In Familienstreitsachen ist kraft der Verweisung des § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG auf die Vorschriften der ZPO auch das selbstständige Beweisverfahren möglich. Dieses Verfahren bietet sich insbesondere in Zugewinnverfahren (§§ 261 ff. FamFG) an, wenn wesentlicher Streitpunkt der Zugewinnausgleichsberechnung ein bestimmter Vermögensgegenstand – in der Regel eine Immobilie – ist und über ein selbstständiges Beweisverfahren Klarheit geschaffen werden kann, sodass sich damit häufig sogar der gesamte Streit über die Höhe des Zugewinnausgleichs erledigt.

Güterrechtssachen sind nach § 112 Nr. 2 FamFG Familienstreitsachen, sodass nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die Vorschriften der ZPO für das Verfahren vor den Landgerichten und somit auch die §§ 485 ff. ZPO anzuwenden sind. Daher kann vor Anhängigkeit eines Zugewinnausgleichsverfahrens gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 485 Abs. 2 S. 1 ZPO ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Wert einer Sache eingeholt werden.[1] Das gilt auch dann, wenn zwar das Scheidungsverfahren anhängig ist, aber noch nicht die Folgesache Zugewinnausgleich.[2] Ist dagegen das Zugewinnverfahren bereits anhängig, ist ein Beweisverfahren nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 485 Abs. 1 ZPO möglich. Das gilt auch, wenn bereits ein Stufenverfahren auf Zugewinnausgleich anhängig ist.[3]

Der Verfahrenswert des selbstständigen Beweisverfahrens bemisst sich nach dem Wert der Hauptsache. Hauptsache ist hier der Zugewinnausgleichsanspruch. Allerdings darf nicht unbesehen der volle Zugewinnausgleichsanspruch zugrunde gelegt werden. Entscheidend ist der zugrunde liegende Streit. Es ist also danach zu fragen, welcher Zugewinnausgleich sich bei Annahme des vom Antragsteller angenommenen Werts des Beweisgegenstands und welcher Zugewinnausgleichsanspruch sich nach dem von dem Antragsgegner angenommenen Wert ergibt. Diese Differenz bildet den Verfahrenswert. In der Regel wird sich also der Verfahrenswert auf die Hälfte der Wertdifferenz belaufen.

 

Beispiel

Die Ehefrau verlangt 100.000,00 EUR Zugewinnausgleich ausgehend davon, dass die im Alleineigentum des Ehemannes stehende Immobilie einen Wert von 250.000,00 EUR hat. Der Ehemann geht lediglich von einem Wert in Höhe von 200.000,00 EUR aus und gelangt damit nur zu einem Zugewinnausgleich in Höhe von 75.000,00 EUR.

Der Verfahrenswert des selbstständigen Beweisverfahrens beläuft sich auf 25.000,00 EUR, da sich der Streit über den Wert des Grundstücks nur insoweit auf die Höhe des Zugewinnausgleichs auswirkt.

Für das selbstständige Beweisverfahren ist Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (§ 76 Abs. 1 S. 1 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO). Die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens ist insbesondere nicht mutwillig, da es in der Regel der Streitvermeidung dient.[4] Die Verfahrenskostenhilfe darf auch nicht mit der Begründung versagt werden, dass die bedürftige Partei auf diese Art und Weise kostenlos ein Sachverständigengutachten erhalten würde, welches eine vermögende Partei selbst zahlen müsste.[5]

Bei der hinreichenden Erfolgsaussicht genügt es, dass der Beweisantrag Aussicht auf Erfolg hat. Die Erfolgsaussichten des zu sichernden Hauptsacheanspruchs sind nicht ausschlaggebend.[6]

Norbert Schneider

AGS 1/2014, S. 30 - 31

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