Zutreffend ist, dass das Anordnungs- und das Abänderungsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG nur eine einzige Angelegenheit darstellen und dass folglich die Gebühren und Auslagen nur einmal anfallen können (§ 15 Abs. 2 RVG). Das besagt aber nichts über die Erstattungsfähigkeit.

Sind im Anordnungs- und Aufhebungsverfahren auch nur teilweise gegenläufige Kostenentscheidungen ergangen, so kann nach zutreffender Auffassung jede Partei aus der für sie günstigen Kostenentscheidung die erwachsenen Kosten erstattet verlangen.[1]

 

Beispiel 1

Der Antragsteller hatte durch seinen Anwalt eine einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung erwirkt. Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsgegner auferlegt worden. Im Verfahren auf Aufhebung wegen Verstreichens der Klagefrist wird die einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung aufgehoben. Die Kosten des Aufhebungsverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Für das Anordnungs- und das Aufhebungsverfahren sind gesonderte Kostenentscheidungen ergangen. Während der Antragsgegner die Kosten des Anordnungsverfahrens zu tragen hat, muss der Antragsteller die Kosten des Aufhebungsverfahrens tragen.

Der Antragsteller kann also eine 1,3-Verfahrensgebühr sowie eine 1,2-Terminsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer aus dem Wert des Anordnungsverfahrens erstattet verlangen. Der Antragsgegner kann eine 1,3-Verfahrensgebühr und eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Wert des Aufhebungsverfahrens erstattet verlangen. Dass die 1,3-Verfahrensgebühr sowie die 1,2-Terminsgebühr für den Anwalt des Antragsgegners schon im Anordnungsverfahren angefallen sind, ist unerheblich.

 
I. Kostenerstattung Antragsteller    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.415,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   268,85 EUR
  Gesamt   1.683,85 EUR
II. Kostenerstattung Antragsgegner    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.415,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   268,85 EUR
  Gesamt   1.683,85 EUR

Nach der Gegenauffassung könnte nur der Antragsteller seine Kosten erstattet verlangen. Der Antragsgegner ginge danach bei der Kostenerstattung "leer aus".

Nach der Gegenauffassung kommt im Abänderungsverfahren eine Erstattung nur insoweit in Betracht, als dort bestimmte Kosten erstmals ausgelöst werden.

 

Beispiel 2

Der Antragsteller hatte durch seinen Anwalt eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erwirkt. Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsgegner auferlegt worden sind. Im Verfahren auf Aufhebung wegen Verstreichens der Klagefrist wird die einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung aufgehoben. Die Kosten des Aufhebungsverfahrens trägt der Antragsteller.

Für den Antragsteller wäre nach allen Auffassungen nur die Verfahrensgebühr nebst Auslagen zu erstatten. Für den Antragsgegner wäre nach der Gegenauffassung jetzt die Terminsgebühr zu erstatten, da diese nur dem Abänderungsverfahren zuzuordnen ist:

 
I. Kostenerstattung Antragsteller    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 745,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   141,63 EUR
  Gesamt   887,03 EUR
II. Kostenerstattung Antragsgegner    
1. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   127,24 EUR
  Gesamt   796,82 EUR

Zu den zu erstattenden Kosten zählen nach der Gegenauffassung auch die Kosten des Abänderungsverfahrens, wenn dort ein anderer Anwalt beauftragt worden ist als im Anordnungsverfahren.

 

Beispiel 3

Der Antragsteller hatte durch seinen Anwalt A eine einstweilige Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung erwirkt. Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsgegner auferlegt worden. Später beantragt der Antragsgegner durch einen anderen Anwalt die Abänderung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände. Die die einstweilige Verfügung wird nach mündlicher Verhandlung abgeändert. Die Kosten des Abänderungsverfahrens trägt der Antragsteller.

Jetzt soll der Antragsgegner eine Kostenerstattung verlangen können, weil § 16 Nr. 5 RVG nicht anwendbar ist, da verschiedene Anwälte beauftragt worden sind. Zu erstatten wären danach:

 
I. Kostenerstattung Antragsteller    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.415,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   268,85 EUR
  Gesamt   1.683,85 EUR
II. Kostenerstattung Antragsgegner    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr...

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