Die Entscheidung ist zutreffend.

Die Verfahrensgebühr für das Ausgangsverfahren war nicht zu kürzen.

In der Rspr. wird nicht in Frage gestellt, dass arbeitserleichternde Umstände (Synergie- oder Rationalisierungseffekte) bei der Gebührenbemessung hinsichtlich § 14 Abs. 1 RVG mindernd zu berücksichtigen sind. Ob dies im Rahmen einer schlichten Anwendung des § 14 RVG hinsichtlich Umfang und Schwierigkeit oder als eigenständiges weiteres Bemessungskriterium über den Begriff des "Synergie- oder Rationalisierungseffekts" erfolgt, wird teilweise unterschiedlich gesehen.[1]

Es muss sich hierbei jedoch um nicht unerhebliche Umstände handeln, welche die anwaltliche Tätigkeit im konkreten Mandat erleichtern bzw. vereinfachen.

Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn mehrere gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten parallel betrieben werden und dadurch Begründungen, Stellungnahmen bzw. Schriftsätze und Arbeitsergebnisse im Allgemeinen aus einem "führenden" Parallelverfahren in effizienter Weise in weitere Verfahren übernommen werden oder eine in der Gesamtheit neue Einarbeitung in den Sachverhalt und die Lebenssituation des Klägers nicht notwendig war.

Betreibt ein Anwalt beispielsweise eine Vielzahl gleichartiger Klageverfahren und kann er sich deshalb seine Arbeit mit standardisierten Schreiben unter Verwendung von Textbausteinen erleichtern, so kann wegen der einförmigen Massenarbeit ein Abzug von der Mittelgebühr gerechtfertigt sein.

Umfang und/ oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit werden in weiteren ähnlich oder gleichgelagerten Verfahren dadurch beeinflusst, dass die notwendige anwaltliche Arbeit im Wesentlichen schon geleistet worden ist.

In einem solchen Fall ist regelmäßig streng einzelfallbezogen zu prüfen, ob und in welchem Umfang von einer Arbeitserleichterung auszugehen ist.

Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um das "führende", sprich zuerst anhängig gemachte, Streitverfahren der Klägerin.

Selbst wenn der Streitgegenstand mit den weiteren Verfahren nahezu identisch war, kann im Ausgangsverfahren eine Gebührenkürzung unter Berufung auf etwaige arbeitserleichternde Umstände nicht in Betracht kommen.

Solche Umstände können lediglich in den weiteren parallel betriebenen Verfahren Berücksichtigung finden, nicht jedoch im arbeitsintensiven Ausgangsverfahren.

Bereits bei Überprüfung der Entscheidung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hätte eine vollständige Abhilfe der falschen Entscheidung erfolgen müssen.

Der Rechtsanwalt sollte daher bereits im Kostenantrag klarstellen, dass im abzurechnenden Ausgangsverfahren keine arbeitserleichternden Umstände in die Gebührenbestimmung einzubeziehen sind.

J. Dahn, Dipl.-Rechtspfleger und Fachbuchautor

AGS 11/2016, S. 516 - 517

[1] LSG Bayern, Beschl. v. 29.4.2016 – L 15 SF 15/14 E m.w.N. sowie Beschl. v. 2.12.2011 – L 15 SF 28/11 B E m.w.N.

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