a) Überblick

Zum besonderen Umfang hinzukommen muss, dass mindestens drei gerichtliche Termine zur Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen stattgefunden haben.

Dass die Termine in derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG stattgefunden haben müssen, also insbesondere im selben Rechtszug (siehe § 17 Nr. 1 RVG), ist selbstverständlich.

Zu beachten ist allerdings, dass das selbstständige Beweisverfahren und das Hauptsacheverfahren oder ein Verfahren vor und nach Zurückverweisung jeweils gesonderte Angelegenheiten darstellen, sodass jeweils gesondert gezählt werden muss. Die Anrechnung der Verfahrensgebühr in diesen Fällen (Vorbem. 3 Abs. 5 u. 6 VV) ist unerheblich.

b) Zeugenvernehmungstermine

Termine zur Vernehmung eines Zeugen müssen solche nach den §§ 394 ff. ZPO oder nach vergleichbaren Vorschriften anderer Verfahrensordnungen sein. Schriftliche Zeugenaussagen nach § 377 Abs. 3 ZPO zählen nicht hierzu. Unerheblich ist, ob der Zeuge vor dem erkennenden Gericht, dem beauftragten oder ersuchten Richter vernommen worden ist.

Erforderlich ist eine Vernehmung des Zeugen. Dazu reicht bereits die Vernehmung zur Person, auch wenn er sich zur Sache auf ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht beruft.

Dagegen reicht es nicht aus, wenn der geladene Zeuge erschienen ist, es aber nicht mehr zur Vernehmung kommt, etwa weil sich die Parteien doch noch zuvor einigen, die Beweisfrage unstreitig wird, der Beweisführer auf den Zeugen verzichtet oder der Zeuge ohnehin nur vorbereitend geladen war und letztlich doch nicht benötigt wird.

Wird derselbe Zeuge in mehreren Terminen vernommen, so zählen diese Termine gesondert.

Andererseits ist es unerheblich, wie viele Zeugen vernommen in einem Termin vernommen werden.

Werden Zeugen und Sachverständige in einem Termin vernommen, zählt dies nur als ein Termin.

c) Termine zur Vernehmung eines Sachverständigen

Termine zur Vernehmung eines Sachverständigen müssen solche nach § 411 Abs. 3 ZPO oder nach vergleichbaren Vorschriften anderer Verfahrensordnungen sein.

Schriftliche Gutachten zählen nicht hierzu, ebenso wenig Termine, die von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumt worden sind, da es sich insoweit nicht um gerichtliche Termine handelt. Das ergibt sich eindeutig aus der Unterscheidung in Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 u. S. 3 Nr. 1 VV. Abgesehen davon wird der Sachverständige nicht vernommen, wenn er selbst einen Termin abhält. Die gegenteilige Auffassung des LG Ravensburg[2] ist daher mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren.

Kommt es nicht mehr zur Vernehmung des geladenen Sachverständigen, reicht dies nicht aus.

Wird derselbe Sachverständige in mehreren Terminen vernommen, so zählen diese Termine gesondert.

Werden Zeuge und Sachverständiger in einem Termin vernommen, zählt dies dagegen nur als ein Termin.

[2] AGS 2016, 393 m. abl. Anm. N. Schneider = RVGreport 2015, 340.

d) Dieselbe Angelegenheit

Erforderlich ist, dass die drei Termine zur Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen in derselben Angelegenheit stattfinden, da die Gebühren in jeder Angelegenheit gesondert entstehen. Es ist also je Angelegenheit gesondert zu zählen. Bedeutung haben kann dies im Falle einer Zurückverweisung.

 

Beispiel

In einem Verfahren kommt es zu zwei Beweisterminen, in denen jeweils ein Zeuge vernommen wird. Gegen das Urteil wird Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hebt das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts auf und verweist die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurück. Dort wird in einem weiteren Beweistermin nochmals ein Zeuge vernommen.

Zwar haben jetzt drei Beweistermine stattgefunden – allerdings in zwei verschiedenen Angelegenheiten, da das Verfahren nach Zurückverweisung gem. § 21 Abs. 1 RVG gegenüber dem Ausgangsverfahren eine gesonderte Angelegenheit darstellt. Eine Zusatzgebühr entsteht daher nicht.

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