Durch das am 1.1.2014 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts[58] kann die Beratungsperson, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vorliegen, ganz auf eine Vergütung verzichten. Es besteht für die Beratungsperson daher nunmehr gem. § 4 Abs. 1 S. 3 und 4 RVG die Möglichkeit, eine Beratung "pro bono", also umsonst, wahrzunehmen.[59]
Eine solche Möglichkeit bestand – mit Ausnahme der Schutzgebühr nach Nr. 2500 VV – vor dem 1.1.2014 nicht.[60]
Während die Praxis bereits ohnehin eine Tendenz zum Gebührenerlass feststellen konnte[61] – was sicherlich auch im Zusammenhang mit einer (zu?) stringenten Prüfung der Gerichte stand –, sollten nun die tatsächlichen Verhältnisse auch mit dem rechtlichen Überbau in Einklang gebracht werden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Leistung "pro bono" ist jedoch, dass die Voraussetzungen der Beratungshilfe an sich vorliegen müssen, § 4 Abs. 1 RVG. Aus der gesetzlichen Formulierung "liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vor" ergibt sich eindeutig, dass die vollständigen Voraussetzungen der Beratungshilfe vorliegen müssen, mithin nicht nur das Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Ob neben den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch die sonstigen Voraussetzungen vorgelegen hätten oder nicht, wird für die Beratungsperson schwer zu beurteilen sein. Die Vorschrift zeigt daher deutliche Schwächen. Da angesichts eines Gebührenerlasses sicherlich nicht mit Gegenwehr des Mandanten zu rechnen sein wird, werden die Zweifel daher keine praktische Relevanz erfahren. Das Beurteilungsrisiko, ob die Voraussetzungen der Beratungshilfe vorliegen, trägt die Beratungsperson. Für diese empfiehlt es sich, zum Selbstschutz möglichst präzise und transparent die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten zu dokumentieren.[62] Der erstattungspflichtige Gegner nach § 9 BerHG soll jedoch ausdrücklich nicht von einer Tätigkeit "pro bono" profitieren, ihn trifft der Gebührenerlass daher nicht.[63] Zudem soll nach dem Grundsatz der freien Wahl einer Beratungsperson keine Verpflichtung daraus abgeleitet werden, Rechtsuchende an bekannte Beratungspersonen zu verweisen, die regelmäßig "pro bono" beraten.[64]
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen