels, so entfallen die Gerichtsgebühren rückwirkend, weil eine Anordnung nicht (mehr) vorliegt. Zudem dürfte dann die zugrundeliegende Entscheidungshaftung entfallen sein.

Davon zu unterscheiden ist aber, dass das Gericht lediglich von der weiteren Beitreibung des Zwangsgelds absieht, weil der Verpflichtete zwischenzeitlich seiner Verpflichtung nachgekommen ist. In diesen Fällen sind die Gerichtsgebühren weiterhin anzusetzen.

2.5 Kostenschuldner

Das Gericht hat mit der Anordnung die Kosten des Anordnungsverfahrens dem Verpflichteten aufzuerlegen (§ 35 Abs. 3 S. 2 FamFG). Der Verpflichtete haftet dann als Entscheidungsschuldner (§ 24 Nr. 1 FamGKG, § 27 Nr. 1 GNotKG) für die Gerichtskosten des Zwangsmittelverfahrens.

Weitere Kostenschuldner sind nicht vorhanden. Auch ein Antragsschuldner (§ 21 Abs. 1 FamGKG, § 22 Abs. 1 GNotKG) existiert nicht, da es sich um ein reines Amtsverfahren handelt. Da das Verfahren nach § 35 FamFG einen eigenständigen Rechtszug i.S.d. § 29 FamGKG, § 55 Abs. 1 GNotKG darstellt, haftet auch der Antragsteller des Hauptsacheverfahrens nicht für die Kosten des Zwangsmittelverfahrens.

3. Einziehung von Gerichtskosten und Zwangsgeld

Für den Einzug von Zwangsgeld und Gerichtskosten ist die Einforderungs- und Beitreibungsanordnung (EBAO) anzuwenden. Danach erfolgen Einforderung und Beitreibung durch das Gericht, das die Zwangsmaßnahme angeordnet hat, als Vollstreckungsbehörde (§ 1 Abs. 4, § 2 Nr. 2 EBAO).

Die Vollstreckungsbehörde hat die Einforderung von Zwangsgeld und Gerichtskosten anzuordnen, sobald die Anordnung vollstreckbar ist (§ 3 Abs. 1 EBAO). Dabei ist eine Zahlungsfrist festzusetzen, die regelmäßig zwei Wochen betragen soll (§ 3 Abs. 2 EBAO). Bei fruchtlosem Fristablauf ist der Verpflichtete zu mahnen, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass dies unbeachtet bleiben wird (§ 7 Abs. 2 EBAO). Die Mahnung löst eine weitere Gebühr nach Nr. 1403 JVKostG-KostVerz. von 5,00 EUR aus, da § 5 JBeitrG Anwendung findet (§ 7 Abs. 1 EBAO).

Ist die Kosteneinziehung angeordnet, hat der Kostenbeamte bei der Vollstreckungsbehörde die Urschrift der Kostenrechnung aufzustellen (§ 4 Abs. 1, 3 EBAO, § 24 KostVfg), in die sämtliche Geldbeträge und Kosten aufzunehmen sind. Mit seiner Unterschrift übernimmt der Kostenbeamte die Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Kostenrechnung. Die Beträge sind durch Zahlungsaufforderung (Kostenrechnung ohne Sol...

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