Zu Leitsatz 1:

Hinsichtlich einer Hilfsaufrechnung gilt nach § 45 Abs. 3 GKG Folgendes:

  Weist das Gericht die Klage ab, ohne dass es über die Hilfsaufrechnung entscheidet, bleibt es bei dem Wert der Klageforderung.
  Entscheidet das Gericht über die Hilfsaufrechnung, so erhöht sich der Streitwert um den Wert der Hilfsaufrechnung, soweit eine rechtskraftfähige Entscheidung hierüber ergeht.
 

Beispiel

Eingeklagt sind 10.000,00 EUR. Der Beklagte bestreitet die Forderung und rechnet mit einer Gegenforderung auf i.H.v.

a) 8.000,00 EUR

b) 15.000,00 EUR.

Das Gericht weist die Klage ab.

Die Hilfsaufrechnung ist irrelevant. Der Streitwert beträgt 10.000,00 EUR.

 

Abwandlung

Das Gericht geht von der Begründetheit der Klage aus und entscheidet über die Hilfsaufrechnung.

Nunmehr ist der Wert der Hilfsaufrechnung nach § 45 Abs. 3 GKG zu addieren.

Im Fall a) ergibt sich damit ein Streitwert i.H.v. 8.000,00 EUR.

Im Fall b) ergibt sich ein Streitwert von 20.000,00 EUR, da nur i.H.v. 10.000,00 EUR eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Hilfsaufrechnung ergehen kann (§ 322 Abs. 2 ZPO). Die überschüssigen 5.000,00 EUR sind irrelevant.

Kommt es zum Abschluss eines Vergleichs, gilt grds. das Gleiche wie bei einer gerichtlichen Entscheidung (§ 45 Abs. 4 GKG). Hier ergibt sich allerdings die Besonderheit, dass ein Mehrwert anfallen kann, wenn der Wert der Hilfsaufrechnungsforderung den Wert der Klageforderung übersteigt.

 

Beispiel

Eingeklagt sind 10.000,00 EUR. Der Beklagte bestreitet die Klageforderung und rechnet mit einer bestrittenen Gegenforderung auf i.H.v.

a) 8.000,00 EUR

b) 15.000,00 EUR.

Im Termin schließen die Parteien einen Gesamtvergleich über die wechselseitigen Forderungen.

Im Fall a) beträgt der Streitwert 18.000,00 EUR.

Im Fall b) beträgt der Streitwert des Verfahrens 20.000,00 EUR. Auch hier gilt, dass der Wert der Hilfsaufrechnung nur insoweit zu berücksichtigen ist, als im Fall einer streitigen Entscheidung hierüber eine rechtskraftfähige Entscheidung ergangen wäre (s.o.).

Zu beachten ist allerdings jetzt, dass über den Streitwert hinaus ein Vergleich geschlossen worden ist. Der Vergleich hat also einen Mehrwert i.H.v. 5.000,00 EUR.

Die Streitwertfestsetzung muss also lauten:

– Streitwert des Verfahrens: 20.000,00 EUR

– Mehrwert des Vergleichs: 5.000,00 EUR

Abzurechnen sind damit folgende Gerichtsgebühren:

 
1. 1,0-Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen, 345,00 EUR  
  Nr. 1210 GKG-Kost Verz.    
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 0,25-Vergleichsgebühr, 36,50 EUR  
  Nr. 1900 GKG-KostVerz.    
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
  gem. § 36 Abs. 2 GKG nicht mehr als   371,00 EUR
  1,0 aus 25.000,00 EUR    

Hinsichtlich der anwaltlichen Vergütung ist jetzt zu beachten, dass aus dem Mehrwert eine 1,5-Einigungsgebühr anfällt, da die Hilfsaufrechnung nicht zur Anhängigkeit führt.

 
Hinweis

Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO ermäßigt die Vergleichsgebühr in Fällen, in denen bereits ein Gericht mit der Entscheidung über den Vergleichsgegenstand befasst ist. Eine Anhängigkeit i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO lässt sich bei der Hilfsaufrechnung mit einer Gegenforderung im Blick auf § 322 Abs. 2 ZPO nur insoweit annehmen, als es zu einer Entscheidung über die Gegenforderung kommt.

OLG Hamm, Beschl. v. 26.3.1999 – 23 W 594/98[1]

Darüber hinaus entsteht aus dem Mehrwert der Hilfsaufrechnung, soweit sie nicht bereits im Streitwert erfasst ist, die 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr und die höhere Terminsgebühr.

Abzurechnen ist daher wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 964,90 EUR  
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV 242,40 EUR  
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als    
  1,3 aus 25.000,00 EUR   1.024,40 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   945,60 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)    
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV 558,00 EUR  
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 975,00 EUR  
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.182,00 EUR
  1,3 aus 25.000,00 EUR    
6. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.172,00 EUR  
7. 10% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   602,68 EUR
  Gesamt   3.774,68 EUR

Zu Leitsatz 2

Die Frage ist bereits längst vom BGH i.S.d. OLG Schleswig entschieden:

 
Hinweis

Schließen die Parteien in einem Termin zur mündlichen Verhandlung einen umfassenden Vergleich, der bisher nicht rechtshängige Ansprüche einbezieht, ist eine Kostenregelung, wonach eine Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat und die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden, regelmäßig dahin auszulegen, dass die nur durch die Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche in den Vergleich entstehenden Teile der Terminsgebühr zu den Kosten des Vergleichs gehören (Abgrenzung zu BGH, Beschl. v. 22.2.2007 – VII ZB 101/06, NJW-RR 2007, 1149 = JurBüro 2007, 360).

BGH, Beschl. v. 14.6.2017 – I ZB 1/17[2]

Norbert Schneider

AGS 11/2018, S. 506 - 508

[1] JurBüro 1999, 470.
[2] AGS 2017, 529 = MDR 2017, 1330 =...

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