Leitsatz (amtlich)

Hat das Gericht eine gem. § 101 Abs. 1 ZPO erforderliche Entscheidung über die Kosten des Streithelfers versehentlich nicht getroffen, kommt eine Nachholung dieser Entscheidung im Wege der Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO - an Stelle einer Ergänzung nach § 321 Abs. 1 ZPO - nur dann in Betracht, wenn das Versehen des Gerichts "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist; die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung genügt insoweit nicht (Anschluss an BGH, Beschl. v. 10.2.2011 - IX ZR 110/09, juris Rz. 2 ff.; v. 16.4.2013 - II ZR 185/10, juris Rz. 2 f., und II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rz. 2 f.; v. 8.7.2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rz. 7, 10 f.).

 

Normenkette

ZPO § 101 Abs. 1, § 319 Abs. 1, § 321 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Braunschweig (Entscheidung vom 19.05.2015; Aktenzeichen 8 U 153/12)

LG Göttingen (Entscheidung vom 24.08.2012; Aktenzeichen 4 O 260/10)

 

Tenor

Der Beschluss des Senats vom 20.1.2016 wird im Tenor hinsichtlich des Kostenausspruchs dahin ergänzt, dass die Klägerin auch die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen hat.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Der Senat hat mit Beschluss vom 20.1.2016 die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen und ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Eine Entscheidung nach § 101 Abs. 1 ZPO über die Kosten der Streithelferin der Beklagten enthält der Tenor des Beschlusses nicht. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Streithelferin am 27.1.2016 zugestellt worden. Mit noch am selben Tag eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, den Beschluss des Senats gem. § 321 ZPO dahin zu ergänzen oder, wenn dies möglich sei, nach § 319 ZPO dahin zu berichtigen, dass die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen habe.

II.

Rz. 2

Auf den zulässigen, insb. fristgerecht gestellten Antrag der Streithelferin ist der Beschluss des Senats vom 20.1.2016 entsprechend § 321 Abs. 1 ZPO um die versehentlich unterbliebene Entscheidung über die Kosten der Streithelferin nach § 101 Abs. 1 ZPO zu ergänzen.

Rz. 3

1. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kommt hier nicht in Betracht. Zwar ist eine solche Berichtigung nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch im Falle einer versehentlich unterbliebenen Entscheidung über die Kosten der Streithilfe möglich (s. nur BGH, Beschl. v. 10.2.2011 - IX ZR 110/09, juris Rz. 2; vom 10.4.2014 - V ZR 268/12, juris Rz. 1 f.; v. 8.7.2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rz. 7 ff.). Erforderlich hierfür ist, dass eine versehentliche Abweichung von dem seitens des Gerichts Gewollten vorliegt und diese Abweichung "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist (BGH, Beschl. v. 16.4.2013 - II ZR 185/10, juris Rz. 2, und II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rz. 2; v. 8.7.2014 - XI ZB 7/13, a.a.O., Rz. 7; jeweils m.w.N.).

Rz. 4

An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es hier. Zwar wollte der Senat bei dem Erlass des Beschlusses vom 20.1.2016 der Klägerin auch die Kosten der Streithelferin gem. § 101 Abs. 1 ZPO auferlegen und ist dies lediglich versehentlich nicht im Tenor ausgesprochen worden. Dieses Versehen ist jedoch nicht "offenbar" i.S.d. § 319 Abs. 1 ZPO, da weder die Gründe des Beschlusses Ausführungen zu den Kosten der Streithelferin enthalten noch im Beschluss die die Kosten des Streithelfers regelnde Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO genannt wird noch etwa jegliche Entscheidung über die Kosten fehlte (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 16.4.2013 - II ZR 185/10, a.a.O., Rz. 3, und II ZR 297/11, a.a.O., Rz. 3; v. 8.7.2014 - XI ZB 7/13, a.a.O., Rz. 10 f.) und auch sonst hinreichende, nach außen ohne Weiteres erkennbare Anhaltspunkte für ein offenkundiges Versehen nicht vorliegen. Die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung - wie hier der Fall - genügt insoweit nicht (BGH, Beschl. v. 16.4.2013 - II ZR 185/10, a.a.O., und II ZR 297/11, a.a.O.; v. 8.7.2014 - XI ZB 7/13, a.a.O., Rz. 10).

Rz. 5

2. Bei dieser Sachlage kann eine Korrektur indes durch eine Ergänzung der Entscheidung nach § 321 Abs. 1 ZPO erfolgen, der auf Beschlüsse entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 26.8.2013 - IX ZR 26/13, juris Rz. 1 m.w.N.). Da die Streithelferin auch dies - innerhalb der von § 321 Abs. 2 ZPO hierfür vorgesehenen Frist durch Schriftsatz ihres beim BGH zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) - beantragt hat, ist der Beschluss des Senats vom 20.1.2016 antragsgemäß dahin zu ergänzen, dass die Klägerin auch die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 9205054

NJW 2016, 2754

NJW 2016, 9

BauR 2016, 1210

FamRZ 2016, 902

FA 2016, 175

WM 2016, 2144

JZ 2016, 284

MDR 2016, 607

ZfS 2016, 523

AGS 2016, 541

RVGreport 2016, 279

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