Leitsatz

Hat das Gericht eine gem. § 101 Abs. 1 ZPO erforderliche Entscheidung über die Kosten des Streithelfers versehentlich nicht getroffen, kommt eine Nachholung dieser Entscheidung im Wege der Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO – an Stelle einer Ergänzung nach § 321 Abs. 1 ZPO – nur dann in Betracht, wenn das Versehen des Gerichts "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist; die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung genügt insoweit nicht (Anschluss an BGH, Beschl. v. 10.2.2011 – IX ZR 110/09, juris Rn 2 ff.; v. 16.4.2013 – II ZR 185/10, juris Rn 2 f. und II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn 2 f. [= AGS 2013, 356]; v. 8.7.2014 – XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn 7, 10 f.).

BGH, Beschl. v. 1.3.2016 – VIII ZR 287/15

1 Sachverhalt

Der Senat hat mit Beschl. v. 20.1.2016 die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen und ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Eine Entscheidung nach § 101 Abs. 1 ZPO über die Kosten der Streithelferin der Beklagten enthält der Tenor des Beschlusses nicht. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Streithelferin am 27.1.2016 zugestellt worden. Mit noch am selben Tag eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, den Beschluss des Senats gem. § 321 ZPO dahin zu ergänzen oder, wenn dies möglich sei, nach § 319 ZPO dahin zu berichtigen, dass die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen habe.

2 Aus den Gründen

Auf den zulässigen, insbesondere fristgerecht gestellten Antrag der Streithelferin ist der Beschluss des Senats vom 20.1.2016 entsprechend § 321 Abs. 1 ZPO um die versehentlich unterbliebene Entscheidung über die Kosten der Streithelferin nach § 101 Abs. 1 ZPO zu ergänzen.

1. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kommt hier nicht in Betracht. Zwar ist eine solche Berichtigung nach der Rspr. des BGH grundsätzlich auch im Falle einer versehentlich unterbliebenen Entscheidung über die Kosten der Streithilfe möglich (siehe nur BGH, Beschl. v. 10.2.2011 – IX ZR 110/09, juris Rn 2; v. 10.4.2014 – V ZR 268/12, juris Rn 1 f.; v. 8.7.2014 – XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn 7 ff.). Erforderlich hierfür ist, dass eine versehentliche Abweichung von dem seitens des Gerichts Gewollten vorliegt und diese Abweichung "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist (BGH, Beschl. v. 16.4. 2013 – II ZR 185/10, juris Rn 2, u. II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn 2; v. 8.7.2014 – XI ZB 7/13, a.a.O. Rn 7; jeweils m.w.N.).

An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es hier. Zwar wollte der Senat bei dem Erlass des Beschl. v. 20.1.2016 der Klägerin auch die Kosten der Streithelferin gem. § 101 Abs. 1 ZPO auferlegen und ist dies lediglich versehentlich nicht im Tenor ausgesprochen worden. Dieses Versehen ist jedoch nicht "offenbar" i.S.d. § 319 Abs. 1 ZPO, da weder die Gründe des Beschlusses Ausführungen zu den Kosten der Streithelferin enthalten noch im Beschluss die die Kosten des Streithelfers regelnde Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO genannt wird noch etwa jegliche Entscheidung über die Kosten fehlte (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 16.4.2013 – II ZR 185/10, a.a.O. Rn 3, u. II ZR 297/11, a.a.O. Rn 3; v. 8.7.2014 – XI ZB 7/13, a.a.O. Rn 10 f.) und auch sonst hinreichende, nach außen ohne Weiteres erkennbare Anhaltspunkte für ein offenkundiges Versehen nicht vorliegen. Die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung – wie hier der Fall – genügt insoweit nicht (BGH, Beschl. v. 16.4.2013 – II ZR 185/10, a.a.O., u. II ZR 297/11, a.a.O.; v. 8.7. 2014 – XI ZB 7/13, a.a.O. Rn 10).

2. Bei dieser Sachlage kann eine Korrektur indes durch eine Ergänzung der Entscheidung nach § 321 Abs. 1 ZPO erfolgen, der auf Beschlüsse entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 26.8.2013 – IX ZR 26/13, juris Rn 1 m.w.N.). Da die Streithelferin auch dies – innerhalb der von § 321 Abs. 2 ZPO hierfür vorgesehenen Frist durch Schriftsatz ihres beim BGH zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 78 Abs. 1 S. 3 ZPO) – beantragt hat, ist der Beschl. des Senats antragsgemäß dahin zu ergänzen, dass die Klägerin auch die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen hat.

AGS 11/2016, S. 541 - 542

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